Gedenkveranstaltung an der Stele zur ehemaligen Synagoge in Nassau
Von Achim Steinhäuser
NASSAU. Bundesweit gedachte man der Opfer der Novemberpogrome, die 1938 in der Nacht vom 9. auf den 10. November von Nationalsozialisten gegen die jüdische Bevölkerung verübt wurden. Synagogen wurden in Brand gesteckt, Geschäfte und Wohnungen geplündert und zerstört, hunderte jüdische Bürgerinnen und Bürger misshandelt und ermordet. So auch am Vormittag des 10. November 1938, an dem die reichsweiten Pogrome auch die Stadt Nassau erreichte.
Anlässlich des Jahrestages der Novemberpogrome vor 87 Jahren lud die Stadt Nassau, gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern der jüdischen Gemeinschaft, der katholischen und evangelischen Kirche, dem Beirat für Migration und Integration sowie dem Geschichtsverein Nassau zu einer Gedenkveranstaltung an der Stele im Obertal - wo einst die Synagoge stand - ein, um dieses dunkle Kapitel unserer Geschichte nie zu vergessen und die Erinnerung an die Betroffenen zu achten. Insgesamt wurden in der Zeit des NS-Terrorregimes mehr als sechs Millionen Menschen in den KZs ermordet. Mit der Stele im Nassauer Obertal möchte man täglich an die Strukturen und Mechanismen von Verfolgung, Ausgrenzung, Herabwürdigung von Menschen in den Gewaltregimen des 20. Jahrhunderts erinnern.
Nach der Gedenkrede von Stadtbürgermeister Manuel Liguori, sowie dem jüdischen Gebetstext Kaddisch Jatom durch Elias Dorr, dem Vorlesen der hebräischen Inschrift der Stele im Obertal durch Odelia Lazar, der Rede „Stolpersteine als Erinnerungskultur“ durch Ulrike Weiwad-Klenk, sowie dem jüdisches Totengebet „El male Rachamim“ durch Elias Dorr, wurde Steine an der Stele niedergelegt. Danach führte ein Gedenkgang mit Innehalten an einzelnen Stolpersteinen statt, an denen der Vorsitzende des Geschichtsvereins Nassau, Herbert Baum, und Konfirmanden, die vorbereiteten Kurzbiografien am jeweiligen Stolperstein vorlasen. Im Anschluss fand eine ökumenische Andacht in der Johanneskirche statt. Musikalisch wurde die Gedenkfeier von Odelia Lazar und Michael Wienecke begleitet.
Auch wenn wir jedes Jahr auf die Reichspogromnacht und die nationalsozialistische Diktatur zurückschauen, so entfernen wir uns immer weiter weg von diesem dunkelsten Kapitel unserer Geschichte. Denn die Stimmen der Zeitzeuginnen und Zeitzeugen verstummen. Die letzten Täterinnen und Täter können kaum mehr zur Verantwortung gezogen werden. Und doch ist die verbrecherische Geschichte nicht abgeschlossen, beendet und vergessen. Im Gegenteil: Als Gesellschaft sind wir heute mehr denn je gefragt, uns klar und deutlich gegen jeglichen neuen Rechtsextremismus und Antisemitismus zu bekennen. Denn aus der Verantwortung der Vergangenheit heraus haben wir Sorge zu tragen, für neue Formen des solidarischen Zusammenlebens.