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Ausgabe 48/2024
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Molsberger Gesprächen - Heimische Amphibien im Fokus

Manfred Braun bedankt sich bei Referent Sascha Schleich

Molsberger Gespräche: Heimische Amphibien im Fokus - dramatische Rückgänge und ihre Ursachen!?

Die heimischen Amphibien - deren Rückgänge und ihre Ursachen standen im Mittelpunkt der diesjährigen Molsberger Gespräche der Will und Liselott Masgeik-Stiftung aus Molsberg. Als Referent des Abends konnte Manfred Braun, stellvertretender Vorsitzender der Stiftung neben knapp fünfzig Zuhörern dieses Jahr Sascha Schleich vom Büro für Freilanderfassung und Artenschutz aus Stipshausen im Hunsrück begrüßen. Zunächst richtete der Referent das Augenmerk auf das Artenspektrum und die Gruppierungen der verschiedenen Amphibien. Mit den drei Braunfröschen, Gras-, Spring- und Moorfrosch und der Gruppe der Wasserfrösche bestehend aus See-, Teich- und Kleinem Wasserfrosch kommen sechs echte Froscharten in Rheinland-Pfalz vor. In der Familie der Kröten sind Erd-, Wechsel-, und Kreuzkröte vertreten. Zusammen mit der Gelbbauchunke, dem Laubfrosch, der Geburtshelferkröte, der Knoblauchkröte, dem Feuersalamander und den vier verschiedenen Molcharten (Berg-, Teich, Faden- und Kammmolch) kommen demnach 18 verschiedene der insgesamt 21 bundesweiten Amphibienarten in Rheinland-Pfalz vor. Während man über die Bestandssituationen der selteneren Arten wie beispielsweise Moor- und Springfrosch, Knoblauchkröte oder Gelbbauchunke auf Grund des behördlich vorgeschriebenen FFH-Monitorings sowie des gesetzlichen Artenschutzes besser Bescheid weiß, ist die Datenlage zu den häufigen Arten wie z.B. Erdkröte und Grasfrosch in Rheinland-Pfalz, meist als sehr schlecht einzustufen. Für fast alle heimischen Amphibienarten sind auf lokaler Populationsebene dramatische Rückgänge in den Bestandszahlen belegt und zu verzeichnen. Während in der Vergangenheit viele Arten eine flächige Verbreitung besaßen, findet man die selten gewordenen Arten, wie den Moorfrosch, die Knoblauchkröte oder die Gelbbauchunke heute nur noch in wenigen Restgebieten des ursprünglichen Verbreitungsgebiet, wie z.B. in den Auenfeuchtlebensräumen entlang des Oberrheingrabens oder in den für die Arten geeigneten Sekundärbiotopen bspw. in Abbaugebieten. Die Rückgänge der Arten sind so vielschichtig, wie die Arten selbst. Durch die stetig steigende Landnutzung durch uns Menschen, egal ob durch Straßen-, Gewerbe- und Siedlungsbau gehen Amphibienlebensräume verloren oder die Wege zwischen Land- und Wasserlebensraum werden zerschnitten. Auch die Veränderungen innerhalb der Dorf- und Städtestrukturen sowie außerhalb der Ortschaften in den landwirtschaftlich genutzten Flächen spielen eine entscheidende Rolle. Häufig kommt es dadurch zum Verlust wichtiger kleinräumiger Strukturen, wie Hecken und Säumen als wichtige Landlebensräume und Trittsteinbiotope. Ursprünglich strukturreiche Kulturlandschaften, wie kleinräumige Weinbergslagen, ritzenreiche Mauern entlang von Wegen und innerhalb der Ortschaften verschwinden. Besonders dramatisch ist der immense Verlust an Kleinstgewässern und Feuchtlebensräumen, auf die die Amphibien für ihre Paarung und Reproduktion angewiesen sind. Hierbei spielen natürlich auch klimatischen Veränderungen vor allem die Zunahme an Extremwetterlagen, wie die länger andauernden sommerlichen trockenen Hitzeperioden aber auch Starkregenereignisse eine wichtige Rolle. Außerdem darf man die Prädation der heimischen Kröten und Schwanzlurche durch andere Arten nicht unterschätzen. Hier haben vor allem ein paar wenige invasive Arten das natürliche Räuber-Beute-Gleichgewicht dramatisch verschoben. Während sich das Fressen der Amphibien durch Weiß- und Schwarzstorch, Graureiher, Fuchs oder Wildschwein, zwar in einzelnen Gewässern durchaus für einen kurzen Zeitraum negativ auswirken kann, stellen das mittlerweile fast flächige Vorkommen des Waschbären aber auch der Nilgans, als sehr wahrscheinliche Laichräuberin, eine immer größere Bedrohung für die Amphibien dar. Auch die vorkommenden invasiven Krebsarten, wie Kaliko-, Signal- und Roter Amerikanischer Sumpfkrebs u.w., aber vor allem auch der im Landkreis Germersheim vorkommende Nordamerikanische Ochsenfrosch sind als Prädatoren für die heimischen Amphibien als bestandsgefährdend einzustufen. Die Männchen des Ochsenfrosches können bis zu 1kg schwer werden und fressen alles was sie zu fassen und den Schlund hinunter bekommen.

