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Andernach aktuell
Ausgabe 11/2024
Aktuelles MUSS
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Spannende Entdeckungen zu Andernachs Dichter Ernst Loeb

Die Autoren Dr. Rüdiger Heimlich und Wolfgang Redwanz sowie Erster Beigeordneter Dr. Hans-Georg Hanse, Bürgermeister Claus Peitz und Stadtmuseumsleiter Dr. Kai Seebert (v.l.n.r) stellen im Historischen Rathaus die neue Biographie zu Andernachs Dichter Ernst Loeb vor.

Am Ernst-Loeb-Platz befindet sich ein neuer Gedenkstein mit einer Tafel mit Informationen über das Leben und Wirken des Dichters.

Auch Loebs Gedicht "An meine Vaterstadt" befindet sich auf der Tafel.

Musikalisch umrahmte die Swinghouse Jazzband die Buchvorstellung.

„An meine Vaterstadt“ sehr viel früher als vermutet entstanden – Intensive Recherchen für neue Publikation in den Andernacher Beiträgen – Basaltstein mit Gedenktafel am Ernst-Loeb-Platz in den Rheinanlagen

ANDERNACH. (sil) Bereits im Vorfeld hatten die Autoren in Vorträgen durchblicken lassen, dass sie bei ihren monatelangen Recherchen auf viele Entdeckungen gestoßen waren, die bisher unbekannte Aspekte des Lebens von Ernst Loeb beleuchten. So ist es denn auch nicht verwunderlich gewesen, dass die Buchvorstellung der neuen Biographie über den bekannten Dichter der Bäckerjungenstadt auf viel Interesse stieß: Zahlreiche Andernacherinnen und Andernacher erwarteten mit Spannung die Einführung der Autoren Dr. Rüdiger Heimlich und Wolfgang Redwanz zur ihrem Werk „Ach, dies Pendeln zwischen Welten ...“ Ernst Loeb 81914-1987) Humanist und Poet aus Andernach“ im Historischen Rathaus und sind nicht enttäuscht worden.

„An meine Vaterstadt“ erstmals 1952 veröffentlicht

Quasi als Appetithappen auf die Lektüre des neuen Bandes, der im Selbstverlag des Stadtmuseums in der Reihe der „Andernacher Beiträge“ erschienen ist, griff Wolfgang Redwanz einige Aspekte aus dem Leben Loebs heraus. So sei das bekannte Gedicht „An meine Vaterstadt“ schon nach Loebs Aufenthalt in Andernach zwischen dem Herbst 1950 und dem Sommer 1952 entstanden, da es erstmals am 28. September 1952 in der deutschsprachigen „Philadelphia Gezette Demokrat“ als Abschluss eines ganzseitigen Artikels Loebs „Andernach, kleine alte Stadt am Rhein“ in den USA veröffentlicht wurde. Man hat geglaubt, dass es viel später entstanden sei, da das Gedicht erst im Jahr 1988 – ein Jahr nach Loebs Tod – zur 2000-Jahr-Feier Andernachs in der Bäckerjungenstadt bekannt wurde. Das Gedicht trug Petra Löcherbach vor.

Während bisher vermutet wurde, dass Loeb im Jahr 1951 in Andernach war, um als Lehrer zu arbeiten, konnten die Autoren herausfinden, dass der Dichter bereits im Jahr 1950 war mehre Wochen in Andernach gewesen ist, um als Journalist oder parteinah bei der SPD nach einer Anstellung zu suchen. Dies ging aus Briefen Loebs hervor, die er an seine Frau Margot schickte und die Rüdiger Heimlich als Teil des Loeb Nachlasses im Jahr 2023 mit nach Andernach brachte.

„Andernach ist wunderschön,“, so schreibt Loeb im Jahr 1950 „die Kriegsschäden behoben, und man kann sagen, dass die Stadt im wirklichen Aufblühen begriffen ist“, zitierte Wolfgang Redwanz aus einem dieser Briefe. Ohne diese positive Stimmung und auch ohne die freundliche Aufnahme durch alte Freunde aus dem Abi-Jahrgang 1934 und weitere Andernacher „hätte er das Gedicht ‘An meine Vaterstadt’ so jedenfalls nicht geschrieben, resümierte Redwanz.

