Titel Logo
RW-Direkt
Ausgabe 1/2025
Aus der Verwaltung / Ortsgemeinde
Zurück zur vorigen Seite
Zurück zur ersten Seite der aktuellen Ausgabe

Ortsgemeinde Waldbreitbach erhöht widerwillig Grundsteuerhebesatz

Der Ortsgemeinderat der Ortsgemeinde Waldbreitbach hat in seiner Sitzung am 12.12.2024 einstimmig, aber widerwillig beschlossen, den Hebesatz für die Grundsteuer B ab 2025 von bislang 465 auf künftig 705 Prozentpunkte zu erhöhen.

Die Anpassung ist Folge der Grundsteuerreform des Bundes. Im Jahr 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Berechnungsweise des Messbetrages für verfassungswidrig erklärt. Der Bundesgesetzgeber hat daraufhin im Jahr 2019 das Grundsteuer-Reformgesetz verabschiedet und damit eine neue gesetzliche Grundlage für die Ermittlung von Grundstückswerten geschaffen.

Auf Grundlage dieser neuen Bestimmungen haben die Finanzämter alle Grundstücke in Deutschland einer Neubewertung unterzogen. Die neu ermittelten Messbeträge haben die Finanzämter den Grundstückseigentümern im Wege von Messbescheiden mitgeteilt. Die Summe aller Messbeträge ist in Folge der Neubewertung in der Ortsgemeinde Waldbreitbach massiv gesunken. Ohne eine Anpassung des Hebesatzes würden der Ortsgemeinde erhebliche Einnahmen bei der Grundsteuer als einer ihrer wichtigsten Finanzierungsquellen wegbrechen. Den gesetzlich vorgeschriebenen Haushalts-ausgleich könnte die Ortsgemeinde auf diese Weise nicht erreichen. Dies hätte wiederum zur Folge, dass die Kommunalaufsicht die Genehmigung des Haushaltes verweigern müsste und die Ortsgemeinde damit in ihrer Handlungsfähigkeit massiv eingeschränkt wäre.

Bereits jetzt kündigt die Ortsgemeinde an, dass es im Frühjahr nächsten Jahres eine Bürgerversammlung geben wird, in deren Rahmen auch über die Grundsteuerreform und ihre Auswirkungen informiert werden soll. „Uns ist es wichtig, offen und ehrlich mit den Bürgerinnen und Bürgern umzugehen“, erklärt Ortsbürgermeisterin Monika Kukla. „Der Ortsgemeinderat ist sich der Tragweite der von ihm getroffenen Entscheidung bewusst. Wir haben die Entscheidung nicht leichtfertig getroffen, sondern haben sie mehrfach intensiv vorbesprochen und auch im Rat selbst ausgiebig und gewissenhaft diskutiert. Dabei waren wir uns einig darüber, dass die Verantwortlichen für diese Entwicklung nicht in Waldbreitbach, sondern in Mainz und in Berlin sitzen. Natürlich sehen wir uns aber trotzdem in der Pflicht, die Entscheidung und ihre Hintergründe den Bürgerinnen und Bürgern zu erklären.“

„Die Kommunen und ihre Einwohner sind die Leidtragenden der Grundsteuerreform“, erklärt Tim-Jonas Löbeth, Fraktionsvorsitzender der WfW-Fraktion im Ortsgemeinderat. „Durch die Erhöhung des Hebesatzes hat die Ortsgemeinde keinen zusätzlichen Euro in der Kasse. Wenn sich an der Finanzausstattung der Kommunen nichts ändert, den Städten und Gemeinden vom Bund und vom Land also immer mehr Aufgaben ohne adäquaten finanziellen Ausgleich aufgebürdet werden, dann wird auch der erhöhte Hebesatz nicht das Ende der Fahnenstange sein können – darüber ist sich der gesamte Ortsgemeinderat im Klaren. Der Griff in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger ist für uns im Ortsgemeinderat immer nur allerletztes Mittel. Wir versuchen grundsätzlich, finanzielle Mehrbelastungen der Gemeinde durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren, aber schon heute ist unser Haushalt mit heißer Nadel gestrickt und gerade so ausgeglichen. Wir haben nahezu keine finanziellen Spielräume mehr, da ein Großteil unserer Mittel für Pflichtaufgaben aufgewendet wird.“

„Besonders ärgerlich“, sagt Guido Eulenbach, Fraktionsvorsitzender der CDU-Fraktion im Ortsgemeinderat, „ist, dass den Bürgerinnen und Bürgern durch das von der Bundespolitik gegebene Versprechen einer aufkommensneutralen Reform der falsche Eindruck vermittelt wurde, sie würden durch die Neuregelung der Grundsteuer nicht zusätzlich belastet werden. Aufkommensneutralität bedeutet aber lediglich, dass sich die Gesamtbelastung aller Bürgerinnen und Bürger nicht ändert, die Gemeinde durch die Reform also weder ärmer, noch reicher wird. Die Aufkommensneutralität ist aber nicht gleichzusetzen mit der Belastungsneutralität für den Einzelnen. Es gibt Grundstückseigentümer, die nun viel mehr zahlen müssen und es gibt Eigentümer, die günstiger davonkommen. Die Auswirkungen dieser Reform auf den einzelnen Bürger sind extrem unterschiedlich. Unstreitig gibt es somit Fälle, in denen einzelne Bürgerinnen und Bürger eine extreme Mehrbelastung tragen müssen.“