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Mittelahr Bote
Ausgabe 48/2024
Vereine und Verbände
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Gedenkstunde in würdigem Rahmen

Hauptredner war an diesem Tag der Holocaust-Überlebende Christian Pfeil aus Trier.

Volkstrauertag am Bad Bodendorfer Soldatenfriedhof

KREIS AHRWEILER. DG. Wie jedes Jahr findet am Bad Bodendorfer Soldatenfriedhof die zentrale Gedenkfeier des Kreises Ahrweiler statt. Unter dem diesjährigen Leitmotiv „Vergiss nicht“ eröffnete nach einem Intro des Bad Neuenahrer Posaunenchors Landrätin Cornelia Weigand die Veranstaltung. Ihr besonderer Dank galt allen, die sich für den Friedhof und die Gedenkstunde engagieren. Mehr als 1.200 Soldaten liegen hier begraben, Soldaten, die in den letzten Kriegswochen in den Rheinwiesenlagern gestorben sind. Weigand mahnte das Gedenken an alle Toten der beiden großen Weltkriege und die Opfer von Kriegen bis in die heutige Zeit an. Spätestens nach Ende des kalten Krieges begann eine vermeintlich friedliche Zeit, die Situation ist aber heute deutlich verändert. Die Klimakrise mit ihren verheerenden Folgen und weitere kriegerische Auseinandersetzungen wie der russische Angriffskrieg in der Ukraine oder die Situation im Nahen Osten machen uns bewusst, dass ein Leben in Sicherheit nicht selbstverständlich ist. „Mit großer Sorge blicken wir auf die Bedrohungen von Frieden, Freiheit und Demokratie. Geschürt von Misstönen, von denen wir bis vor Kurzem dachten, dass sie nicht mehr Teil unseres Wortschatzes und vor allem der Gedanken seien.“ Vergiss nicht! Der Volkstrauertag mahnt, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Ihr besonderer Gruß galt dem Hauptredner des Tages, Christian Pfeil, der sich als Überlebender des Holocaust seit vielen Jahren für die Aufarbeitung der Geschichte einsetzt und hierbei ganz besonders auch junge Menschen anspricht. Pfeil ist deutscher Sinto und wurde im Winter 1943/44 im Ghetto Lublin geboren, das genaue Datum ist ihm nicht bekannt. Seine Mutter nahm ihn, nur notdürftig eingewickelt, mit in die Kälte zur Zwangsarbeit. Gerade dies sicherte ihm aber sein Überleben, da die in den Baracken zurückgelassenen weinenden Kleinkinder oft einfach umgebracht wurden. Pfeil erzählte detailliert den Leidensweg seiner Familie, die bereits im Mai 1940 deportiert wurde. Während nahe Verwandte im Vernichtungslager Auschwitz ermordet wurden, hat seine Familie überlebt, „Gott und die Mutter Gottes waren mit uns.“ Aber auch nach dem Krieg wurden Sinti und Roma ausgegrenzt und erniedrigt. Das setzte sich für ihn auch in der Schule fort, wo er als Zigeunerjunge beschimpft wurde. Zwischenzeitlich war Pfeil als Gastwirt und später auch als Sänger politischer Lieder erfolgreich tätig. Nach einer Dokumentation über ihn im Fernsehen wurde er aber massiv angefeindet bis hin zu Morddrohungen, und gleich zweimal wurde sein Lokal in Trier verwüstet. Seit der Einweihung des Mahnmals für Sinti und Roma in Trier engagiert er sich gegen Antisemitismus und Antiziganismus. Anfang des Jahres konnte er anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages sogar vor den Vereinten Nationen sprechen. „Das Vermächtnis der Opfer von Auschwitz ist eine Verpflichtung und Verantwortung aller Nationen.“ Mit großer Sorge schaut er auf die auch bei uns zunehmenden rechtsradikalen Tendenzen und „ruft vor allem junge Menschen weltweit auf, die Erinnerung von Zeitzeugen und das Gedenken in die Zukunft zu tragen.“ Pastor Frank Werner appellierte, gegen jegliches Unrecht einzutreten. Und Pfarrerin Kerstin Laubmann mahnte noch einmal das Erinnern an. Vertreter der Bundeswehr, Landrätin Weigand und ein Vertreter des VdK legten offiziell Kränze nieder. Der Posaunenchor intonierte zwischenzeitlich noch einige Stücke, ebenso wie die Chorgemeinschaft Bad Bodendorf-Sinzig-Westum einige besinnliche Lieder anstimmte. Sicher, der Volkstrauertag ist ein trauriger Anlass. Er kann aber helfen, die Erinnerung an die Grauen und Gräueltaten der Vergangenheit wachzuhalten und -hoffentlich- auch ein wenig dazu beitragen, dass so etwas nicht wieder geschieht.