1. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord - Obere Landesplanungsbehörde - in Koblenz hat mit Entscheid vom 06.12.2024 - Az.: 14 91-137 09/41 - das Raumordnungsverfahren (ROV) nach § 15 Raumordnungsgesetz (ROG) in Verbindung mit (i. V. m.) § 17 Landesplanungsgesetz (LPlG) für die Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage „Dieblich-Waldesch“ in der Verbandsgemeinde (VG) Rhein-Mosel, Landkreis Mayen-Koblenz abgeschlossen.
2. Das ROV hat folgendes Ergebnis:
Unter Beachtung der Ziele und Berücksichtigung der Grundsätze der Raumordnung, die sich aus § 2 Abs. 2 ROG i. V. m. § 1 Abs. 4 LPlG, dem Bundesraumordnungsplan für den Hochwasserschutz (BRPHV), dem Landesentwicklungspro-gramm (LEP) IV und dem regionalen Raumordnungsplan Mittelrhein-Westerwald 2017 (RROP) sowie § 2 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ergeben, ergeht - nach Prüfung und Auswertung der Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten - auf der Grundlage von § 15 Abs. 1 ROG i. V. m. § 17 Abs. 2 LPlG als Verfahrensergebnis folgender raumordnerischer Entscheid:
Die Errichtung einer Freiflächen-Photovoltaikanlage (FF-PVA) in den Ortsgemeinden Dieblich und Waldesch, VG Rhein-Mosel, Landkreis Mayen-Koblenz, ist mit den Erfordernissen der Raumordnung sowie anderen raumbedeutsamen Planungen unter folgenden Maßgaben vereinbar:
1. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Bestimmungen des Bundesraumordnungsplans Hochwasserschutz ist den darin enthaltenen Anforderungen in den nachfolgenden Verfahren unter Einbindung der zuständigen Wasser- und Bodenschutzbehörden Rechnung zu tragen. Die Gefährdung durch Starkregenereignisse des Plangebietes ist im Rahmen der Bauleitplanung genauer zu untersuchen. Mögliche Gefährdungen durch Starkregen sollen in der Bauleitplanung berücksichtigt werden. Die Errichtung von Neubauten und Solaranlagen soll in einer an mögliche Überflutungen angepassten Bauweise erfolgen. Abflussrinnen sollen von Bebauung freigehalten und geeignete Maßnahmen (wie z. B. Notwasserwege) ergriffen werden, sodass ein möglichst schadloser Abfluss des Wassers durch die Bebauung gewährleistet werden kann.
2. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Grundsatz (G) 85 des LEP IV und zur Minimierung der Auswirkungen auf das Landschaftsbild sind auf Ebene der Bauleitplanung entsprechend geeignete Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sowie Ausgleichsmaßnahmen nachzuweisen und konkret festzusetzen.
3. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit G 96 des LEP IV gilt das Folgende: Bei Baumaßnahmen in diesem Bereich trägt der Bauherr die Kosten der eventuell notwendigen archäologischen Untersuchungen nach § 21 Abs. 3 DSchG RLP. Ferner ist gemäß § 2 Abs. 3 DSchG RLP die Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE), Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz im weiteren Planungsverfahren zu beteiligen.
Vor Beginn etwaiger Erdarbeiten (z. B. Anlage eines Kabelgrabens) ist die GDKE, Erdgeschichtliche Denkmalpflege, Direktion Landesarchäologie, Außenstelle Koblenz, rechtzeitig (4 Wochen vorher) zu informieren. Bei Fossilienfunden wird auf die Anzeige-, Erhaltungs- und Ablieferungspflicht hingewiesen (§ 16-20 DSchG RLP).
4. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit G 97 i. V. m. G 98 LEP IV ist im weiteren Planungs- und Zulassungsverfahrens der Nachweis der Verträglichkeit mit den Natura-2000-Gebieten Vogelschutzgebiet (VSG) „Mittel- und Untermosel“ sowie VSG „Mittelrheintal“ zu erbringen. Auch ein mögliches „Hineinwirken der Planung“ in die Gebiete und ein mögliches Zusammenwirken mit weiteren angrenzend beantragten Flächen („FF-PVA Dieblich-Naßheck“) sind abzuprüfen.
