Der Vortrag lockte viele Besucher in das Gasthaus.
Rund 45 Zuhörer kamen am Donnerstagabend ins Unkeler Weinhaus „Die Traube“ zum Vortrag des Stadtarchivars Wilfried Meitzner über den Bürgermeister Josef Decku.
Meitzner erinnerte an die rabiate Machtübernahme der Nationalsozialisten auch auf kommunaler Ebene. Deckus Schicksal sei dafür ein wichtiges Beispiel, das nicht vergessen werden dürfe. „Er hat sich bleibende Verdienste um unsere Stadt erworben. Es wäre an der Zeit, dass dies auch öffentlich sichtbar geehrt würde.“ Decku war Mitglied der Zentrumspartei und wurde 1919 Amtsbürgermeister von Unkel „auf Lebenszeit“. Zuvor diente er unter Konrad Adenauer in der Kölner Stadtverwaltung. Unmittelbar nach dem Ende des Ersten Weltkrieges stand er vor großen Herausforderungen. Unkel hatte 47 Väter und Ernährer auf dem Schlachtfeld verloren, andere waren in Kriegsgefangenschaft oder versehrt aus dem Krieg zurückgekommen. Viele Familien waren verarmt und unterernährt und die spanische Grippe grassierte. Zur Jahreswende 1919-20 mussten die Menschen außerdem mit einer Jahrhundertflut des Rheins fertig werden, die Wohnraum und Lebensmittelreserven vernichtete. In dieser Lage erweis sich Decku als umsichtiger und effektiver Krisenmanager. Er trieb nicht nur Geld, vor allem aus privaten Quellen auf, um die größte Not zu lindern. Zusammen mit dem Hauptlehrer der Stadt, Peter Josef Wies, und dem Pfarrer Gregor Schwamborn, sorgte er dafür, dass die Menschen die Hoffnung nicht verloren und die richtigen Lehren zum Beispiel aus den Flutereignissen der Jahre 1919-20, 1924 und 1925-26 zogen. Decku nahm wichtige Weichenstellungen vor, die die Verbandsgemeinde Unkel bis heute prägen. Meitzner stellte diese Erfolge Deckus in den Zusammenhang der schwierigen Verhältnisse der Weimarer Republik - der Inflation und der Währungsreform, der französischen Besatzung und dem Erstarken der nationalen und nationalsozialistischen Kräfte. So wurde Decku 1923 von den Franzosen vorübergehend festgenommen und später aus der besetzten Zone ausgewiesen. Das schützte ihn nicht davor, ins Fadenkreuz der Nationalsozialisten zu geraten. Sie hatten den Zentrumspolitiker schon lange vor der Machtergreifung als Gegner ausgemacht. 1933 war Decku einer der ersten Amtsträger, den sie versuchten, aus dem Amt zu drängen. Meitzner zeigte anschaulich, wie die NSDAP dabei vorging, wie die Machtergreifung in Berlin auch in Unkel umgesetzt wurde, wie sich die Wirtschaft aber auch ehrenwerte Bürger dem braunen Trend anschlossen - nicht zuletzt indem sie die alten Parteien selbst auflösten. Der Stadtarchivar analysiert auch, welche Gesetze dabei eingesetzt wurden, welche Rolle die NSDAP und ihre Organisationen spielten, welche falschen Anschuldigungen fabriziert und wie sie, auch von der Presse, verbreitet wurden. „Man warf ihm Verschwendung und Begünstigung vor, indem Vorgänge grotesk und bösartig verdreht wurden.“ Fake-News gab es schon damals.