Bundesrechtlich ist die Förderung in Kindertagespflege für Kinder in den ersten drei Lebensjahren mit der Förderung in einer Tageseinrichtung für Kinder (Kitas) gesetzlich gleichgestellt. „Dies sollte endlich gelebt werden“, fordern Jutta Neideck und ihre Mitstreiter Anke Waldorf (Vallendar), Jörg Krüger (Mayen) und Jasna Barkholz aus Kreis Cochem-Zell.
MAYEN/MENDIG. (EB) Der Bereich des Erziehungs- und Bildungswesens hat sich in den letzten zwei, drei Jahrzehnten grundlegend verändert. Einen umfangreichen Wandel hat es auch im Bereich der Kindertagesbetreuung gegeben. Für viele Kommunen ist der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz eine Herkulesaufgabe. Denn die Nachfrage nach einem Betreuungsplatz für Kleinkinder wächst und wächst in den vergangenen Jahren.
Leider ist vielen Eltern die Kindertagespflege nicht bekannt, obwohl diese rechtlich den Kindertagesstätten gleichgestellt ist. Unsere Zeitung hat sich mit den Vorstandsmitgliedern des Landesverbandes Kindertagespflege in Mendig mit Jutta Neideck, Anke Waldorf (Vallendar), Jörg Krüger (Mayen) und Jasna Barkholz aus Kreis Cochem-Zell in Mendig getroffen.
Hauptanliegen des Landesverbands ist es, die Kindertagespflege landesweit als verlässliches, familiennahes Angebot der Bildung und Betreuung weiter zu entwickeln und als gleichwertiges Element in die Bildungs- und Erziehungsempfehlungen des Landes Rheinland-Pfalz zu implementieren.
Die vier betreiben mit viel Herzblut Tagespflegeinrichtungen. „Die Eltern entscheiden sich bewusst für eine Tagesmutter“, erzählt Anke Waldorf. Die 40-jährige dreifache Mutter aus Vallendar – sie ist gelernte Damenschneiderin - berichtet von einem ihrer Schützlinge, welchen sie seit dem fünften Lebensmonat betreute. „Die Mutter kontaktierte mich schon während der Schwangerschaft. Sie arbeitet als Ärztin für Kinder in einem Koblenzer Krankenhaus. Sie hat eine berufliche Verpflichtung und wusste ihre Tochter bei mir in guten Händen. Die Kleine hatte ich 30 Stunden in der Woche.“
Sogenannte Randzeitenbetreuung am späten Nachmittag, also nach Kita oder Schule, bietet Jutta Neideck seit fast neun Jahren in der Vulkanstadt an. „Ich werde mich umstrukturieren und ab 1. Januar 2024 mache ich die U3-Betreuung“, unterstreicht die gelernte Kinderpflegerin. „Ich gehe wieder zu meinen Wurzeln zurück.“
Jörg Krüger, Freddy genannt, widmet sich ganztägig von 7.30 Uhr bis 16 Uhr den ihm anvertrauten Kindern nahe der Grundschule St. Clemens in der Mayener Innenstadt. In der Mayener Region ist der gelernte Koch der einzige Tagesvater. „Ich habe den Job von meiner Frau übernommen. Sie ist vor sieben Jahre verstorben. Meine Kinder waren damals noch klein. Da habe sich die Tagespflege angeboten.“
Vorsitzende des Landesverbandes aus Mendig
Es würde aktuell im ganzen Land nach neuen Wegen und Lösungen gesucht, „um die Fachkräftemisere und den damit verbundenen Betreuungsmangel zu bewältigen“, berichtet Andrea Neideck. Sie wurde kürzlich in ihrem Amt als erste Vorsitzende des Landesverbandes bestätigt.
„Doch es liegt mehr als offensichtlich auf der Hand, sagt Neideck und hebt hervor: „Anstatt Hebammen oder Grundschullehrer usw. miteinzubeziehen, sollten die vorhandenen Möglichkeiten der Kindertagespflege genutzt, ausgebaut und endlich darin auf Landesebene investiert werden. Viele Bundesländer haben dies schon erkannt.“ Jedoch hinke Rheinland-Pfalz weiterhin hinterher und „sieht die Kindertagespflege nicht als gleichrangiges Betreuungsangebot.“
Kindertagespflege eignet sich vorrangig für Kleinkinder
Die Mitglieder des Kindertagespflege RLP betonen, „dass sich gerade die Kindertagespflege vorrangig für den U3 Bereich eignet. Wir heben hier nicht eine neue Qualität hervor, diese ist schon lange Bestandteil unserer Arbeit und bleibt durchgängig bestehen“, erklären die Vorstandsmitglieder unisono.
Qualifizierungskurs
Bei der Betreuung von Kindern geht es um mehr als nur ums Wickeln, Füttern und Schlafen legen. Mehr hoch: es geht um Bildungsarbeit, in einem Alter, in dem die Kinder besonders sensibel sind. Gerade hier ist eine fundierte Ausbildung der Tagespflegeperson wichtig. Angehende Kindertagespflegepersonen durchlaufen im Vorfeld eine Eignung über das Jugendamt, um zur Qualifizierung zugelassen zu werden.
Um die Pflegeerlaubnis zu erhalten, absolvieren sie darauf hin, einen langen Qualifizierungskurs und müssen mehrere Praktika in Kita und Kindertagespflege durchlaufen.
Im Anschluss werden verpflichtende pädagogische Weiterbildungen absolviert, die jährlich vorgezeigt werden müssen. „Hierbei ist der gesetzliche Bildungsauftrag derselbe wie in der Kita“, so Neideck. „Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass sehr viele Kindertagespflegepersonen im Vorfeld schon eine pädagogische Ausbildung haben oder im Gesundheitswesen tätig waren, bevor sie sich zur Kindertagespflegeperson haben schulen lassen.“
Viele Kindertagespflegepersonen betreuen mittlerweile in eigens angemieteten Räumlichkeiten oder haben ihr Eigenheim und ihr Konzept speziell dafür ausgerichtet. „Viele Städte und Kommunen haben das Angebot der Kindertagespflege schon erkannt und sehen diese Betreuungsform als gleichrangig, jedoch fehlt die Finanzierung auf Landesebene, um ausreichend und Äquität die Kindertagespflege ausbauen zu können. In dieser kritischen Zeit ist dies unverständlich. Der Landesverband würde diese Misere gerne ändern.“
Weiterhin stellt sich Neideck die Frage: „Warum möchte man sich aus den wichtigsten Berufsfeldern, die auch nachweislich mit Fachkräftemangel zu kämpfen haben, gegenseitig das Personal weg nehmen? Gerade im Hinblick auf die Betreuung der U 3-jährige, sind wir völlig gleichrangig gestellt. Schaut man auf die Bedürfnisse der Kinder, sind diese ganz klar definiert.“