Junge Schauspieler:innen lesen Gedichte und Texte aus
hinterlassenen Werken im Krieg verlorener Autoren und Autorinnen:
Victoria Amelina (Ukraine), Selma Meerbaum (Bukowina)
und Krysztof Kamil Baczynski (Polen)
Musik: Daniel Diestelkamp
Moderation: Dorothé R.Marzinzik
Infos und Tickets: Kunsthaus Wäldchen 02292-7477
30. und 31. August im Rahmen des Kultur- und Genusssommers: Klänge aus der Ukraine und Brasilien.
„Vesna“ ist der Titel eines Programmes und zugleich der Name der Trio-Formation mit Mariana Sadovska, Christian Thomé und Markus Braun, das traditionelle ukrainische Musik mit Elektronikklängen mischt und bei der es auch um das Kriegsgeschehen in der Ukraine geht. Die Schauspielerin, Sängerin und Multiinstrumentalistin Mariana Sadovska, gebürtig in Lwiw, Ukraine, heute in Köln zuhause, hat mit eigenen Texten und Gedichten von Autoren aus der Ukraine sowie traditionellen ukrainischen Gesängen einen musikalischen Hilferuf kreiert, bei dem sie mit dem Drumming und den feinen Elektronics und Loops des kongenialen Partners Christian Thomé sowie des oberbergischen Soundmischers Markus Braun eine fesselnde Performance auf die Naturbühne des Kunsthaus Wäldchen zauberte, die man nicht so schnell vergessen wird.
Auf der Leinwand über den Musikern vervollständigt ein Video des Künstlers Valerij Lisak mit teils irritierenden Bildern mit tanzenden Soldaten, Natur- und Landschaftsaufnahmen sowie Texteinwürfen das Gesamtkunstwerk.
Sadovska war schon im letzten Jahr zusammen mit ihren Partnern und dem jüdisch-ukrainischen Duo Svetlana Kundish und Patrick Farrell mit einem bewegenden Konzertabend im Kunsthaus Wäldchen, exakt 15 Tage vor dem traumatischen Hamas-Überfall in Israel am 7.Oktober, bei Open Arts konzertant zu erleben.
Im zweiten Titel ihres Programmes vertont Vesna ein Gedicht der jüdischen Autorin Selma Merbaum, die als 18-jährige im Jahr 1944 im Zwangsarbeitslager Michailowa ums Leben kam. Im Hitler-Stalin-Plan war die Heimatregion der jungen Frau erst an die Sowjetunion abgetreten und dann von den Nazis wieder okkupiert worden. Sadovska singt das Gedicht über die Lebensfreude und das Tanzen wechselweise auf ukrainisch und deutsch und wiederholt mantrisch das jüdische Wort „Gilu“ für „Freue Dich!“. Sadovska polarisiert und rüttelt mit ihren Songs die -glücklicherweise- friedensverwöhnten Europäer auf. Nach dem Titel „Vater unser…“ mit den Zeilen „…und vergib uns nicht unsere Schuld wie wir nicht unseren Schuldigern vergeben… präsentiert sie auf der Bühne einen Fotokalender mit Künstler:innen-Portraits. „Das ist mein Freund und Musiker X, der gerade nähe Charkiw an der Front kämpft. Das ist die Malerin und Autorin Y, die im Schützengraben im Donbass kämpft…“
Die enorme Expressivität ihrer Stimme sowie die Rhythmen und Geräuschcollagen von C. Thomé hallen noch lange im Tal in Forst und im Inneren des euphorischen Publikums nach…
Finissage mit Live-Musik: José Aurelio und Neizigma, Santos, Berlin, Helsinki: Zur Finissage der Videoinstallation mit Fotos von Sebastiao Salgado und Musik von Jean-Michel Jarre (Video-Komposition Paul Bell und Daniel Diestelkamp), die eine Woche lang zuvor jeden Abend vor dem Abendhimmel über Wäldchen zu erleben war, brachten die beiden brasilianischen Musikerbrüder José Aurelio, Berlin und Ney Zigma, Helsinki, beide gebürtig in Santos, Amazonien/Brasilien 70 Minuten brasilianischen Zauber auf die Open-Air-Bühne des Kunsthauses.
Dabei brachten sie zum Ende das Auditorium mit ihren Rhythmen zum Tanzen. Neizigma, der Sänger mit der hohen weichen Stimme und José mit seiner liegenden Djembe, über der er sitzt und beidhändig polyrhythmische Figuren zaubert, legen Wert auf die Vielfalt ihrer und überhaupt der brasilianischen Musik, die eben jenseits von Samba und Salsa auch sehr lyrische, stille Elemente beinhaltet.
Ein expressiver Höhepunkt ist an diesem Abend ein indigener Song aus einem zurzeit besonders von Brandrodungen betroffenem Gebiet. Ähnlich wie am Abend zuvor wird das Publikum hier durch eine immer wiederkehrenden melodisch klagende Silbenfolge tief in das Drama von Amazonien mithinein gesogen. Gerade jetzt werden viele Feuer bewusst gelegt, um der Lula-Da-Silva-Regierung zu schaden, erläutert Neizigma.
Die ganze Schönheit des scheinbar unendlichen Regenwald-Kosmos erleben die Zuschauer dann noch einmal im Abendrotdämmern über des AMZONIA-Videos, das von den faszinierenden Sounds von Jean-Michel Jarre umhüllt wird.
Wieder einmal geht hier ein besonderer Abend zu Ende, der gleichzeitig auch das Out-Door-Programm von open-arts 2024 beendet.
(Daniel Diestelkamp)