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Unsere Verbandsgemeinde Linz am Rhein
Ausgabe 32/2023
Amtliche Bekanntmachungen
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Dattenberg - Heimatgeschichten

von Jakob Schoop

Kirmes 1946

Das Ende des 2. Weltkrieges lag bereits ein Jahr zurück, und die Menschen kehrten langsam zum alten Brauchtum zurück. Dazu gehörte auch das Kirchweihfest, Kirmes genannt, das Anfang September gefeiert wird. Die weltlichen Veranstaltungen dieses Festes lagen und liegen immer noch in den Händen des Junggesellenvereins. Die erste Kirmes nach dem Krieg wurde am Samstagabend mit einem Fackelzug eingeleitet. Neben den kirchlichen Feierlichkeiten gab es Festzüge mit Fähndelschwenken und Tanzveranstaltungen. Auch ein Schützenkönig musste ermittelt werden. So geschah das auch im Jahre 1946. Das vereinseigene Gewehr musste aber im Schrank bleiben. Da die Franzosen immer noch unser Land besetzt hielten, war jeder Waffenbesitz und -gebrauch verboten. So blieb den Junggesellen nichts anderes übrig, als mit Steinen auf den Vogel zu werfen. Dieser wurde gebastelt und auf einer hohen Stange befestigt. Unter den Klängen der Kapelle Eulenberg begann das Werfen. In meinem Leben ging zwar so mancher Schuss daneben, aber diesen Vogel traf ich. Nach dem Hochlebenlassen des Königs begannen für mich bereits die ersten Schwierigkeiten. Nach altem Brauch wollte ich meine Königin in der Nachbarschaft suchen, doch der Vater meiner Auserwählten winkte ab, weil er keinen Wein im Keller hatte. So landete ich bei einem Bauern im Ort, der selbst Wein anbaute. Meine Königin Elisabeth und ich waren sicherlich ein schönes Schützenpaar. Beim Königszug stand ein nettes Mädchen am Straßenrand und winkte uns fröhlich zu. Es war meine Freundin Maria, die später meine Frau wurde. An diesem Tag war sie zum ersten Mal in Dattenberg. Sie konnte nicht meine Königin werden, weil nach den Statuten des Junggesellenvereins die Schützenkönigin aus Dattenberg sein musste. Wie üblich hielt der Festzug am Elternhaus der Königin, und der ganze Verein war glücklich und feuchtfröhlich. Der Königinnenvater hatte mehr als eine Flasche Wein im Keller. Nach dem Königsball in der Bann endete auch die Kirmes 1946. Mit dem Verbrennen des Kirmesmannes aus Stroh folgte der Kehraus. Obwohl noch einige der Junggesellen in Gefangenschaft waren, trug dieses gelungene Fest mit dazu bei, die schweren Stunden zu vergessen.