Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Klinikkirche der Rhein-Mosel-Fachklinik wurden Kränze am Spiegel-Container in der Andernacher Innenstadt niedergelegt (v. l.): Oberbürgermeister Christian Greiner, Bürgermeister Claus Peitz, Yvonne Brachtendorf (Pflegedirektorin RMF), PD Dr. Andreas Konrad (Ärztlicher Direktor RMF), Dr. Alexander Wilhelm (Geschäftsführer Landeskrankenhaus), Manfred Schneider (Landesnetzwerk Selbsthilfe seelische Gesundheit RLP e.V.).
Andernach. „Heute erinnern wir an das Vergangene, um die Zukunft zu gestalten und um die Gegenwart zu verändern.“ Mit diesen Worten eröffneten Auszubildende der Pflegeschule der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach (RMF) den ökumenischen Gedenkgottesdienst in der Klinikkirche anlässlich des Tags des Gedenkens an die Befreiung des Konzentrationslagers Ausschwitz und an die Opfer des Nationalsozialismus.
Erstmalig nahmen neben Vertretern der Organisationen von Klinik, Stadt Andernach und Landesnetzwerk „Selbsthilfe seelische Gesundheit“ auch Schüler:innen der Geschwister-Scholl Realschule an der Gedenkstunde teil.
Der evangelische Pfarrer Jürgen Gundalin erinnerte an mehr als 1.400 Menschen, die von der damaligen Pflege- und Heilanstalt nach Hadamar in den Tod gebracht wurden: „Wir denken ans tiefste Tal der deutschen Geschichte.“ Dr. Alexander Wilhelm, Geschäftsführer des Landeskrankenhauses, sieht den Gedenktag „heute wichtiger als je zuvor“. Er appellierte, angesichts des vermehrten Zuspruchs zu politisch rechten Parteien, zusammenzustehen. Daher sollte dieser Tag „nicht solitär verstanden werden“.
Vielmehr stehe der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus in dieser Zeit als Mosaikstein einer Bewegung für ein menschliches Miteinander. „Dort, wo wir an anderen Tagen laut sind und uns auf Demonstrationen gegen Ausgrenzung und Hass einsetzen, stehen wir heute andächtig und leise beieinander“, sagte Wilhelm.
Die Verbrechen während der NS-Zeit, die von der Klinik ausgingen, seien „unauslöschlich mit unserer Unternehmensgeschichte verbunden“. Auch deswegen, kündigte der Geschäftsführer an, soll auf dem Klinikgelände ein zusätzliches Mahnmal entstehen als Ergänzung zum bestehenden Spiegel-Container im Stadtzentrum. „Damit stellen wir uns bewusst gegen Bestrebungen, Erinnerung zu relativieren.“
Andernachs Oberbürgermeister Christian Greiner erinnerte, die Erfahrungen in den Vernichtungslagern seien „die Hölle auf Erden“ gewesen. Dies habe jedoch „nicht erst vor Ort begonnen, sondern in der Mitte der Gesellschaft“. Aktuell zeige sich, dass man mit Mahnen, Erinnern und Gedenken nicht mehr auskomme. „Die hässliche Fratze“ sei wieder aufgetaucht, sagte er. Deshalb sei es so wichtig, dass es den Gedenktag gebe und Menschen auf die Straßen gingen. „Die Erinnerung muss dauerhaft im kollektiven Gedächtnis wachgehalten werden.“
Nach dem Gottesdienst wurden am Spiegel-Container in der Andernacher Innenstadt Kränze niedergelegt. Manfred Schneider, Vorsitzender Landesnetzwerk „Selbsthilfe seelische Gesundheit RLP e.V.“, mahnte zuvor an die „Anfänge eines bereits erlebten Verhaltens. Alle haben Platz in unserem Gemeinwesen - ohne Einschränkungen“.