2000 Styroporkugeln haben sie auf Drahtgeflecht geklebt und viel Geld und Zeit investiert. Alles umsonst: Torsten Fleischer und Johannes Asbach vom Team De Dötzje sind enttäuscht: Die "Nautilus" darf nicht fahren. Bei der Überprüfung ist unter anderem die Bremse beschädigt worden.
Trotz der Rückschläge begrüßen die Wagenbauer in der Festausschusshalle die Tollitäten vor dem Prinzenwagen in Form eines Feuerwehrautos, der leider nicht an den Start beim Rosenmontagszug gehen darf.
Die Wagenbauer überreichen dem Prinzenpaar eine Torte als Geschenk.
ANDERNACH. (sil) Auch in Andernach haben die strengeren Vorgaben des Landes für die närrischen Umzüge starke Auswirkungen. Es werden deutlich weniger Prunkwagen als in den vergangenen Jahren auf die Strecke gehen.
Daher gab es beim traditionellen Richtfest der Wagenbauer in der Festausschusshalle in der Füllscheuer nicht nur fröhliche Gesichter. Natürlich wurde auch gefeiert und die Tollitäten freudig begrüßt. Aber die Stimmung insgesamt ist gedrückt gewesen.
Viele Prunkwagen fielen bei Kontrollen durch
Vor wenigen Tagen mussten die Prunkwagen zur Kontrolle beim TÜV: Nur etwa die Hälfte der 20 Gefährte haben die technischen Prüfungen überstanden. Grund für die Kontrollen: Bereits Oktober des Jahres 2018 hatte das rheinland-pfälzische Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau darauf hingewiesen, dass aufgrund von bundesweit geltenden Vorschriften jedes bei Brauchtumsveranstaltung eingesetzte Fahrzeug eine Betriebserlaubnis benötigt.
Sei diese nicht vorhanden, müsse ein Gutachten nach der Straßenverkehrs-Zulassens-Ordnung von einem Prüfsachverständigen eines Technischen Dienstes erstellt werden. Die sogenannten „Brauchtumsgutachten“, bei denen in den Vorjahren Sachverständige ein Gutachten über die Fahrsicherheit der Motivwagen erstellt hatten, gelten nicht mehr.
Nach dem Ausfall der Umzüge während der Pandemie war Anfang Dezember des Jahres 2022 nochmal festgestellt worden, dass alle Fahrzeuge über eine Betriebserlaubnis verfügen müssen, die bei Umzügen ab der Session 2022/23 eingesetzt werden.
Wenn jedoch nun – wie bei vielen alten Anhängern – keine alten Gutachten bestanden oder Gutachten für eine neue Betriebserlaubnis durch die bereits erfolgten karnevalistischen Aufbauten nicht eingeholt werden könnten, müssten die Wagen wenigstens die technischen Vorschriften erfüllen, die für die Erteilung einer Betriebserlaubnis erforderlich sind.
Bei dieser Überprüfung beim TÜV in den vergangenen Tagen fielen laut Festausschuss Andernach ein Teil der Motivwagen durch. Unter anderem aufgrund von fehlender Druckluftbremsen ab einem Gewicht über 3,5 Tonnen oder einer veränderten Konstruktion am Fahrgestell und Rahmen des Aufliegers. Besonders übel: Auch der Prunkwagen des amtierenden Prinzen Stefan I und Birgit I. ist davon betroffen.
Schäden an Aufbauten bei Kontrollen
Wie die Wagenbauer schilderten, sei die Überprüfung erst kurzfristig in den vergangenen Tagen erfolgt. Auch einige Beschädigungen der karnevalistischen Aufbauten hatte es wohl beim Transport beziehungsweise bei der Überprüfung gegeben. Besonders negativ: Über die entstandenen Schäden sind die betreffenden Wagenbauer durch die Verursacher nicht informiert worden. Die Wagenbauer stellten die Schäden erst später zufällig fest, als die Wagen wieder in die Festausschusshalle zurück gekommen waren.
Festausschusspräsident Jürgen Senft schilderte, sowohl die Stadt als auch der Festausschuss habe gehofft, dass bis zum Ende dieser Session nocheinmal Ausnahmen gemacht würden. Die neue Verordnung vom Jahr 2018 sei durch die Pandemie erst aufs Eis gelegt worden. „Unser Problem ist: Der Wagenbau hat ja schon vor drei Jahren begonnen.“ Aus seiner Sicht machten die neuen Auflagen keinen Sinn, da die Wagen jahrelang die Brauchtumsgutachten erhalten hätten, die die Sicherheit bescheinigt hätten. Eine weitere Schwierigkeit sei auch, dass die betroffenen Wagenbauer auch das Wurfmaterial schon gekauft hätten, dass sie nun nicht mehr unterbringen können.
Auch Bürgermeister Claus Peitz wetttert gegen die Landesregierung: „Die ganzen Auflagen sind im Ehrenamt nicht zu erfüllen.“ Viele Karnevalsvereine würden dadurch in den Tod getrieben.
Die Überprüfung nicht überstanden haben unter anderem der Prunkwagen „Nautilus“ in Form eines Unterseeboots von der Gruppe „De Dötzje“, ein Wagen in Form eines alten VW-Bus zum Thema Power Flower der Gruppe „Annenacher Junge“, die Après-Ski-Hütte der Gruppe „Bermuda Wagenbau“, der Prunkwagen der Alten Herren der Blauen Funken und der große Prinzenwagen in Form eines Feuerwehr-Autos.
Ungefähr zwei Jahre habe Mitglieder des Hofstaats und Freunde am Prinzenwagen gebaut, erklärt Prinz Stefan I. (Stefan Peters). Da sein elfjähriger Sohn Sohn Bastian ein großer Feuerwehrfan und in Andernach auch bei der Jugendfeuerwehr sei, hätten sie sich für einen Feuerwehrwagen als Motiv entschieden. Zum Glück könnten die Tollitäten nun mit einem Wagen fahren, der beim Festausschuss auch „Kutsche“ genannt wird. Damit die Arbeit nicht ganz umsonst sei, würde versucht, am Ende der Session die Aufbauten zu entfernen und im kommenden Jahr diese auf einem neuen Untergestell zu befestigen.
Gute Gemeinschaft der Wagenbauer
Nach dem Einzug der Tollitäten in die Halle richtete sich der Prinz mit einem Dank an den Festausschuss: „Claus Peitz und Jürgen Senft haben alles versucht, damit der Wagen doch noch fährt.“ Er lobte ebenso die Wagenbauer: „Die Gemeinschaft hier ist einfach phänomenal.“ Daraufhin zeichnete er Torsten Fleischer sowie Jürgen Kuth und Achim Wölbert mit der Prinzenspange für ihr Engagement aus und Helga Zimmer, die mit ihrem Mann Josef Zimmer in der Gruppe „Bermuda Wagenbau“ – besteht seit 1997 – wirkt, erhielt das Festausschuss Kreuz für ihre Verdienste.