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Unsere Verbandsgemeinde Selters Ww
Ausgabe 33/2024
Amtliche Bekanntmachungen
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Der Umweltbeauftragte informiert: Ökosysteme

Ökosysteme produzieren Sauerstoff, filtern Wasser, speichern Kohlenstoff und erzeugen die Nahrungsgrundlagen für alles Leben. Doch wie steht es um unsere Ökosysteme? - Insbesondere die durch anthropogene Einflüsse verursachten Verluste der Artenvielfalt haben viele Ökosysteme aus dem Gleichgewicht gebracht. Neben dem Erhalt noch intakter Systeme dürfte die Wiederherstellung der heimischen Ökosysteme eine Kernaufgabe der Zukunft sein.

Bedeutende Ökosysteme bei uns im Westerwald sind

1. Der Wald

Wälder bestechen mit ihren positiven Wirkungen auf unser Klima durch Kohlenstoffspeicherung, Sauerstoffproduktion, den Wasserhaushalt und den Wasserkreislauf und gleichzeitig Lebensraum einer vielfältigen Fauna und Flora. Gemäß Landeswaldgesetz von RLP und den forstlichen Zertifizierungen werden unsere Wälder naturnah bewirtschaftet. Nach dem großflächigen klimabedingten Absterben von Nadelwäldern durch Trockenstress und Schädlingsbefall in den Trockenjahren ab 2018 wurde auf den Kahlflächen die natürliche Sukzession größtenteils mit standortheimischen Laubbäumen ergänzt. Ziel ist ein klimaresilienter Wald mit einem großen Strukturreichtum dessen Flächenanteile zu vergrößern aber zumindest zu erhalten sind. Unsere Wälder beherbergen im Vergleich zu den anderen Ökosystemen den nach der Artenzahl und der Quantität der Individuen stabilsten Lebensraum.

2. Die Kultur- und Agrarlandschaften

Diese Landschaften definieren sich aus den Agrarlandschaften und deren Landschaftselementen wie Hecken und Feldgehölze, Einzelbäume und Baumreihen, Streuobstwiesen, unbefestigte Flurwege und Feldraine aber auch Kleinstrukturen wie Steinhaufen oder Weidezaunpfähle aus Holz. Jede einzelne Struktur hat eine große Bedeutung für den Artenerhalt.

Viele dieser Landschaften haben sich durch eine konventionelle Bewirtschaftung nachteilig verändert. Eine Wiederherstellung dieser Ökosysteme hat nur durch eine Umstellung und Extensivierung der Bewirtschaftung eine Chance. Eine vergrößerte Kohlenstoffspeicherung findet dann auch auf Wiesen und Äckern statt. Zentrale Probleme für den Artenverlust in diesen Lebensräumen sind insbesondere frühe und häufige Mahd der Grünlandflächen, zu hohe Düngergaben, Verlust von Humusboden, große Bewirtschaftungseinheiten und fehlende Strukturen.

3. Die Gewässer und Auen

Bäche und Seen können Hotspots der Diversität sein und leisten günstigenfalls die wichtigen Aufgaben des Hochwasserschutzes und der Grundwasserspeicherung. Eine oftmals vollzogene Begradigung der Fließgewässer führt zu zeitlich schnellem und verstärktem Hochwasserabfluss, zurückgedrängte Auenbereich können ihre Wirkung als Retentionsflächen nicht mehr erfüllen. Auch ist die Funktion als Grundwasserreservoir von Wasser, aus dem Sedimente gefiltert und Nährstoffe herausgelöst wurden und gleichzeitiger Kohlenstoffspeicherung nicht mehr gewährleistet. Überbauung und landwirtschaftliche Nutzung haben zu einem Zusammenschrumpfen der intakten Auenbereich auf etwa 10% ihrer ehemaligen Ausdehnung geführt. Von den Veränderungen betroffen sind die vielen an diese speziellen Standorte angepassten Pflanzen- und Tierarten. Die meisten unserer stehenden und fließenden Gewässer zeigen die Symptome einer Überdüngung aus der Luft und den angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen. In den natürlichen Lebensadern der Bäche und Flüsse wurde aber auch die Besiedlung durch den Menschen forciert mit den mittlerweile zunehmenden Gefahren durch Hochwasser nach Starkregenereignissen. Die Flora der Auenbereiche und Gewässerränder der Fließgewässer hat sich durch die Ausbreitung von Neophyten auf dem Wasserweg teils extrem verändert. Die Samen der Pflanzen finden auf den nährstoffreichen und feuchten Böden günstigste Keimbedingungen. Ein Zurückführen der Gewässerverbauungen und ein Aufweiten der Auenbereiche sind kostenintensive Maßnahmen für den Grundwasser-, den Hochwasser- und den Klimaschutz.

4. Städte und Dörfer sowie urbane Landschaften

Eine natürliche Entwicklung von Dörfern und Städten schafft eine Verbesserung der Wohn- und Lebensqualität. Auch hier gilt es eine Vielzahl von einzelnen Strukturen anzulegen und zu erhalten. Wichtige Elemente sind öffentliche und private Grünflächen mit standortheimischen Bäumen, Gehölzen sowie Gärten mit einer natürlichen Bepflanzung und dem Verzicht auf Pflanzenschutzmittel und chemische Dünger. Zusammen mit naturnahen Gewässern führen sie zu einer Verbesserung der Luftqualität und zur Produktion von Sauerstoff und zur Abmilderung von Klimaextremen. Nutzgärten fördern die Kenntnis von ökologischen Zusammenhängen und bieten die Eigenversorgung mit Nahrungsmitteln. Auch diese bewegte Welt wird von speziellen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum genutzt.

Joachim Kuchinke, ehrenamtlicher Umweltbeauftragter der Verbandsgemeinde Selters