An eines der wichtigsten Werke der wilhelminischen Kunst erinnern heute nur noch die Unterbauten einiger Sitzbänke, an denen die meisten Besucher von Maria Laach achtlos vorbeigehen.
Professor Wolfgang Schmid
MARIA LAACH. (EB) Zum 25-jährigen Regierungsjubiläum des „Friedenskaisers“ Kaiser Wilhelms II. 1913 erschien eine Vielzahl von Festschriften, die die Verdienste des Herrschers – er wollte ein Kaiser alle Deutschen sein - um die Förderung von Wissenschaft und Kunst sowie die Unterstützung der evangelischen und der katholischen Kirche hervorhoben.
Dabei spielte die Benediktinerabtei Maria Laach eine zentrale Rolle. Der junge Kaiser war dem altehrwürdigen Orden der Benediktiner sehr zugetan. Zur Geschichte des Benediktinerordens hat Professor Dr. Wolfgang Schmid aus Winningen umfangreiche Recherchen betrieben. Sie wurden kürzlich unter dem Titel „Der Kaiseraltar in Maria Laach – ein untergegangenes Hauptwerk der wilhelminischen Kunst“ in der ordenseigenen Zeitschrift „Studien und Mitteilungen zur Geschichte des Benediktinerordens und seiner Zweige“ 133 (2022), S. 361-460 veröffentlicht.
Unsere Zeitung hat sich mit dem Historiker in Maria Laach zu einem Gespräch getroffen. „1892 hatte der Kaiser dem Orden nach zähen Verhandlungen die Niederlassung und die Nutzung der seit 1802 leerstehenden romanischen Kirche erlaubt“, so Schmid.
Im Jahr 1802 von den Franzosen säkularisiert
Rückblick: Die 1093 gegründete Benediktinerabtei war 1802 von den Franzosen säkularisiert worden. Da sich für die Kirche und die ausgedehnten Ländereien kein Käufer fand, der bereit war, einen angemessenen Preis zu zahlen, blieben diese, wie Schmid berichtet, im Besitz des französischen, dann des preußischen Staates. Dieser suchte weiterhin nach einem Käufer, der bereit war, die Kirche zu erhalten.
1820 wurden die Klostergebäude und die Ökonomie an den Trierer Regierungspräsidenten Daniel Heinrich Delius verkauft. Die Kirche blieb im Besitz des preußischen Staates. Dieser bemühte sich um den Unterhalt. Das Inventar ging freilich vollständig verloren.
1863 erwarben die Jesuiten das Kloster. Sie gründeten ein Kolleg. Die Kirche stand ihnen nicht zur Verfügung. Im Kulturkampf wurden die Jesuiten vertrieben. Die Klostergebäude standen leer. Nach dem Kulturkampf planten die Benediktiner, die 1862 erstmals wieder ein Kloster in Beuron gründen konnten, eine Rückkehr ins Rheinland. Nach langer Suche entschieden sie sich für das Kloster in Maria Laach. Sie erwarben die Abtei 1892.
Benediktinischer Neubeginn im Jahr 1893
Der Neubeginn des monastischen Lebens an einem historischen Ort (1893: 800-jähriges Gründungsjubiläum) mit einer großartigen romanischen Kirche in einer landschaftlich traumhaften Lage am Laacher See stieß nicht nur im katholischen Rheinland auf eine breite Resonanz.
Der historische Ort war in aller Munde und wurde zu einem beliebten Ausflugsziel für Rheinreisende aus nah und fern. „Dass ein evangelischer Kaiser eine aufwendige Stiftung für eine katholische Klosterkirche machte, ist keineswegs selbstverständlich“, so Schmid. Es habe sich eine enge Beziehung zwischen dem geschichtsbegeisterten Monarchen und dem traditionsreichen Benediktinerorden entwickelt.
Fünf Kaiserbesuche
„Die Höhepunkte in den Beziehungen zwischen Kaiser Wilhelm II. und der Abtei Maria Laach waren dessen fünf Besuche in den Jahren 1897, 1901, 1906, 1911 und 1913.
Neben seiner Unterstützung bei der Restaurierung und den berühmten Mosaiken lobten die Zeitgenossen vor allem den von Wilhelm II. gestifteten Kaiseraltar.“ 1897 versprach dieser, für den leeren Kirchenraum einen neuen Hochaltar zu stiften. „Der Altar mit seinem gewaltigen, von Baurat Max Spitta entworfenen Baldachin zählt zu den Hauptwerken der wilhelminischen Kunst. Besonders hervorgehoben wird die elektrische Beleuchtung.“
Der Altar aus Marmor, Porphyr, vergoldetem Erz und Mosaik sollte ein Andenken an den Besuch des Kaisers in Maria Laach sein. „Da man später irrtümlich annahm, dass der Baldachin des 13. Jahrhunderts über dem Stiftergrab des Pfalzgrafen Heinrich II. ursprünglich zum Hochaltar gehörte, wurde dieser 1947 mit Zustimmung der staatlichen Denkmalpflege in den Ostchor übertragen und der Kaiseraltar entfernt. An eines der wichtigsten Werke der wilhelminischen Kunst erinnern heute nur noch die Unterbauten einiger Sitzbänke, an denen die meisten Besucher von Maria Laach achtlos vorbeigehen.