Weinsteigwinzer beenden eine Tradition / Muttertag und andere Veranstaltungen nicht gefährdet
Ende März, Anfang April, wenn die ersten Sonnenstrahlen die Leutesdorfer Wingerte wärmen, traf man sich seit Jahrzehnten, zur Großen Weinprobe. 300 Besucher und Ehrengäste strömten zuletzt im Frühjahr 2022 an den Rhein. Und sorgten im Leyscher Hof, "bei Carla", stets für einen ausverkaufte Saal. Doch das ist nun vorbei, diese Tradition Geschichte. "Wir bedauern diesen Schritt sehr ", heißt es bei den Leutesdorfer Weinsteigwinzern, die seit mehr als 20 Jahren den nachmittäglichen Proben-Marathon ausrichteten. Die historischen Wurzeln der Großen Probe reichen sogar noch viel weiter bis in das frühere 20. Jahrhundert, als es wohl noch eher eine Verkaufsprobe für Weinkommissionäre war.
Grund für die Entscheidung ist die Demographie, die auch vor den Leutesdorfer Winzern, ihren Familien und Helfern nicht haltmacht. Viele Betriebsinhaber sind um die 60 oder älter. Mit dem Weingut Selt hat sich ein langjähriges Mitglied der Gruppe bereits bei der letzten Großen Probe von seinen Fans verabschiedet. Auch das Weingut Ockenfels möchte künftig kürzertreten. "Somit schrumpft die Zahl der ausrichtenden Betriebe - doch der Arbeitsaufwand bleibt mindestens derselbe", beschreiben die Winzer das Problem. So sei man insbesondere Gerhard Lorenz vom Weingut Ockenfels für den stets sehr aufwändigen Vorverkauf der Karten zu großem Dank verpflichtet. Sein Ausscheiden reißt ebenfalls eine Lücke.
Bedauerlicherweise könne auch der Nachwuchs nicht mehr so zahlreich wie in der Vergangenheit für die Unterstützung gewonnen werden. Den Ausschank der Weine bestritten stets rund 20 junge Leute aus dem Dorf. Die muss man erstmal finden. "So wie es in vielen Betrieben absehbar keine jungen Nachfolger gibt, zeigt sich dieses Problem dann eben auch bei der Organisation der Probe." Für den musikalischen Rahmen in den beiden Pausen Chöre zu finden, wäre wohl auch künftig möglich gewesen. "Aber die Suche nach Moderatoren, die sowohl unterhaltsam als auch kompetent durch solch einen besonderen Nachmittag führen können, gestaltete sich schon längere Zeit schwierig." Zwar meldeten sich Kandidaten, doch die waren häufig entweder nicht zu bezahlen, oder der Aufgabe nicht gewachsen. "Unterm Strich eine so schwierige Situation, dass wir uns zu diesem bedauerlichen, aber nötigen Schritt durchringen mussten."
Gleichzeitig stellen die Weinsteigwinzer jedoch klar: Sämtliche anderen Veranstaltungen - von Emmausgang über Muttertag, Tafeln am Strom Wein-Picknick bis hin zum Winzerfest sind auch im Jahr 2023 fest eingeplant. Und so soll es auch in den kommenden Jahren bleiben. "Im übrigen bleiben wir vorsichtig optimistisch, denn es gibt auch positive Impulse und auch Unterstützung von neuen Aktiven, darunter auch jüngeren Menschen, etwa im örtlichen Verkehrsverein (VVV)." Es sei wichtig - im Hinblick auf kommende Generationen, den Bestand der rund 1500 Jahre alten Weinbaukultur im Ort für die Zukunft zu sichern. Immerhin gehe es um eine einzigartige Steillagenkultur in unserer Region. Um den Erhalt des Weinbaus in Leutesdorf zu ermöglichen und zu fördern, sei man nach allen Seiten offen. "Selbstverständlich würden wir auch das Engagement neuer Kollegen oder Quereinsteiger begrüßen."