Als Emigrant gegen Rassismus und Krieg, für Frieden und Völkerverständigung

Ernst Loeb, der 1914 in Andernach geboren wurde und in Kanada verstarb, war bereits im März des Jahres 1933 nach einem Spottgedicht auf einen Lehrer aus dem Gymnasium entlassen worden und hatte auch durch seine Herkunft als Jude und Tätigkeit in der Sozialistischen Arbeiterjugend keine Zukunft im Nazi-Deutschland.

Er emigrierte 1936 nach Palästina und 1938 in die USA. 1951 studierte er Germanistik in den USA, wurde dort Professor für Neuere Deutsche Literatur und im Jahr 1985 auch mit dem Großen Verdienstorden der Bundesrepublik ausgezeichnet. Immer wieder war er auch für Kurzaufenthalte nach Andernach zurück gekommen.

Loeb hätte sich – so Redwanz – als Emigrant gegen Rassismus sowie gegen Nazi-Ideologien und gegen Krieg gewandt und für Frieden, Völkerverständigung und Versöhnung eingesetzt.

Rüdiger Heimlich las einen Brief von Ernst Loebs Sohn Dennis vor, der sich für bei den Buchautoren und weiteren Engagierten bedankten, die sich für das Andenken seines Vaters in Andernach einsetzten. „Die alten Straßen von Andernach, die Ufer des Rheins waren immer Teil seines Denkens und Fühlens“, schrieb Dennis Loeb, der auch Bezug auf aktuelle Geschehnisse nahm: „Heute steht die Welt vor vielen Herausforderungen – viele sind die gleichen wie vor mehr als achtzig Jahren. Was hätte Ernst Loeb dazu gesagt? Dass die Unterdrückten von gestern oft zu den Unterdrückern von morgen werden.“

Weiche rheinische Sprachmelodie

Rüdiger Heimlich schilderte von seinem persönlichen Kontakt mit Ernst Loeb. Er habe diesen als Student in Kanada kennen gelernt. Entspannt habe Loeb über Goethe, Heine und Lessing gesprochen, aus dem Stand Verse zitiert „in einer weichen, rheinischen Sprachmelodie.“ Er habe Loeb als warmherzigen und humorvollen Lehrer kennengelernt, frei von professoraler Eitelkeit. Loeb sei nicht in Palästina geblieben, weil ihm damals klar geworden sei, dass das Land nicht zur Ruhe kommen würde.

Ein Schreibtisch „nah am Rhein“

Nach dessen Tod habe Heimlich zeitweise in Loebs Bibliothek wohnen und arbeiten dürfen. Mit alten Stichen und Fotos von Andernach habe Loebs Schreibtisch quasi „nah am Rhein gestanden“ und Heimlich habe so Loebs Verwurzlung in der deutschen Literatur und Kultur sowie die Melancholie in Loebs Gedichten verstanden. Er erinnerte auch an Loebs Frau Margot, die ihrem Mann das späte Studium ermöglichte sowie die Reisen nach Andernach.

Lust auf das Lesen des neuen Werks machten ebenso Bürgermeister Claus Peitz und Stadtmuseumsleiter Dr. Kai Seebert. Claus Peitz danke den Autoren: „Es war viel Arbeit. Ein Jahr habt Ihr daran gearbeitet und die Informationen zusammen gestellt.“ Die Auseinandersetzung mit dem Werk Loebs sei wichtig, da dieser „die Stadt ein Stück weit mit Gedichten und humoristischen Beiträgen geprägt habe.“ Der Bürgermeister sowie Kai Seebert bedankten sich ebenso bei der VR Bank und weiteren Sponsoren, ohne deren Unterstützung ein solches Werk im Eigenverlag nicht hätte realisiert werden können.

Die Buchvorstellung umrahmte die Andernacher Swinghause Jazzband musikalisch. Anschließend gingen die Lob-Fans noch zum Ernst-Loeb-Platz, der sich in den Rheinanlagen gegenüber vom Historischen Rheintor befindet. Zusätzlich zum Straßenschild ist dort noch ein Basaltstein mit einer Gedenktafel für Loeb aufgestellt worden.

Die Biographie „Ach dies Pendeln zwischen Welten ...“ Ernst Loeb (1914-1987) Humanist und Poet aus Andernach, bearbeitet von Wofgang Redwanz und Rüdiger Heimlich ist als Band 39 der „Andernacher Beiträge“ erschienen. Das fest eingebundene Buch hat 289 Seiten, kostet 25 Euro und ist in Andernach im Stadtmuseum sowie in der Buchhandlung Ankerbuch erhältlich.