Referent Joachim Hennig, Richter a.D.
ANDERNACH. Auf Einladung der Andernacher Initiative Erinnern und anlässlich des Holocaustgedenktages informierte Joachim Hennig, ehemaliger Richter des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, am 27. Januar über seine umfangreichen regionalgeschichtlichen Forschungsergebnisse.
Während des Nationalsozialismus wurde die Justiz, deren Vertreter nach der Machtübertragung an Hitler zunächst nur zögerlich der NSDAP beigetreten waren, da sie sich als überparteilich verstanden, rasch unter die Kontrolle der Regierung gebracht. Bereits im Jahr 1933 wurden Gesetze erlassen, die für die Entlassung missliebiger jüdischer und gegnerischer Juristen sorgten.
Deutsche Richter und Staatsanwälte waren verpflichtet, die Gesetze und Vorschriften der Nationalsozialisten zu unterstützen und durchzusetzen. Viele Richter und Juristen folgten dieser Anweisung bereitwillig und unterstützten aktiv die Ideologie der Nationalsozialisten und trugen so zur Unterdrückung und Verfolgung von politischen Gegnern, Juden und anderen verfolgten Gruppen bei.
Erbgesundheitsgerichte sorgten für die Zwangsterilisation von mehr als 400.000 Menschen, die als psychisch und physisch labil eingestuft wurden. In Sittlichkeitsprozessen wurden Priester und Ordensangehörige verurteilt und zu antikatholischen Propagandazwecken in der NS-Berichterstattung vorgeführt. In Verfahren wegen „Rassenschande“ wurden Beziehungen zwischen Juden und Christen geahndet.
Besonders gnadenlos gingen Richter vor, die in den Sondergerichten in den von deutschen besetzten Gebieten eingesetzt waren und sich hier profilieren wollten.
Nach dem Fall des Nationalsozialismus wurden viele Juristen und Richter für ihre Rolle während der NS-Zeit nicht konsequent zur Rechenschaft gezogen, sondern machten schon bald wieder Karriere in der Justiz.
In der sich anschließenden Fragerunde wurden die persönliche Verantwortung und die Frage der möglichen Handlungsspielräume des Einzelnen thematisiert und die Wichtigkeit einer unabhängigen, dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichteten Justiz für den heutigen Staat hervorgehoben.