Die Kosten für die tierischen Freunde können je nach Behandlung recht teuer werden.
KREIS MAYEN-KOBLENZ. (EB) Fakt ist: nicht wenige Tierhalter können schon jetzt für ihre kranken Tiere die hohen Rechnungen, die für Behandlungen, Impfungen, Kastrationen und Medikamente entstehen, nicht mehr bezahlen.
Doch es kommt noch schlimmer. Ab Oktober werden die Leistungen der Tierärzte um ein Wesentliches steigen. Denn dann tritt die Neufassung der Tierärztegebührenverordnung in Kraft. Das könnte zu großem Tierleid führen. Mit Blick auf die steigenden Lebensmittel- und Energiepreise sind die Folgen für so manches Tier schon jetzt absehbar. Schlimmstenfalls wird es auf der Straße oder im Tierheim landen.
Nicht nur Kirstin Höfer, vom Tierheim in Koblenz, hat wegen dem Mehr an finanziellen Belastungen der Menschen mit Blick auf die zunehmende Abgabe von Haustieren große Befürchtungen. „Wir Tierheime arbeiten nicht am Limit, sondern schon jetzt darüber“, sagt die Leiterin des Koblenzer Tierheims, die sich seit 39 Jahren im Bereich Tierschutz mit aller Kraft einbringt. „Wir nehmen aktuell nur noch Tiere aus dem Koblenzer Raum auf.“
Die ‚Affären der Einsamen’, hiermit bezeichnet Höfer, die ‚Corona-Katzen’ und ‚Corona-Hunde’, die während der Pandemie zum Teil zu Wucherpreisen bei dubiosen Händlern angeschafft wurden „sind schon jetzt vielen Besitzern lästig. Die Leute wollen sich nicht mit den Problemen auseinandersetzen.“
Sie bekomme jeden Tag bis zu vier Anfragen von Tierhaltern aus ganz Deutschland, die ihre Vierbeiner im Alter von ein bis drei Jahren abgeben möchten. „Die sind zum Teil nicht geimpft, wegen der zeitweisen Schließung der Hundeschule folglich auch nicht richtig erzogen, und teilweise sogar bissig. Wir gruseln uns, wenn wir sehen, was für eine Abgabewelle an Haustieren in absehbarer Zeit auf unser Tierheim zu kommen wird.“
Sie weiß, dass schon heute so manchem das Geld fehlt, um mit seinem tierischen Liebling zum Arzt zu gehen. „Es gibt immer mehr schwerkranke Tiere. Bei vielen ist eine komplette Zahnsanierung notwendig. Viele von ihnen sind schon jetzt nicht mehr geimpft oder machen chronisch schlimme Erkrankungen durch.“
Auch die Kosten für die Tiernahrung seien in die Höhe gegangen. „Haustiere sind keine Tamagotchis, also keine virtuellen Haustiere, die man einfach weglegen kann. Sie sind Familienmitglieder. Haustiere werden in Zukunft zu einem ‚Luxusartikel’ werden“, mutmaßt Höfer. „Auch wenn ich Tiere über alles liebe“, sage ich, „Die Leute sollen sich vor der Anschaffung überlegen, ob sie sich ein Haustier und die Arztkosten dafür tatsächlich leisten können.“
Extra-Tierkonto anlegen
Ihr Tipp: „Ein kleines extra Tierkonto, auf das die Halter monatlich einen Betrag einzahlen, als kleines Polster für Notfälle anlegen.“ Die Schicksale, von denen Kirstin Höfer, unserer Zeitung in einem langen Telefongespräch berichtet, sind schockierend. Alleine 90 Katzen warten im Koblenzer Tierdomizil aktuell auf ein neues Zuhause.
„Vor drei Wochen wurde ein blinder Jack Russell, wie Müll, bei uns über den Zaun geworfen.“ Höfer weiß aber auch von verzweifelten Menschen zu berichten, die an ihren Tieren hängen und bei der medizinischen Versorgung in eine finanzielle Notsituation geraten. „Wenn wir sehen, dass jemand kein Geld hat und verzweifelt ist und hinter seinem kranken Tier steht, werden wir in Einzelfällen versuchen mit einem Spendenaufruf zu helfen.“ Höfer befürchtet, dass auch die Spendenbereitschaft abnimmt, wenn die Leute den Gürtel enger schnallen müssen.
Auch im Tierheim in Andernach hat teilte man die Sorge von Kirstin Höfer, dass künftig noch mehr Tiere abgegeben werden. „Wenn die Leute in finanzielle Not geraten und die Kosten für eine Behandlung nicht mehr zahlen können, gehen sie mit ihren Tieren gegebenenfalls nicht mehr zum Arzt und warten stattdessen den Krankheitsverlauf mal ab. Oder sie versuchen ihr krankes Tier in einem Tierheim abzugeben“, sagt Katrin Nohner, Leiterin des Andernacher Tierheims.
Auch das Mayener Tierheim ist momentan in Wartestellung, wie Tierheimleiterin Ruth Drießen und ihrer Vertreterin Kristina Wagner berichten. „Wir haben schon in der Vergangenheit viele Anrufe von Menschen bekommen, die ihre Tierarztkosten nicht mehr stemmen können“, so Drießen.
Sie rät den Hilfesuchenden auf jeden Fall mit dem Tierarzt höflich Rücksprache zu halten, um eine Ratenzahlung zu vereinbaren. Sie hegt die große Hoffnung, das bei der bevorstehenden Kostenexplosion der ein oder andere Tierarzt eine Ratenzahlung anbietet. „Das A und O ist die Ratenzahlung.“
Sonst könne das Ende vom Lied sein, dass sich die Menschen von ihren geliebten Tieren trennen müssen. Und das könne auch nicht im Sinne der Tierärzte sein. Grundsätzlich rät Drießen Tierhaltern zu prüfen, ob eine Krankenversicherung für ihr Tier in Frage kommt. „Aber wenn möglich, jeden Monat einen kleinen Betrag für den Fall der Fälle beiseite zu legen.“