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Mittelahr Bote
Ausgabe 24/2023
Aktuelles
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Ahrtalbahn muss auch im Format H0 neu aufgebaut werden

In Dernau wird am Ahrtal im Maßstab 1:87 gebastelt, das Team um den Vorsitzenden Hans-Jürgen Schick (M.) präsentiert die "Baustelle" unterhalb der Saffenburg und verschlammte Züge aus der Katastrophennacht.

Anlagen der Modelleisenbahnfreunde Bad Neuenahr-Ahrweiler wurden wie ihr großes Pendant bei der Flut zerstört

DERNAU. TW. Die Modelleisenbahnfreunde Bad Neuenahr-Ahrweiler (MEF) mit Sitz in Dernau haben sich ein ehrgeiziges Projekt zum Ziel gesetzt. Sie wollen eine neue Anlage bauen und dabei das Ahrtal in früheren Zeiten darstellen, weit vor der Flutkatastrophe von 2021. Die Umsetzung wird einige Jahre und jede Menge Clubabende in Anspruch nehmen.

Es war und ist vor allen Dingen für die Vereine und ehrenamtlich tätigen Organisationen im zerstörten Ahrtal ein großes Problem, wieder auf die Beine zu kommen. Vieles ist zerstört oder einfach unwiederbringlich mit den Fluten fortgerissen worden. Vor allem aber haben diejenigen, die oftmals viele Stunden ihrer Freizeit für die Vereine opferten aufgrund des eigenen Wiederaufbaus gar nicht die Zeit und manchmal auch nicht die Kraft, sich wieder ihren ursprünglichen Hobbies zu widmen. Das war bei den Modelleisenbahnfreunden Bad Neuenahr-Ahrweiler, die ihr Clubheim schon seit vielen Jahren in Dernau haben, nicht anders.

Für Außenstehende ist es heute überhaupt nicht mehr vorstellbar, wie umfassend die Ahr in der Nacht zum 15. Juli 2021 wütete. So liegt der Clubraum der MEF zum einen fast 300 Meter von der Ahr entfernt in der Hardtbergstraße. Das Gebäude steht zudem fast zehn Meter über der originären Flußsohle. Und trotzdem wütete das Wasser im Clubraum, und zwar in einer Höhe von 1,25 Metern. „Da wurde so ziemlich alles zerstört: die festinstallierten Anlagen, transportable Modulanlagen, ein Schattenbahnhof, in dem fast alle unsere Züge parkten, das Mobiliar aus alten Eisenbahnwaggons und auch die gesamte Elektronik- und Computersteuerung“, fasst Hans-Jürgen Schick das Ausmaß der Zerstörungen zusammen. Nur zwei Module blieben von den Wassermassen verschont, die keine fünf Zentimeter höher sein dürfen. Derzeit ist der Vorstand damit beschäftigt, Fluthilfeanträge zu formulieren. Nur zu gut, dass es noch vorhandene Inventarlisten gibt.

Aber auch der Modellbau ist wieder angelaufen. Im Rückraum einer Werkstatt an der Dernauer Hardtbergstraße 4 haben die MEF-Mitglieder jetzt ihren Bereich vergrößern können und sind dabei, sich wieder häuslich einzurichten und dabei zu allerhand Werkzeugen und Pinseln zu greifen, weil sie parallel ein großes Projekt gestartet haben. Weil eine Renovierung der Clubanlage mit ihren heimatlichen Motiven, ebenso wie ein Fahrbetrieb unmöglich geworden war, hat der Verein sich vorgenommen zu retten, was zu retten ist. Es soll nun eine neue Clubanlage ganz im Sinne der Eisenbahnstrecke im Ahrtal von Ahrweiler bis Altenahr entstehen. Diese soll Szenen aus der Zeit lange vor der Flut darzustellen, mit sehr vielen Bauwerken mit hohem Widererkennungswert. Bauwerke, die es so nie wieder geben wird und die über ein Jahrhundert das Eisenbahnbild im Ahrtal geprägt haben, wie die alten und zerstörten Brücken. Der Rohbau der Anlage ist schon weit fortgeschritten.

Was wird es einmal auf der am Ende knapp 20 Meter langen Anlage zu sehen geben? „In erster Linie wollen wir Szenen aus der Zeit der Dampflokomotiven darstellen“, sagt Hans-Jürgen Schick. Beispielsweise sollen Bahnhof und Umfeld von Altenahr so gebaut werden, wie es in den 1930er Jahren war. Damals verlief der Schienenstrang noch weiter in Richtung Jünkerath und Adenau und es gab vier Gleise im Bereich des Bahnhofs. Natürlich werden die beiden markanten Brücken und die drei Tunnel durch die Engelsley ebenfalls nachgebaut. Ein weiterer Hingucker schließt sich mit dem Bereich um die Saffenburg an. Hier führen zwei Tunnel vom Bahnhof Mayschoß aus durch den Berg, an deren Ausgang bis zur Flutnacht zwei markante Brücken standen. Die Eisengitterbrücke und die Steinbogenbrücke sind in Teilen bereits fertig, aber es bedarf noch vieler Einzelheiten und hunderte Stunden an Arbeit, bis auch dieser Bereich endgültig im Miniaturformat 1:87 hergestellt ist.

Zu sehen sein wird der weitere Verlauf ab Saffenburg in Richtung Rech, das Recher Bahnhofsgebäude ist bereits fertig, alles drumherum aber ist noch im Rohbau. Glück hatten die Modellbauer, dass Module, die Szenen aus Walporzheim und Ahrweiler zeigen, die Flutnacht ohne größere Beschädigungen überstanden haben. Sie können als Abschluss der neuen Ahrtal-Modellbauanlage nahtlos in das Konstrukt eingefügt werden.

Wie lange es dauern wird, bis die Clubanlage steht, können die Modellbauer nicht sagen. Einen Wettlauf mit der Ahrtalbahn und deren avisierter Fertigstellung im Dezember 2025 wollen die derzeit acht Männer nicht eingehen. Ihren Baufortschritt zeigen möchten sie am ersten Dezemberwochenende in einer Ausstellung im Bürgerhaus Dernau. Vielleicht sind dann auch schon Züge zu sehen, die einmal auf der Clubanlage rollen sollen. Beim MEF denken sie über authentisches Material, wie Dampfloks nach. Aber auch deren Nachfolger, die Baureihen V100 und 211/213 aus den 1960er und 1970er Jahren sollen in Dernau rollen.