Otto Wels (Foto: gemeinfrei)
Otto-Wels-Straße in Niederlahnstein (Foto: Bernd Geil / Stadtverwaltung Lahnstein)
Seit 1990 gibt es in Lahnstein die Otto-Wels-Straße. Benannt ist sie nach dem am 15. September 1873 in Berlin geborenen SPD-Politiker und langjährigen Parteivorsitzenden Otto Wels.
Wels, Sohn eines Gastwirts, trat 1891 in die SPD ein und begann gleichzeitig eine Lehre als Tapezierer. 1906 wurde er für den Verband der Tapezierer gewerkschaftlich aktiv und begann, sich politisch zu engagieren. Von 1912 bis 1918 war er Abgeordneter des Reichstags des Deutschen Kaiserreichs, von 1919 bis 1920 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung und von 1920 bis 1933 Abgeordneter des Reichstags der Weimarer Republik, zugleich ab 1919 Vorsitzender seiner Partei, zunächst zusammen mit Hermann Müller.
Nach der Machtübernahme der NSDAP am 30. Januar 1933, der Reichstagswahl am 5. März 1933 und der ersten Verhaftungswelle war es Wels selbst, der am 23. März 1933 für die SPD die Ablehnung des Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich („Ermächtigungsgesetz“) begründete und damit eine klare Absage an den Nationalsozialismus erteilte. In dieser letzten freien Rede im Deutschen Reichstag sagte er: „Wir Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde zu den Grundsätzen der Menschlichkeit, der Freiheit und des Sozialismus […] Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht.“ Gegen das Gesetz stimmten trotz drohender Verfolgung 94 der 120 SPD-Abgeordneten. Ihre fehlenden 26 Genossen waren bereits verhaftet oder auf der Flucht. Das Ermächtigungsgesetz wurde mit den Stimmen der NSDAP, der Deutschnationalen Volkspartei, des Zentrums, der Deutschen Staatspartei und der Bayerischen Volkspartei angenommen. Damit wurde der Reichsregierung die Möglichkeit eingeräumt, ohne die Zustimmung von Reichstag und Reichsrat und ohne Gegenzeichnung des Präsidenten Gesetze zu erlassen, die von der Weimarer Verfassung abwichen, und für Adolf Hitler wurde der Weg zur Errichtung einer totalitären Gewaltherrschaft frei.
Da die Sozialdemokratie nach der nationalsozialistischen Machtergreifung die Selbstauflösung verweigerte, wurde die Partei verboten. Verhaftungen von Mitgliedern und zahlreiche Hausdurchsuchungen folgten. Auf Beschluss der Parteiführung ging Otto Wels zunächst ins Saarland und später nach Prag, um die Exilorganisation der SPD aufzubauen und zu leiten. 1938 verlegte die SPD ihr Exil nach Paris, wo Wels am 16. September 1939 verstarb.
Otto Wels Rede war das letzte öffentliche Bekenntnis zur Demokratie in Deutschland. Dies würdigte der Lahnsteiner Stadtrat am 22. Januar 1990 mit der Straßenbenennung im Baugebiet Kleine Hohl.