Am 07. Februar 2024 fand der traditionelle Agrartag in Rettert statt, dies ist eine Gemeinschaftsveranstaltung des landwirtschaftlichen Vereins Rhein-Lahn und der Züchtervereinigung Koblenz e.V. Nach der Begrüßung durch den Vorsitzenden Heiko Weber fanden anschließend die Vereinsregularien statt. Die Veranstaltung wurde mit zwei Fachvorträgen ausgeschmückt.
Zum ersten Vortrag konnten wir Herrn Tobias Hofmann von der Landwirtschaftskammer RLP zum Thema „Investitionsförderung im Rahmen des GAP- Strategieplans“ gewinnen.
In seinem Vortrag wurde die Förderberatung der Kammer vorgestellt. Anschließend wurde auf die Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte eingegangen. Mit diesem Programm können Junglandwirte bis 40 Jahre und erstmaliger Niederlassen gefördert werden. Ziel der Maßnahme ist es das „Höfesterben“ zu verlangsamt und der jungen Generation eine Zukunftsperspektive zu ermöglichen. Auf der anderen Seite sind die Fördervoraussetzungen sehr umfangreich, so muss z.B. der Junglandwirt neben einer Ausbildung mindestens 2.100 Stunden/ Jahr im Betrieb arbeiten und diese Tätigkeit über mehrere Jahre nachweisen können. Vergleicht man dies mit einem Arbeitnehmer (40 Stundenwoche, 30 Tage Urlaub, 20 Krankheitstag/Feiertage) so kommt dieser auf ca. 1.700 Stunden im Jahr.
Im weiteren Verlauf wurde auf die Förderung von Investitionen eingegangen. Hierunter fallen z.B. das Fördern von baulichen Anlagen, Maschinen der Innen-, Außenwirtschaft, technische Anlagen, etc. Neben den zahlreichen Voraussetzungen müssen bei den Maßnahmen höhere Standards (z. B. Tierwohl, Umweltaspekte) eingehalten werden als der Gesetzesgeber bislang fordert. Abschließend wurde der Ablauf des Förderverfahren dargestellt und mögliche Ausschlusskriterien angesprochen.
Zum zweiten Vortrag konnten wir Herrn Nils Töpperwien von der Landwirtschaftskammer RLP zum Thema „Betriebswirtschaftliches Beratungsangebot der Landwirtschaftskammer“ gewinnen. Das Angebot ist recht vielfältig. Dies umfasst im Kern:
| - | Detaillierte betriebswirtschaftliche Analyse des bestehenden Betriebes, |
| - | Betriebszweiganalyse, |
| - | Betriebswirtschaftliche Begleitung des Betriebszweiges, |
| - | Liquiditäts- und Finanzierungsplanung, |
| - | Betriebsplanung, |
| - | Analyse von Vermarktungsmöglichkeiten, |
| - | Erstellung verschiedener Einzelauswertungen. |
Mit der Maßnahme möchte man erreichen, dass dem Betriebsleiter ein neutraler Gesprächspartner zur Seite steht, der fachlich fundierte Lösungsvorschläge vorbringt u.a. durch Einbeziehung und Zusammenarbeit mit verschiedenen Einrichtungen.
Zum Abschluss der Beratung erhält der Betriebsleiter dann eine betriebswirtschaftliche Auswertung und Wirtschaftlichkeitsberechnungen und ein strukturiertes Beratungsprotokoll.
Darüber hinaus wird auch Unterstützung im Hinblick auf Bankgespräche/ Finanzierungsgespräche bereitgestellt. Sind die Fördervoraussetzungen erfüllt, so kann diese Beratung mit bis zu 80% gefördert werden.
Am Nachmittag standen die Milchvieh- und Rinderhalter des Rhein-Lahn-Kreises im Mittelpunkt. In der Milchleistungsprüfung und in der organisierten Fleischrinderhaltung sind sechs Betriebe aus dem Kreis im Jahr 2023 ausgeschieden. Somit gibt es noch 43 aktive, organisierte Betriebe. Im vergangenen Jahr sind für die Landwirte die Erzeugerpreise auf breiter Front rückläufig. Die steigenden Energiekosten und die unsichere Energieversorgung, durch den Ukraine-Konflikt hatten alle Kosten im Jahr 2022 explodieren lassen. Die Erzeugerpreise zogen langsam im Jahr 2022 nach und gaben im Jahr 2023 schnell wieder nach. Was jedoch der Verbraucher im Einzelhandel nicht zu spüren bekommt. Im Einzelhandel bleibt der Preis für Nahrungsmittel weiterhin auf einem hohen Niveau, gegenüber den Vorjahren. Die deutschen Bürger haben dennoch, gemessen an ihrem Einkommen, weiterhin die preisgünstigsten Lebensmittel auf der Welt. Die nachgebenden Erzeugerpreise, die steigenden Auflagen, die Planungsunsicherheit in der Landwirtschaft haben dazu geführt, dass immer weniger Investitionen in der Landwirtschaft getätigt werden.
