von links: Stephan Tusch, Kerstin Müller, Wolfgang Bosbach, Wolfgang Heidinger (Geschäftsführer Malteser Hilfsdienst)
ALTENAHR.OC. Am 23. Januar kam der bekannte CDU-Politiker Wolfgang Bosbach zu einer abendlichen Talkrunde in den Malteser-Container nach Altenburg. Kerstin Müller, zweite Beigeordnete der Verbandsgemeinde Altenahr, und Stephan Tusch, Malteser Fluthilfe-Projektleiter, stellten ihm als betonte „Nichtprofis“ einen bunten Fragenkatalog, bevor das Publikum Fragen an den Politiker richten durfte. Müller übernahm den Einstieg und schilderte zunächst Bosbachs Lebenslauf in kurzen Stichpunkten. Im Anschluss ergab sich hieraus die Frage, „warum er denn in die Politik gegangen wäre, wo er doch ‚etwas Anständiges‘ gelernt habe“. Bosbach umriss daraufhin seine Kindheit und Jugend mit zwei älteren Schwestern und einem Vater, der als schon Achtzehnjähriger in den Krieg gezogen ist. Politik und Religion hätten in seiner Erziehung eine große Rolle gespielt. Nach seiner größten politischen Enttäuschung befragt, erinnerte er sich an die legendäre Elefantenrunde im Jahr 2005 mit Gerhard Schröder, wo Bosbach als stellvertretender Fraktionsvorsitzender auf einen Aufstieg zum Fraktionsvorsitzenden gehofft hatte. Leider nannte Angela Merkel seinen Namen damals nicht – dies habe ihn zutiefst enttäuscht. Auf die Frage Müllers, wie es zu seiner viermaligen Bestellung als Juror bei der Miss-Germany-Wahl gekommen sei, beschrieb Bosbach seine Freundschaft zu Reiner Calmund, der der Chefjuror war. In diesem Amt habe er gelernt, dass Frauen Frauen sehr viel kritischer beurteilen. Schließlich übergab Müller das Mikrofon an Tusch, der sogleich mit der Frage einstieg: „Können wir in Deutschland überhaupt Katastrophenschutz?“ - „Bei dieser Frage werde ich immer unruhig“, so Bosbach. „Weil ich nicht mehr im Amt bin, möchte ich aber von Schuldzuweisungen absehen.“ Generell würde das Verfahren in Deutschland immer bürokratischer, je mehr Zeit vergeht. „Nach eineinhalb Jahren dürfe es in einem Land wie der Bundesrepublik nicht mehr so aussehen, wie es hier der Fall ist.“ Er verwies jedoch auch darauf, dass Katastrophenschutz Sache der Länder sei, nicht des Bundes. Die Bevölkerung rege sich aber seiner Meinung nach zurecht über den schleppenden Wiederaufbau auf. Während seiner Zeit im Aufsichtsrat einer großen Versicherung habe er sich stets dafür stark gemacht, im Katastrophenfall schnelle und unbürokratische Hilfe zu gewährleisten und nicht im Kleingedruckten eine Klausel zu verstecken.
Locker ging es weiter und Bosbach berichtete Anekdoten u. a. aus seiner Studentenzeit als Aushilfsbriefträger auf dem Land, in der er hier und dort auch schon mal ein „Eierlikörchen“ trinken musste. Die BILD-Zeitung habe ihn einst als „Kanzler der Herzen“ betitelt, so Tusch. „Für mich war es immer entscheidend, den Leuten ins Auge sehen zu können. Man muss klar seine Meinung vertreten, auch auf die Gefahr hin, dass sie nicht alle mittragen,“ so Bosbach. Besorgt sei er darüber, dass nach neuesten Befragungen 40 Prozent der Bevölkerung in Deutschland politisch interessiert und informiert sind, aber nur 1,6 Prozent Mitglied einer Partei sind. Er mache sich Sorgen um die politische und soziale Stabilität in unserem Land. Auf die Publikumsfrage nach seiner Meinung zum „Jahr für Deutschland“ antwortete er, dass er kein Befürworter sei und dies eher in einen „Rechtsanspruch auf ein freiwilliges Jahr“ umkehren würde. Eine Zuhörerin merkte daraufhin an, dass dies ja bei den KiTa-Plätzen schon nicht funktioniere.
Nach weiteren Fragen zur aktuellen Tagespolitik in Berlin schloss Tusch die illustre Fragerunde und bot die Gelegenheit, ein signiertes Exemplar des neu erschienenen Buchs Bosbachs „Wer glaubt uns noch?“ zu erwerben.