Ursachen und Folgen des Klimawandels sind hochkomplex und keineswegs vollständig erforscht. Sicher ist allerdings schon heute, dass die lokalen und globalen Klimaänderungen mit Gewinnern und Verlierern einhergehen. Im letzten Monat hatten wir einige Gewinner vorgestellt, heute geht es um Verlierer in der heimischen Flora und Fauna. Allgemein gesagt handelt es sich bei ihnen um Arten, die an trockene, kalte Winter, an feuchte, gemäßigte Sommer sowie an die entsprechende Biozönose angepasst sind.
Es sind mit anderen Worten Spezialisten der paläarktischen Klimazone, zu der Deutschland derzeit immer noch zählt. Viele der Verliererarten sind dabei typisch für die rauhen, kühl-feuchten Gebirgsregionen oder auch für solche Lebensräume, die nur wenig Wasser speichern können. Kleinräumig handelt es sich dabei Trockenstandorte wie Felswände, Lössabbrüche, Kiesgruben und Wegränder, großräumig sind Karstlandschaften oder der Märkische Sand zu nennen. Sie werden durch anhaltende Dürre und Wind zu vegetationsarmen Wüstenstandorten. Aber ebenso sind Lebensräume mit hohem Feuchtigkeitsangebot betroffen, darunter vor allem Moore und Feuchtgebiete. Hier sind die Artenverluste durch Austrocknen dramatisch. Doch auch schattige Waldstandorte vertrocknen und verlieren dadurch ihre typischen Pflanzengesellschaften und die mit ihnen lebenden Tiere. Die Hummel zum Beispiel: Alpine Standorte gibt es nicht nur in den Alpen, sondern auch z.B. in Mittelgebirgen wie Schwarzwald, Harz, Bayrischer Wald und Erzgebirge. Sie verlagern sich durch den Klimawandel in höhere Berglagen. Alpine Standorte bevorzugen die kälteliebenden und feuchteresistenten Hummeln, die bereits Honig sammeln und Pflanzen bestäuben, wenn andere Insekten noch nicht fliegen. Bei zunehmender Wärme verschieben sich ihre wertvollsten Habitate immer weiter in Richtung Gipfel, wo einerseits die Habitatfläche, der Pflanzenbewuchs und damit die Nahrungsmenge sinkt und andererseits die Gefahr durch genetische Verarmung steigt, weil benachbarte Populationen auf anderen Gipfelhängen leben und nicht mehr erreichbar sind.
Die Abwanderung der Hummeln aus den tieferen Lagen ist direkt messbar als Verlust an Bestäuberleistung und damit an physischem Ertrag unserer Nutzpflanzen. Verlierer der Klimaerwärmung unter den Tieren sind Vögel wie Auerhuhn, Birkhuhn, Schneehuhn, Kuckuck, Nachtigall, Gartenrotschwanz, Trauerschnäpper, Schneeammer und Trottellumme, Schmetterlinge wie Großer Eisvogel, Großer Feuerfalter und Moorbläuling, Libellen wie Moosjungfer und Alpen-Mosaikjungfer. Im Wasser sind Miesmuschel und Dorsch gefährdet, im Hochgebirge Gämse und Murmeltier. Unter den Pflanzenarten bedroht der Klimawandel z.B. Edelweiß, Eisenhut, Sonnentau, Torfmoose, Moorbirke, Schwanenblume, Schaumkresse, Bachnieswurz und Schwarze Nieswurz (Christrose), aber auch wirtschaftlich bedeutende Arten wie Heidelbeere, Fichte, Tanne sowie Weißweine wie den Riesling an Rhein und Mosel. Manche der Verliererarten werden nur regional verlorengehen, aber wenigstens in anderen Gebieten überleben, wenn ihnen die Wanderung in verbleibende oder neue Habitate gelingen sollte.
Doch für andere Verliererarten wie die Langstreckenzieher unter den Vögeln, deren Zugrouten durch die wachsende Sahara zu weit und kräftezehrend werden, sind die Aussichten düster - der Kuckuck zählt dazu. Auch die Spezialisten der Moore und Alpinregionen haben schlechte Chancen. Vielleicht sind wir die Letzten, die sie noch erleben. Gleichwohl bietet ein an den Klimawandel angepasster Naturschutz auch Optionen.
Darum soll es im nächsten Beitrag gehen. Weitere Infos zu Umwelt und Natur erhalten Sie über www.naburheinlahn.de.