Dem immensen Ausbreitungs- und Vermehrungspotential des Ochsenfrosches mit 20.000 bis 25.000 Eier pro Laichballen - beim Grasfrosch sind es gerade mal max. 4.000 Eier, werden an den bisher etwa 15 - 20 bekannten Gewässern daher massive Bekämpfungsmaßnahmen entgegengesetzt. Nicht zu Letzt auch, weil die Larven des Ochsenfrosches ein Enzym ausscheiden, was das Wachstum der heimischen Amphibienlarven hemmt und zu Totalausfällen führt. Des Weiteren haben die Amphibien mit diversen Krankheitserregern, wie der Feuersalamander mit BSAL zu kämpfen.

Es sind also keine rosigen Aussichten für die heimischen Amphibienarten. Aktuell führen die geballt auftretenden und vielfältig zusammenwirkenden Gefährdungsursachen zu noch nie dagewesenen Bestandsrückgängen in dieser Form und dieser Trend scheint sich noch weiter fortzusetzen. Umso wichtiger sind alle Bemühungen und Schutzmaßnahmen, um den Arten unter die Schenkel zu greifen. Der Erhalt von Strukturelementen in der Landschaft und vor allem die Renaturierung und die Neuanlage von Gewässern sind dabei essentiell. Hier sollten laut Sascha Schleich nicht nur die geschützten und seltenen Arten berücksichtig werden, sondern auch gerade die noch flächig verbreiteten Arten, wie Grasfrosch und Erdkröte. Von hoher Bedeutung sind aber nicht nur der Schutz, die Pflege und die Neuanlage von Laichgewässer, sondern auch der Erhalt der Landlebensräume. Jeder kann zum Schutz der heimischen Amphibien beitragen, z.B. durch fischfreie Gartenteiche, Pflege und Anlage von Kleinstbrachen (Verzicht auf Rasenmähen in Teilen des eigenen Gartens), Laub- und Totholzhaufen, Hecken oder Trockenmauern. Weitere Maßnahmen können bspw. durch Kommunen - meist unbürokratisch - durchgeführt werden, wie bspw. Erhalt und Anlage von breiteren Wegrandstreifen, strikte nächtliche Fahrverbote auf Feld- und Waldwegen, Erhalt und Wiederinbetriebnahme - der ursprünglich in jedem Ort vorhandenen Feuerlöschteiche - dies hilft zudem auch der Regenrückhaltung bei zunehmenden Starkregenereignissen. Es bleibt abzuwarten wie sich die Bestände in Zukunft entwickeln - aktuelle Bestandserhebungen und Schutzmaßnahmen sind jedoch dringender denn je um die Artenvielfalt unserer heimischen Amphibien zu erhalten.