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Bad Ems-Nassau aktuell Ausgabe Bad Ems
Ausgabe 21/2025
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Feld- und Wegränder – Pflege steht an

Maßnahmen zum ganzjährigen Insektenschutz sollen eine vielfältige Kulturlandschaft mit ausreichend Lebensraum und Nahrungsangebot in den warmen Monaten und gleichzeitig entsprechende Überwinterungsmöglichkeiten im Winter fördern. Eine Pflege der Feldwegeränder ist im Einklang mit den Bedürfnissen der Landwirtschaft möglich und sinnvoll.

Im Winter sind bei niedrigen Temperaturen, Nässe oder auch Frost viele Insekten nicht zu sehen. Sie sind aber trotzdem vorhanden. Sie suchen Schutz in oder an bodennahen Wurzelbereichen, Spreuschichten von Hecken, Blühstreifen oder Mulchsaatflächen. Für Marienkäfer sind z.B. Gebäude eine willkommene Deckung. Andere überwintern an Stängeln von Altgras oder krautigen Strukturen bis hin zu Brombeeren. Die Überwinterung erfolgt artspezifisch als Ei, Larve oder Puppe. Die Überwinterung als erwachsenes Insekt ist die Ausnahme aber in einigen Fällen möglich. Blattläuse können bis -10°C kurzzeitig in Wurzelbereichen überleben. Einige Solitärbienen z.B. Keulhornbienen- oder Mauerbienenarten und andere Insekten können die Bewohner von z.B. Brombeeren oder verholzten Stängeln sein und diese zur Überwinterung nutzen. Brombeeren oder Himbeeren sind sehr wüchsig. Sie sollten allerdings erst ab März bzw. April zurückgedrängt werden. Wenn möglich im jährlichen Wechsel. Ähnliches gilt für Altgrashalme, auch an ihnen Überwintern Insekten als Ei oder Puppe.

Gleichzeitig muss das Nahrungsangebot im Sommer ausreichend und vielfältig sein. Gerade bedrohte Arten wie z.B. viele Schmetterlingsraupen und Heuschrecken fressen gerne Gräser. Manche Grashüpfer(Grillen)-Arten fressen sogar ausschließlich Gräser. In Regionen mit ackerbaulicher Landnutzung bilden allerdings die Gräser oft die nahezu ausschließliche oder zumindest prägende Randvegetation von Feldern (Wegränder). Besonders in den Lagen die aufgrund ihrer guten Böden eine natürliche hohe Fruchtbarkeit haben. Vereinzelte Stilllegungen, Blühstreifen und auch das gezielte Bewirtschaften der Wegränder können die Vielfalt fördern und wichtige Vernetzungsstrukturen bilden. Ohne Pflege neigen sie schnell zur Vergrasung oder werden von anderen Platzräubern erobert. Aktuell ist wegen des überwiegend milden Winters die Vegetation recht weit fortgeschritten. Die Trockenheit und die häufigen Nacht- bzw. Wechselfröste (bis etwa Ostern) haben dies nicht ausgeglichen. Insbesondere Feldwegeränder auf denen praktisch keine Ei-Gelege von Feldvögeln bzw. Kleinsäuger zu erwarten sind, können aufgewertet werden indem man bereits jetzt (Ende Mai - Anfang Juni) ein Aussamen der Gräser verhindert und gleichzeitig Raum schafft um Bodendecker zu fördern. In aller Regel stellt sich bereits wenige Tage nach dem Mahd- oder Mulchgang die Blüte dieser Pflanzen ein. Die Bedeutung sporadisch vorhandener Bodendecker wie Weißklee-Arten, Ehrenpreisarten und Taubnesselarten sollte gerade für Wildbienen nicht unterschätzt werden. Alleine der Weißklee wird von 41 Wildbienenarten besucht. Weißklee kann sehr lange blühen. Aufgrund der frühen Vegetation kann mindestens ein zweiter, eventuell ein dritter Durchgang erforderlich sein. Bei Ansaaten mit Regio-Saatgut werden ebenfalls drei Durchgänge empfohlen.

Feldwegeränder sollten nicht zu „Rasen“ gemacht werden. Nährstoffsatte und/oder mesophile Säume sollten wie oben beschrieben gepflegt werden. Weniger durchsetzungsfähige Arten profitieren von diesen Maßnahmen in aller Regel unmittelbar und tragen zur Erhöhung des Blütenangebotes bei. Aus landwirtschaftlicher Sicht kann gleichzeitig das Einwachsen schwer bekämpfbarer Ungräser und Unkräuter wirksam gemindert werden und der Übertragung toxinbildender Krankheiten (Mutterkorn, Steinbrand) entgegengewirkt werden. Die Pflege sollte nicht überall gleichzeitig erfolgen, sondern beispielsweise im Wochenwechsel von Seite zu Seite bzw. Abschnittsweise. Die Fahrgeschwindigkeit sollte gering (4-6 km/h) sein, wenn technisch möglich sollte die Schnitthöhe mind. 10-15 cm betragen. Breitere bzw. flächige Strukturen eignen sich je nach den vorkommenden Pflanzenarten ebenfalls für eine frühe Mahd (bis Mitte Juni) gefolgt von einer längeren Mahdpause bis etwa August oder September. Exemplarisch sei der Wiesenknopf-Ameisenbläuling, das Ampfer Grünwidderchen (keine Folgemahd, überwintert bis Mai in Sauerampfer, Flockenblumen usw.) und der Große Feuerfalter genannt. Diese Schmetterlinge profitieren allesamt von einer Frühsommermahd, wenn entsprechende Kräuter vorhanden sind bzw. diese gefördert werden.

Das Abfahren des Mähgutes ist sinnvoll, um gleichzeitig einen gewissen Nährstoffentzug (Stickstoff) und damit eine langfristige Erhöhung der Biodiversität zu erreichen. Stickstoff befindet sich praktisch ausschließlich im Eiweiß der Pflanzen (16 Gewichtsprozent), die Abfuhr muss daher im Frühsommer erfolgen. Im Herbst und Winter enthalten die Altpflanzen praktisch keinen Stickstoff. Darüber hinaus macht die Maßnahme nur Sinn, wenn es sich um breitere Strukturen handelt (Feldraine, mindestens 5 bis 8 m) da ansonsten aus physikalischen Gründen keine Ausmagerung zu erwarten ist. Da pflanzenverfügbarer Stickstoff sich als Nitrat mit dem Wasser bewegt, kann eine wirksame Ausmagerung nur auf größeren Flächen wirksam erfolgen.

Die Frage der Technik erscheint vor dem Hintergrund der Lebensraumgestaltung als zweitrangig. Die weitaus größere Bedeutung für den Artenschutz hat die erforderliche Lebensraumgestaltung, ohne diese ist kein Artenschutz möglich. Eine Mahd und gegebenenfalls ein Abtransport zur falschen Zeit, kann für entsprechende Arten weitaus dramatischer sein als ein Mulchgang zur richtigen Zeit, wenn dadurch günstige Voraussetzungen geschaffen werden. Besonderes bei eher schmalen Strukturen (Wegeränder) kann ein Mulchen zu einer schnelleren Rotte führen und schneller Raum für Bodendecker bereitstellen (Induktion des Blütenangebotes).

Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Westerwald-Osteifel,
Gruppe Pflanzenbau und Fachzentrum Bienen und Imkerei