Welchen Weg nimmt das Wasser? Das wollten die Wissenschaftler ganz genau wissen.
PÜTZFELD. TW. Herrlicher Sonnenschein, keine Wolke am Himmel, die Temperaturen steuern mit Vehemenz die 30-Grad-Marke an und Massen von Wasser laufen im Ahrbrücker Ortsteil Pützfeld die Straße „Auf der Ley“ hinunter, um sich ihren Weg in die Steinerbergstraße zu suchen. Eigentlich ein unwirkliches Szenario, aber der Blick auf Drohnenpiloten, fotografierende Ingenieure und Wissenschaftler, die sich Notizen machen verrät: hier wurde nachgeholfen und Starkregenabfluss simuliert. Besagte Straßen in Pützfeld waren wissenschaftliches Testgebiet für ein ebenso komplexes, wie am Ende vor allem für die Kommunalverwaltungen hilfreiches Projekt, so zumindest die Hoffnung. Dabei ging es um das Verbundforschungsprojekt „Urban Flood Resilience – Smart Tools“ (FloReST). Ein Projekt, an dem die Universität Trier, die Hochschule Trier mit dem Umwelt-Campus Birkenfeld, die Hochschule Koblenz, das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, der Softwareentwickler Disy Informationssysteme GmbH sowie die Ingenieurgesellschaft Dr. Siekmann & Partner seit dem Jahr 2022 als eine auf drei Jahren angelegte Forschungsgemeinschaft arbeiten. Es geht also nicht um Flächen, die von großen Gewässern zweiter oder erster Ordnung bei Hochwasser überspült werden. Bei der Ahr handelt es sich um ein Gewässer zweiter Ordnung. Es geht vielmehr um die lokal auftretenden Starkregenereignisse und hieraus resultierende Sturzfluten. Diese haben in den letzten Jahren vermehrt zu weitreichenden Schäden an technischen und sozialen Infrastrukturen geführt. Grund genug, für Politik und Verwaltungen neue Ansätze für einen nachhaltigen Umgang mit Starkregen- und Sturzflutereignissen zu suchen. Es gilt, kommunale und regionale Akteure dabei zu unterstützen, mit Starkregenereignissen umzugehen.
Das Forschungsprojekt hat ein ehrgeiziges Ziel im Auge, müssen doch bei Extremereignissen die Wassermengen möglichst schadlos durch die Ortschaften mit ihrer Bebauung abgeleitet werden. Da jedoch technische Maßnahmen planmäßig überlastet sind, weil beispielsweise Kanäle die Wassermassen gar nicht mehr fassen können, sind neben lokalen Objektschutzmaßnahmen an Risikoelementen Notabflusswege als wesentliches Element der wassersensiblen Stadtentwicklung auszuweisen. Wo also fließt das Wasser her, wenn Kanäle verstopft oder überlastet sind? Das will das Forschungsvorhaben FloReST ausloten, um das Wasser bei bestehender Notwendigkeit auf den richtigen Weg zu bringen, damit es keinen oder möglichst wenig Schaden anrichtet. Grundlage hierfür sind Daten, die möglichst ohne großen und damit kostspieligen Aufwand zu ermitteln sind. „Wir erhalten zum einen vom Land das digitale Geländemodell, da fehlen uns aber die Aufbauten auf dem Gelände. Wir haben daher verschiedene Modelle zur Daten-Ermittlung praxistauglicher Geländeaufnahmen geprüft“, erläuterte Ingenieurin Ina Röber. Ergo reichen vorhandene Sturzflutgefahrenkarten und die Kenntnis über bekannte Punkte, an denen schon Schäden passiert sind, nicht aus. „Oft genug schon“, sagt Projektleiter Lothar Kirschbauer von der Hochschule Koblenz. Manchmal müsse man sich aber kritische Punkte schon einmal vor Ort anschauen“, machte er deutlich, während Ina Röber sämtliche Erhöhungen und Vertiefungen im Bereich der Kreuzung „Auf der Ley“ und Steinerbergstraße in einem Video festhielt. Mittels einer Drohne wurde der Lauf des Wassers die Straße hinab festgehalten. Fliest es nach links oder nach rechts, beidseitig fällt die Steinerbergstraße an der Kreuzung ab. Die Auswertung der Aufnahmen fließt nun in die genauen Karten ein. Läuft das Wasser in die ungewollte Richtung, kann die Kommune tätig werden, und beispielsweise über Veränderungen im Höhenprofil der Straße nachdenken. Derweil werden private Anlieger gebeten, ebenfalls an der Erstellung der Entwicklung von Lösungen mitzuwirken. Sie sind aufgefordert, ihr Wissen mittels eine zum Projekt gehörenden App mitzuteilen: Ist mein Grundstück oder gar der Keller vollgelaufen? An welcher Stelle ist das Wasser auf das Grundstück getreten? Jegliche Veränderung sollte dem Projekt auch gemeldet werden. Schützt jemand seinen Grund und Boden mit einer neuerlichen Maßnahme, kann das Folgen für die Unterlieger haben. Um immer auf dem neuesten Stand zu sein, ist die Mithilfe der Anlieger unabdingbar. Eine entsprechende Informationsveranstaltung boten die Projektteilnehmer im Anschluss an ihre Tests öffentlich in Ahrbrück an. Die Resonanz war aber nicht sonderlich groß.