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Rhein-Lahn-Kurier - Heimat- u Bürgerzeitung für die Stadt Lahnstein
Ausgabe 7/2024
Lahnstein hat Geschichte
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Folge 788: Vor 10 Jahren verließen die Arnsteiner Patres das Rhein-Lahn-Eck

Ohne die Arnsteiner Patres gäbe es heute kein Johannesgymnasium. (Foto: Eva Dreiser / Stadtverwaltung Lahnstein)

Auf dem Friedhof hinter dem Johanniskloster liegen die hier verstorbenen Patres begraben. (Foto: Bernd Geil / Stadtverwaltung Lahnstein)

94 Jahre war das Johanniskloster ihr Zuhause

Der im heutigen Belgien gegründete Orden vom Heiligsten Herzen Jesu und Mariens SSCC gründete nach dem Ersten Weltkrieg sein erstes deutsches Haus im ehemaligen Prämonstratenserkloster Arnstein an der Lahn. 1920 verlegten die Patres ihre Missionsschule aus dem holländischen Simpelveld nach Niederlahnstein in das Johanniskloster, das die Benediktinerinnen von der ewigen Anbetung 1906 erbaut und 1919 verlassen hatten.

Der Unterrichtsbetrieb der Arnsteiner Patres begann am 29. November 1920, die offizielle Einweihung fand am 16. Dezember 1920 statt. Das Innere des Hauses erfuhr für die Schaffung der Schul- und Internatsräume eine völlige Umgestaltung. In den Folgejahren wuchs die Schülerzahl auf 191 (1936). Insgesamt 169 Schüler traten bis 1939 als Novizen der Genossenschaft bei. Da die Schule nicht staatlich anerkannt war, wechselten jährlich einige Primaner auf das Gymnasium in Oberlahnstein, um dort ihr Abitur zu machen.

Als in der NS-Zeit alle Gymnasien in Oberschulen mit Englisch als erster Fremdsprache umgewandelt wurden, lösten die Patres 1938 ihre Schule im Vorgriff auf Zwangsmaßnahmen selbst auf. Nach dem Einmarsch der Amerikaner und dem Kriegsende Ende März 1945 öffneten die Patres ihre Schule wieder und nahmen jetzt - in Erweiterung ihrer ursprünglichen Zielsetzung einer Missionsschule - alle Jungen auf, die sich mit der christlichen Ausrichtung der Schule einverstanden erklärten. Eine Fusion mit dem Gymnasium in Oberlahnstein war angedacht, wurde aber fallen gelassen. Das „Realgymnasium Oberlahnstein“ wurde neusprachlich, das Johannesgymnasium blieb altsprachlich. Mit dem ersten Abitur am 09. März 1955 erfolgte die volle staatliche Anerkennung. Am 24. Juli 1951 erfolgte die Grundsteinlegung für ein neues Schulgebäude neben dem Kloster. Der Neubau wurde 1955 vom Limburger Bischof eingeweiht. Ostern 1958 richten die Patres ein Aufbaugymnasium ein. Dieser Zweig endete, als seit 1972 auch Englisch als erste Fremdsprache gewählt werden konnte. Zur Intensivierung der sportlichen Schwerpunktsetzung wurden die Außensportanlagen ausgebaut und 1966 eine neue Turnhalle eingeweiht. 1970 kam ein neues Unterrichtsgebäude hinzu.

Für die Internatsschüler wurden 1963/64 die Häuser Damian und Sebastian errichtet. Da die Zahl der Internen allmählich abnahm, wurde der Internatsbetrieb 1990 eingestellt. Die ersten Mädchen fanden 1988 Aufnahme (als Fünftklässler seit 1991). Heute besuchen über 900 Schülerinnen und Schüler das „Johnny“.

Um die finanzielle und personelle Zukunft der Schule zu sichern, wurde sie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Aktionäre der Johannesgymnasium GmbH waren zu gleichen Teilen der Orden und das Bistum Limburg. Im Jahr 2006 musste der Orden sein finanzielles Engagement für die Schule ganz zurückfahren: Wegen ihrer geschrumpften Anzahl an Mitgliedern verkaufte die Ordensgemeinschaft das Johanniskloster und übergab die Schulträgerschaft an die St.-Hildegard-Schulgesellschaft des Bistums Limburg. Die verbliebenen Patres zogen am 01. Juli 2006 in das Haus Damian, das in den 1990ern zu einem Exerzitienhaus bzw. einer Tagungsstätte umgewandelt worden war. Bis 2008 wurden auch die Schulleiter vom Orden gestellt. Dies waren seit Kriegsende: P. Pankratius Freise SSCC (1948-1952), P. Arthur Antpöhler SSCC (1953-1972), P. Lothar Ingmanns SSCC (1972-1996) und P. Alfred Bell SCC (1996-2008).

Hervorzuheben ist das Engagement der Schule in der Leprahilfe und zur Friedensarbeit in Europa: Seit 1954 besteht eine Partnerschaft mit dem Bischöflichen Collège St. Etienne in Chalons-sur-Marne, eine der frühesten deutsch-französischen Schulpartnerschaften überhaupt. Hierbei engagierte sich besonders Pater Richard Ott (1919-2008). Ott war zugleich Initiator der Lahnsteiner Aktionsgruppe des DAHW (Deutsche Lepra- und Tuberkulosehilfe) und sah sich in der Nachfolge seines inzwischen heiliggesprochenen Ordensbruders Pater Damian de Veuster (1840 -1889) verpflichtet. Auch Pater Konrad Kusenbach hat sich in der Leprarbeit sehr verdient gemacht.

Von 1995 bis 2011 wurde die Seelsorge der Pfarrei St. Barbara von den Arnsteiner Patres übernommen, zunächst von Pater Superior Ernst Schmitt, seit 2004 von Pater Wolfgang Jungheim. Auch die Krankenhausseelsorge lag seit 1962 (51 Jahre!) in der Hand der Patres, zuletzt von Pater Catrein. Erwähnenswert ist auch die Schulseelsorge am Johannesgymnasium unter P. Ernst Karbach, ebenso die Arbeit an Behinderten, Flüchtlingen und der Jugendaustausch mit Peje (Kosovo), wo P. Jungheim eine maßgebende Rolle spielte.

Auf dem Friedhof hinter dem Johanniskloster haben alle in Lahnstein wirkenden Patres und Brüder, die in den Jahren 1925 bis 2005 verstarben, ihre letzte Ruhestätte gefunden. Einer von ihnen war Pater Urban Koch, der von 1958/59 bis 1984/85 als Ordenslehrer für Bildende Kunst und katholische Religion am Johannesgymnasium tätig war und viele Kunstwerke geschaffen hat, unter anderem den Farbenturm auf dem Schulhof und den „Rhein-Lahn-Fries“.

Im Februar 2014, also vor zehn Jahren, wurde das Haus Damian als Provinzialat der deutschen Provinz aufgegeben. Die letzten Patres und Brüder, die in der Provinzverwaltung und in der Seelsorge in Krankenhäusern und Altenheimen tätig waren, verließen das Rhein-Lahn-Eck. Zur Kommunität gehörten zuletzt Br. Andreas Lüttmer, P. Dietmar Könner, Br. Josef Huke, P. Kurt Roters, P. Ernst Karbach und P. Heinz-Josef Catrein. Pater Ernst Karbach blieb dem Johannesgymnasium als Lehrkraft noch kurze Zeit erhalten. Er starb am 05. Juli 2018.