Karl Thömmes und Hildegard Schmitz trugen sich ins „blaue“ Buch der Stadt Wissen anlässlich des 80. Jahrestags der Bombardierung Wissens ein.
Hildegard Schmitz und Karl Thömmes mit Bürgermeister Berno Neuhoff im Gespräch während der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Bombadierung Wissens. (Foto: Katharina Behner)
Das Flötenensemble der Kreismusikschule begleitete die Gedenkveranstaltung musikalisch.
Zur Gedenkfeier wurde eine nach der Bombardierung gefundene Bombe ausgestellt..
Im Anschluss an die Gedenkfeier fand in der Steinbuschanlage die Kranzniederlegung statt.
Als Hildegard Schmitz vom 11. März 1945 sprach, spürten die mehr als 100 Besucher der Gedenkfeier zum Jahrestag „80 Jahre Bombardierung Wissen“ am Dienstag (11. März) förmlich das Leid, was über die Menschen und die Stadt Wissen an diesem Tag hereingebrochen war.
„Die Erinnerungen sind schrecklich“, sagte die heute 98-jährige. Auf die Frage von Bürgermeister Berno Neuhoff, ob sie Angst hatte, antwortet sie mit zitternder Stimme „Im Schrecken gab es keine Zeit zum Angst haben“ und weiter „… man funktionierte nur noch“. Sichtlich haben die Ereignisse aus dieser Zeit bis heute geprägt. Hildegard Schmitz ist neben ihrem Bruder Karl Thömmes (94) eine der wenigen, die noch als Zeitzeugen von den damaligen Ereignissen berichten können. Extra zur Gedenkfeier waren sie aus Hersel (bei Bonn) und aus Nürtingen (Schwäbische Alb) gekommen.
Kamen nach Wissen um sicher zu sein - es sollte anders kommen
Damals, 1945, waren sie selbst mit der Familie aus Prüm in der Eifel nach Wissen geflohen, um hier sicher zu sein. Doch es sollte anders kommen, wie sie im Gespräch mit Neuhoff darlegten. Die Erinnerungen an diese Zeit, insbesondere an den 11. März 1945, sind bei den Geschwistern spürbar tief sitzende Emotionen, die sie bis heute nicht loslassen. Auch wenn Thömmes zu verstehen geben will: „Gott sei Dank, kann man vergessen“, lassen seine Erzählungen erahnen, wie prägend diese Zeit war, wachgerufen nicht zuletzt durch Besuche an einigen Orten in Wissen am Tag der Gedenkfeier, die sie von damals fast zu genau kennen.
Untergebracht waren die Geschwister mit ihrer Familie in Schönstein bei einer Familie Becher, der Keller der alten Schule diente als Luftschutzbunker. Für den jungen Thömmes war es „interessant“ zu sehen, wenn die Bomber über Wissen flogen, gleichzeitig fügt er an: „wenn es nicht so grausam gewesen wäre“. Der Bombenhagel am 11. März 1945 habe knappe zwei Minuten gedauert, berichtet Thömmes weiter. Sein Vater habe auf die Uhr geschaut. Nach der Bartholomäusnacht lag Wissen in Schutt und Asche, es gab viele Tote und Verletzte. Insgesamt kamen 227 Menschen in den letzten Kriegswochen bei weiteren Luftangriffen zu Tode.
Beiträge mit Blick auf die Gegenwart
Eigentlich sollte die Gedenkfeier zum 80. Jahrestag der Bombardierung Wissens in der Steinbuschanlage, eben an der Gedenktafel für die Opfer des 11. März 1945, stattfinden. Aufgrund der Wetterbedingungen wurde die würdige Feierstunde ins kulturWERKwissen verlegt und fand großen Zuspruch.
Begrüßen konnte Bürgermeister Neuhoff dort neben den beiden Zeitzeugen eine Vielzahl geschichtsinteressierter und -bewusster Menschen, Schüler und Schülerinnen des Kopernikus-Gymnasiums, Vertreter und ehemalige Vertreter der Kommunalpolitik aus Stadt und Verbandsgemeinde. Mitgestaltet wurde die Gedenkfeier von Heimatforscher Bruno Wagner, Pfarrer Marcus Tesch und Dechant Martin Kürten sowie Schülerinnen und Schülern (Jahrgangsstufe 11, Leistungsfach Geschichte) des Kopernikus-Gymnasiums.
Berno Neuhoff zog in seiner Begrüßungsansprache den Bogen aus der Vergangenheit in die heutige Zeit und machte deutlich, dass die Freiheit noch niemals seit dem Zweiten Weltkrieg so gefährdet war wie heute. „Wir müssen und dürfen nicht in Panik verfallen, aber wir müssen … handeln hier in Europa und vor unserer Haustür.“ Jeder sei gefragt, seinen Beitrag für Frieden und zum Schutz der Gesellschaft zu leisten.
Frieden ist nicht selbstverständlich
Bruno Wagner skizzierte in seinem Vortrag die Geschehnisse um den 11. März 1945. Auch, dass der militärische Auftrag der US Air-Force eher der Infrastruktur (Straßen und Bahn) von Siegen über Wissen bis Siegburg galt - nicht der Zivilbevölkerung. Doch die Bombenabwürfe waren nicht zielgenau und führten zum Inferno. Mit den Worten eines ehemaligen französischen Zwangsarbeiters aus einem Brief an ihn schloss er „Es lebe der Frieden“.
Von den Zwangsarbeitern (unter anderem der französischen und polnischen) sprachen auch die Schüler des Kopernikus-Gymnasiums in ihrem Beitrag und machten deutlich, dass es sich damit nicht nur um eine deutsche sondern eine europäische Geschichte handelt. „Ihr Leid verdient es, ebenfalls gewürdigt zu werden“ zeigten sie auf, während sie die Geschehnisse aus Sicht eines französischen Zwangsarbeiters darlegten. Auch sie betonten: „Friede ist nicht selbstverständlich“. Man müsse ihn aktiv verteidigen.
Zum Abschluss gedachten Pfarrer Tesch und Dechant Kürten mit einem Abschlussgebet der Opfer. Musikalisch wurde die Gedenkfeier vom Flötenensemble der Kreismusikschule mit Mara Wittershagen und Lilith Schultheis unter Leitung von Simone Bröhl begleitet. (KB)