Alfred Sebastian (v.l.), Christian Görg und Martin Schell eröffneten das Handwerkerdorf symbolisch.
Der Blick ins Innere eines Wohncontainers: schlicht, aber funktional und teilweise mit Weinbergsblick.
Ein überdimensionales Schild weist auf die Containeranlage hin.
DERNAU. TW. Dernau wurde von der Flutkatastrophe besonders schwer getroffen, 90 Prozent aller Häuser erlitten Schäden, dazu wurde beinahe die gesamte kommunale Infrastruktur zerstört. Mehr als 50 Häuser sind schon abgerissen, einige werden noch folgen. Die Einwohnerzahl ging von gut 1.700 auf 1.400 zurück. Aber der Wiederaufbau läuft und auch die Einwohnerzahl aus der Zeit vor der Flut soll nach den Vorstellungen von Ortsbürgermeister Alfred Sebastian wieder erreicht werden. Dem Mangel an Handwerkern zum Trotz wurde nun für professionelle Aufbauhelfer von außerhalb im neuen Gewerbegebiet „Im Auel“ ein Handwerkerdorf errichtet. In 26 klimatisierten Containern finden jeweils zwei Personen Platz. Einbuchen können sich Handwerker und Betriebe aus der gesamten Republik, die beim Wiederaufbau im Tal mit anpacken wollen. Zu knapp 80 Prozent ist der Platz aktuell bereits ausgebucht, die ersten Mieter sind schon im Juni eingezogen, nachdem das Dorf zwischen März und Mai geplant und errichtet wurde.
Dass Verputzer, Fliesenleger, Maler und andere Gewerke händeringend gesucht sind, weil heimische Betriebe hoffnungslos überlastet und auch selbst betroffen sind, ist der Johanniter-Unfall-Hilfe schnell klar geworden. Die kümmert sich als Hilfsorganisation seit fast einem Jahr um Dernau, hat hier schon viele Hilfsprojekte angestoßen. Nun folgt das Handwerkerdorf. „Wir haben festgestellt, dass viele Betriebe von außerhalb gerne helfen und mitanpacken möchten, allein es fehlt bis dato schlichtweg an geeigneten Übernachtungsmöglichkeiten. Mit unserem Handwerkerdorf wollen wir Abhilfe schaffen“, sagt Johanniter-Regionalvorstand Christian Görg. In Dernau sei man nun in der Lage, die Bedarfe vor Ort zu bündeln und mit den Angeboten der Handwerksbetriebe zusammen zu bringen.
Geplant und gebaut hat die Hilfsorganisation das Containerdorf zusammen mit der Wiederaufbau- und Projektentwicklungsorganisation aus Dernau, Rech und Mayschoß, „Zukunft Mittelahr.“ Finanziert wird das Projekt aus Spendengeldern. Die Johanniter-Unfall-Hilfe ist Teil der „Aktion Deutschland hilft“, einem Bündnis deutscher Hilfsorganisationen.
Entstanden ist das Handwerkerdorf dort, wo die Dernauer Winzerin Julia Bertram einst die Trauben für ihren Wein erntete. Sie hat das Areal der Hilfsorganisation für drei Jahre zur Verfügung gestellt. Wegen der großen Nachfrage wird bereits jetzt überlegt, das Dorf zu vergrößern. Die Platzkapazitäten wären vorhanden und man könnte hier bei der im Herbst anstehenden Traubenlese auch Erntehelfer unterbringen. Aktuell stehen auf dem Gelände neben den 52 Schlafplätzen mehrere Sanitärcontainer, ein Container mit Waschmaschinen und Trocknern sowie Aufenthaltscontainer zur Verfügung. Alles ist klimatisiert, freies W-Lan gehört zum Standard. Wer einzieht, muss je nach Aufenthaltsdauer und Containerbelegung mit einer oder zwei Personen mit Übernachtungskosten von 20 bis 50 Euro pro Nacht rechnen. Geld, dass nicht zur Refinanzierung der Anlage verwendet wird, sondern zu 100 Prozent der Organisation Zukunft Mittelahr zur Verwendung beim Wiederaufbau zugutekommen wird.
Martin Schell, Vorstand von Zukunft Mittelahr, hat die Einnahmen schon eingeplant: „Mit der Nahwärmeversorgung der drei Gemeinden Dernau, Rech und Mayschoß ist bereits ein erstes Leuchtturmprojekt benannt, welches mit den Einnahmen aus dem Handwerkerdorf weiter vorangetrieben werden kann“, so Schell. Hier sei das Ziel, schnellstmöglich eine zukunftssichere und nachhaltige Energieversorgung für die Mittelahr auf den Weg zu bringen.
Neben Görg und Schell nahm bei der Einweihung des Handwerkerdorfs aus Ortsbürgermeister Alfred Sebastian eine Schere in die Hand, um das obligatorische Band zu durchschneiden. Er sieht in der Anlage einen weiteren wichtigen Meilenstein für die Region. Sebastian würdigte in dem Zusammenhang aber auch das große Engagement der Johanniter vor Ort und dankt für die gute Zusammenarbeit.
Auch vor dem Hintergrund der Erfahrungen anderer Übernachtungsmöglichkeiten für Helfer im Ahrtal untersagt die Hausordnung die Nutzung von eigenen Backöfen oder Herdplatten. Auch auf Alkohol oder Drogen sollen die Bewohner verzichten. „Wir wollen ein friedliches Handwerkerdorf“ so die Ansage. Daher ist die Containeranlage auch von Kameras überwacht. Wer hier Übernachtungen buchen möchte, muss sich an das Johanniter-Büro in der Gartenstraße 35 in Dernau wenden. Dies kann auch per Email an Handwerkerdorf.dernau@johanniter.de sowie telefonisch an 0152-27941386 geschehen.