Unsere Milchviehbetriebe im Kreis sind, mit 68 Milchkühen je Betrieb, die kleinsten Betriebe in Rheinland-Pfalz. Die Kühe unter Milchleistungsprüfung (2.652 Kühe) haben im Durchschnitt 2023 9.274 kg Milch mit 4,08 % Fett und 3,40 % Eiweiß gegeben. Die Anzahl der Dauerleistungskühe, mit über 100.000 kg Milchlebensleistung, ist weiter auf 13 Kühe gestiegen. Mit diesen erzielten Milchleistungen liegen die Betriebe über dem Landesdurchschnitt. Die Leistung hat sich gerade in den Betrieben gesteigert, wo die Kühe in modernen, geräumigen Kuhställen mit viel Komfort stehen. Fühlt sich die Kuh wohl, dankt sie es einem mit einer hohen Lebenserwartung und einer einhergehenden Milchleistung.
Heute werden die heimischen Kühe mit regionalem Futter, Gras, genauer gesagt Grassilage, Maissilage und Nebenprodukten der Rapsölproduktion, dem Rapsextraktionsschrot gefüttert. Damit weist die heimische Milch einen geschlossenen Nährstoffkreislauf auf, mit einer hohen Effektivität. Deutschland gehört zu den begünstigten Regionen der Welt, wo Milch umweltschonend erzeugt werden kann, oder haben sie schon im Kreis eine Beregnungsanlage gesehen?
Ein besonders effektiver Betrieb im Kreis ist der Betrieb von Roger und Marcel Crecelius GbR in Miehlen. Weitere Betriebe sind ebenfalls für eine hohe Effektivität und Öffentlichkeitsarbeit für das Jahr 2023 mit Kammerpreismünzen ausgezeichnet worden. Dabei erhielt David Römer, Endlichhofen für hohe Effektivität und die Holstein GbR, Hof Meisenheck, Bogel die begehrten Auszeichnungen für den Tag der offenen Tür. Den Tag der offenen Tür organisierte die junge, hoch motivierte Landjugendgruppe Rhein-Lahn. Es ist notwendig, dass die Landwirte ihre Höfe öffnen und die Verbraucher mitnehmen, wie Grundnahrungsmittel erzeugt werden. Dabei hat sich in den vergangenen Jahren viel zum Positiven im Ackerbau und Tierhaltung verändert. Dass über den Tellerrand schauen notwendig ist, sollten gerade unsere jungen Landwirte nutzen.
Diese Gelegenheit nahm auch Nadja Weber, Holzhausen, wahr. Sie war im Jahr 2022 Teilnehmerin des landwirtschaftlichen Top Kurs der Andreas-Hermes-Akademie in Bonn. Dieser Kurs findet im Winter über knapp drei Monate statt, wo junge Landwirte sich aus ganz Deutschland treffen und für die Vertretung des Berufsstandes fortgebildet werden. In diesen Monaten stand auch eine zehntägige Fahrt nach Äthiopien mit auf dem Programm. Von dieser Fahrt und den Eindrücken berichtete sie am Agrartag. Nach einer langen halbjährigen Vorbereitungszeit, mehreren Impfungen, tägliche Einnahme von Malariapräparaten während der Fahrt, machte sich die 22-köpfige Gruppe nach Addis Abeba auf. Angekommen wurde jeder Teilnehmer beauftragt, 2 Fragen während der Reise mit äthiopischen Partnern zu bearbeiten. Bei der Rundreise standen unterschiedliche Betriebe auf dem Programm. Ein Milchviehbetrieb, Besuch einer landwirtschaftlichen Fachschule, Zuckerrohrfarm, Weinbaubetrieb, Kaffee Plantagen, Besuch von Kleinstfarmen, Diskussionen mit Lodge-Betreiber, Besuch Kaffee-Kooperationen und deren Kaffee-Vermarktung, Bootsfahrt auf dem Lake Chamo mit Kontakt zu den gefährlichen Flusspferden und riesigen Krokodilen. Besuch von einer Seidenraupenfarm. Nach dem Besuch der Betriebe stand der Austausch mit Entwicklungshelfern und Projektleitern im Mittelpunkt. Eine besondere Erfahrung für Nadja Weber war, als blonde und hellhäutige Frau dort unterwegs zu sein. Ständig wurde sie angestarrt. Jeder versuchte, ihr blondes Haar zu fühlen. Ohne Geleitschutz ist es fast unmöglich, sich dort sicher zu bewegen. Es war ein besonderes Erlebnis, dieses weite Land ohne große Infrastruktur, mit der zum Teil einfachen Landwirtschaft zu erleben.