KALENBORN. In seiner Versammlung am 21. Juli 2023 gedachte der SPD-Ortsverein Kalenborn des Verbots der SPD am 22. Juni 1933. In seiner Ansprache erinnerte der Historiker Prof. Dr. Michael Schneider an die Ereignisse vor 90 Jahren, die einen weiteren Schritt zum Ende der Demokratie in Deutschland markierten: Am 21. Juni 1933 ordnete Wilhelm Frick, der nationalsozialistische Reichsinnenminister, in einem Erlass an die Landeregierungen Verbotsmaßnahmen gegen die SPD an. Zu diesem Zeitpunkt war ein Teil des SPD-Parteivorstands bereits nach Prag geflohen, um von dort aus seinen Protest gegen den NS-Terror zu publizieren. Frick warf daraufhin dem Berliner Rest-Vorstand der SPD vor, er habe es versäumt, sich vom Prager Exilvorstand zu distanzieren. Die SPD müsse deshalb „als eine staats- und volksfeindliche Partei angesehen werden“ und könne nunmehr „keine andere Behandlung mehr beanspruchen, als sie von der deutschen Regierung der kommunistischen Partei gegenüber angewandt worden ist.“ Konkret hieß das: Den Abgeordneten von Landes- und Gemeindeparlamenten wurden die Mandate aberkannt; jegliche Propaganda und alle Versammlungen waren untersagt; die SPD-Mitgliedschaft galt als unvereinbar mit der Zugehörigkeit von Beamten, Angestellten und Arbeitern, die aus öffentlichen Mitteln Gehalt, Lohn oder Ruhegeld bezögen. Am 22. Juni 1933 wurde dieser Erlass veröffentlicht. Zudem wurden die Einziehung des Vermögens der SPD sowie die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit der ins Ausland geflohenen Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen angeordnet. Die Polizei wurde angewiesen, führende Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen in „Schutzhaft“ zu nehmen: Binnen einer Woche wurden über 3.000 verhaftet. Viele wurden bis Ende 1933 in der Haft festgehalten. Fortan konnte die SPD nur noch im Exil oder im Untergrund ihre Stimme erheben. Die anderen Parteien, die sich an die neue Situation angepasst und z.B. im März 1933 – anders als die SPD – dem „Ermächtigungsgesetz“ zugestimmt hatten, lösten sich wenig später auf. Am 14. Juli folgte dann das „Gesetz gegen die Neubildung von Parteien“. Fortan gab es nur eine Partei: Die NSDAP.
Die Versammelten waren sich einig: Die ebenso schnelle wie brutale Etablierung der NS-Diktatur erinnert daran, wie rasch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit abgeschafft werden können – wenn Demokraten und Demokratinnen nicht zusammenstehen und frühzeitig Bedrohungen der Freiheit abwehren. [Pressemitteilung des SPD-Ortsvereins Kalenborn]