Nicht bei jedem Tier wurde die Anschaffung des tierischen Begleiters so sorgfältig durchdacht, wie von den Besitzern des kleinen niedlichen Zwergpudelwelpen.
REGION (EB). Hunderttausende Hunde, Katzen und Kleintiere landen jährlich in den Tierheimen, weil ihre Halter sich die tierischen Begleiter nicht mehr leisten oder sich nicht mehr um sie kümmern können oder wollen. Tiere sind aber keine „Sachen“, die man, wenn sie unbequem werden, nach Belieben einfach wieder abschaffen kann.
Im Tierheim in Mayen wurde zu Beginn des neuen Jahres ein etwa vier Monate altes Kaninchen in einem guten Gesundheitszustand abgegeben. Das junge Widdermädchen war am 2. Januar am Rastplatz Schnackenborn (bei Ochtendung) ausgesetzt in einer Transportbox gefunden worden. Es sucht jetzt ein Zuhause. „In diesem Fall könnte es durchaus sein, dass das Tier als Weihnachtsgeschenk nicht so gut angekommen ist“, sagt Kristina Wagner.
Tierhaltung anspruchsvoll
Die stellvertretende Leiterin des Mayener Tierheims fügt hinzu: „Denn die Kleintierhaltung ist anspruchsvoller, als man denkt.“ Ob ein Tier tatsächlich ausgesetzt wurde oder ob die fadenscheinige Begründung stimmt, wenn es im Tierheim abgegeben wurde „weiß man oft nicht genau“, so Wagner. Die Frage: „Warum werden die Tiere nicht direkt in die Obhut eines Tierheims gegeben?“ drängt sich besorgten Tierliebhabern immer wieder auf.
Schlimmes Schicksal
Ein schlimmes Schicksal hat ein Meerschweinchen ereilt. Das kleine Tier war vor Weihnachten in Mendig vor einer Filiale der Tierbestattung „Rosengarten“ im Karton gefunden wurde. „Es war völlig unterkühlt und ist innerhalb weniger Stunden verstorben“, berichtet Kristina Wagner. Tiere, die während der Pandemie angeschafft wurden, gibt es im Mayener Tierheim keine.
Die Gründe, warum Hunde, Katzen oder Kleintiere im Tierheim landen sind vielfältig. „Das können Krankheit, ein Umzug, eine Allergie, die Trennung vom Partner oder die Überforderung mit dem Tier sein.“ Sorgen bereiten Kristina Wagner, die gestiegenen Tierarztkosten, die so mancher Besitzer finanziell nicht tragen kann und der sich eventuell mit dem Gedanken trägt, sein Tier auszusetzen. „Die gestiegenen Arztkosten sind besorgniserregend.“
Dass nicht jedes Tier, von seinem Besitzer schmerzlich vermisst wird, darauf weißt das Andernacher Tierheim– es betreut und vermittelt jährlich rund 300 Hunde, 300 Katzen und ungefähr 100 Kleintiere - auf seiner Homepage hin. „Manche wurden ausgesetzt, einige vielleicht aus falsch verstandener Tierliebe – die Tiere haben ggf. ein zu Hause - ins Tierheim gebracht. „Zu Beginn des neuen Jahres wurde ein Hamster auf dem Nachbargrundstück auf Betonplatten in einem Mini-Mini-Käfig abgestellt“, berichtet Sabine Nievenheim, unserer Zeitung in einem Telefongespräch. „Das Tierchen wurde bereits vermittelt“, ergänzt ihre Kollegin Inge Roetmann.
„Am 12. Januar bekamen wir eine jüngere, etwa fünf Monate alte sehr zutrauliche Hauskatze. Sie ist nicht gekennzeichnet und ist dem Finder, ein ganzes Stück bis zu dessen Nachfolge gefolgt. Sie wird anscheinend von Niemandem vermisst.“
Kastration- und Kennzeichnungspflicht für alle freilaufenden Katzen in der Region
In diesem Zusammenhang weist Catrin Nohner, Leiterin des Andernacher Tierheims auf die Kastration- und Kennzeichnungspflicht für alle freilaufenden Katzen in der Stadt Andernach, in der Pellenz und in der Verbandsgemeinde Weißenthurm hin. „Wenn man sich nicht daran hält, droht ein Bußgeld.“
Eine Welle von Tieren, die abgegeben oder ausgesetzt werden, erwartet Inge Roetmann, im Sommer.
„Nämlich dann, wenn die Tiere, die bei vielen Kindern ganz oben auf dem Weihnachtswunschzettel gestanden haben, erwachsen sind und die Leute in den Urlaub fahren wollen. Wir gehen davon aus, dass wir in diesem Sommer wieder viele wie in 2022 – so viele Samtpfoten, darunter auch zahlreiche Rassekatzen, hatten wir noch nie – bekommen werden.“ Das Katzenhaus sei total überfüllt gewesen.
Tierarztkosten stark gestiegen
Damit, dass sich die Zahl der abgegebenen oder ausgesetzten Tiere noch mehr erhöhen könnte, rechnet auch Dorothea Schünemann-Diederichs, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit. „Die Preise für die Behandlungen haben sind aufgrund der neuen Gebührenordnung für Tierärzte, kurz GOT, verdoppelt, wenn nicht auch sogar verdreifacht. Aus finanziellen Gründen haben bei uns im Tierschutzverein schon einige ihre Paten- und Mitgliedschaften gekündigt“, hebt Schünemann-Diederichs, vorher.
Seit mehreren Monaten werden im Koblenzer Tierheim fast täglich Hunde, Katzen und Kleintiere aufgenommen. Und seit dem Jahreswechsel haben im Tierheim in Koblenz einige ausgesetzte junge, unkastrierte Kaninchenböcke sowie ein vermutlich trächtiges Kaninchenweibchen ein neues vorläufiges Zuhause gefunden. „Die Abgaben haben aber nichts mit Weihnachten zu tun“, berichtet Christiane Zerfass, stellvertretende Tierheimleiterin. „Die Leute sollen nicht feige sein und anstatt ihr Tier auszusetzen, mit uns sprechen.“
Kurz vor Weihnachten seien zwei Katzen abgegeben worden, weil das neugeborene Enkelkind an Weihnachten zu Besuch käme und auf die Samtpfoten allergisch reagiere. „Ganz ehrlich, bei dieser Aussage kommt ein Beigeschmack auf.“ Auffällig ist in Koblenz die Abgabe von Hunden, die während der Pandemie angeschafft wurden und dann später irgendwann zugebissen haben.