Aufgrund der groben, verfahrensentsprechenden Maßstäblichkeit sollen die im ROV vorgelegten Ergebnisse aber im anschließenden Bauleitplanverfahren nochmals geprüft und detailliert werden.
Grundsätzlich muss die (Vor-) Prüfung für jedes Natura-2000-Gebiet separat erfolgen. Den darüberhinausgehenden artenschutzrechtlichen Bestimmungen ist ebenfalls zu entsprechen und dies im weiteren Planungs- und Zulassungsverfahren nachzuweisen. Hierfür ist den in diesem Verfahren eingegangenen Hinweisen bezüglich Vollständigkeit, Aktualität, Untersuchungstiefe und Berücksichtigung kumulativer Wirkungen nach Abstimmung mit der zuständigen Naturschutzbehörde zu entsprechen.
Auf Ebene der Bauleitplanung sind wegen des exponierten Standortes im LSG entsprechend geeignete Vermeidungs- und Minimierungsmaßnahmen sowie Ausgleichsmaßnahmen konkret festzusetzen, um den Schutzzweck des Gebiets nicht zu gefährden. Hierzu zählen die im vorgelegten Gutachten vorgeschlagenen Eingrünungsmaßnahmen, die Umwandlung von Acker in Grünlandflächen, die Verwendung einer Antireflexbeschichtung für die Module.
Zum Schutz des essentiellen Nahrungsraumes des Rotmilans wird dringend empfohlen, die Untersuchungen weiter zu vertiefen, damit keine Restzweifel an der Verträglichkeit der Planung verbleiben. Zur besseren Verträglichkeit der Anlage werden breite Modulabstände fachlich ausdrücklich empfohlen (5-6 m statt 3 m).
Detaillierte und ergänzende Ausführungen insbesondere zu weiteren Artengruppen wie z. B. Kleinsäugern, Faltern und Reptilien und zur Bedeutung des Standorts als möglicher Rastplatz für die Vogelfauna fehlen in den Unterlagen und können vorliegend dem Bauleitplanverfahren vorbehalten bleiben. Diese sind mit der unteren Naturschutzbehörde abzustimmen.
Optionen der Kompensation werden in den Unterlagen aufgezeigt und sind auf Ebene der Bauleitplanung zu konkretisieren. Bevorzugt soll der Ausgleich direkt im Bereich der Anlagen erfolgen.
5. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Ziel (Z) 103 des LEP IV ist eine bau-, anlagen- und betriebsbedingte Beeinträchtigung des Grundwassers durch das Vorhaben auszuschließen. Im weiteren Verfahren sind dahingehend die Wasserbehörden der Kreisverwaltung (KV) Mayen-Koblenz und der SGD Nord einzubinden und deren Stellungnahmen Rechnung zu tragen.
6. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Z 111 des LEP IV wird empfohlen, gemäß § 55 Abs. 2 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) die anfallenden, unbelasteten Oberflächenwässer, wenn Topografie und Bodenverhältnisse dies zulassen, breitflächig über die belebte Bodenzone zu versickern. Für die Errichtung einer Anlage im 10-m-Bereich eines Gewässers III. Ordnung (Konderbach) bedarf es nach § 31 Landeswassergesetz (LWG) einer wasserrechtlichen Genehmigung der zuständigen unteren Wasserbehörde.
7. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit G 112 des LEP IV gilt das Folgende: die Vorgaben der Landesverordnung über die Kompensation von Eingriffen in Natur und Landschaft vom 12. Juni 2018 sind einzuhalten.
8. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit G 124 des LEP IV schlägt die Zentralstelle der Forstverwaltung (ZdF) in Abstimmung mit dem Forstamt Koblenz nach eingehender Begutachtung vor Ort folgende Mindestabstände zum Schutz vor Beschädigung durch umfallende Bäume zum Waldrand vor (sollte die berechnete Verschattung weiterreichen, sei der Abstand zu erweitern) und die in den Bauleitplänen in Form von Baugrenzen festgelegt werden sollen:
Der Abschluss einer Haftungsverzichterklärung mit den jeweilig betroffenen Waldbesitzenden wird empfohlen.
9. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit Z 148 des LEP IV ist eine Gefährdung
(z. B. durch Blendung, o. ä.) der Verkehrsteilnehmer auf der Bundesautobahn (BAB) A 61 jederzeit auszuschließen. Hierzu ist ein entsprechendes Blendgutachten vorzulegen. Es wird insbesondere auf die Berücksichtigung der Blendwirkung auf die benachbarte Wohnbebauung (Vollzugshinweise, S. 13) hingewiesen.
10. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens - soweit es mit einem Vorranggebiet für Landwirtschaft überlagert - mit Z 83 des RROP Mittelrhein-Westerwald hat die SGD Nord als obere Landesplanungsbehörde den Zielabweichungsbescheid vom 20.09.2024 (Az.: 14 91-137 09/41) erlassen. Bestandskraft des Zielabweichungsbescheids liegt derzeit noch nicht vor.
11. Zur Vereinbarkeit des Vorhabens mit G 86 des RROP Mittelrhein-Westerwald soll im Zusammenhang mit der (vorbereitenden) Bauleitplanung zur geeigneten Berücksichtigung und Abwägung landwirtschaftlicher Belange (siehe auch § 1 Abs. 6 Nr. 8 b) Baugesetzbuch) eine landwirtschaftliche Betroffenheitsanalyse unter Einbeziehung weiterer zu berücksichtigender Planungen erarbeitet und die sich hieraus ergebenden Maßnahmen zur Vermeidung, Verringerung und zum Ausgleich der vorhabenbedingten Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Nutzung umgesetzt werden.
Hinweise:
1. Im Planbereich verläuft die 110-kV-Hochspannungsfreileitung Pkt. Nassheck - Hünenfeld, Bl. 0963 (Maste 4 bis 8) der Westnetz GmbH. Die bestehenden Hochspannungsleitungen sind durch beschränkt persönliche Dienstbarkeiten grundbuchlich gesichert. In den Dienstbarkeiten ist vereinbart, dass die entsprechenden Grundstücke für den Bau, den Betrieb und die Unterhaltung von Hochspannungsleitungen mit dazugehörigen Masten und ihrem Zubehör einschließlich Fernmeldeluftkabel in Anspruch genommen und betreten werden dürfen. Im Schutzstreifen ist die Errichtung von Bauwerken unstatthaft. Bäume und Sträucher dürfen die Leitungen nicht gefährden, auch Montage- und Unterhaltungsarbeiten sowie Arbeitsfahrzeuge nicht behindern. Die Beurteilung, ob die Photovoltaikanlage durch elektrische und magnetische Felder der Hochspannungsfreileitungen möglicherweise beeinträchtigt wird, ist von der Antragstellerin mit den Herstellern der Anlage im Vorfeld abzustimmen.
Unter den Leiterseilen einer Hochspannungsfreileitung ist mit Vogelschlag und Eisabwurf zu rechnen. Es wird deshalb empfohlen, die Photovoltaikelemente nicht unterhalb der Hochspannungsfreileitung zu planen.
Der Abschluss einer Vereinbarung des Vorhabenträgers mit der Westnetz GmbH ist erforderlich.
2. Für die folgenden Bauleitplanverfahren wird auf die Landesverordnung über Gebote für Solaranlagen und die dazugehörigen Durchführungshinweise verwiesen. Diese enthalten u.a. Abstandsvorgaben zu landwirtschaftlichen Betrieben, denen bei der Vorhabenkonkretisierung Rechnung getragen werden soll.
3. Zur Wahrung des vorbeugenden Brandschutzes soll in Abstimmung mit der Brandschutzdienststelle (angegliedert bei Referat 9.63 „Bauaufsicht, Bauleitplanung“) der KV Mayen-Koblenz, ggf. in Zusammenarbeit mit der VG Rhein-Mosel, als Trägerin der örtlichen Feuerwehr, ein Feuerwehrplan aufgestellt werden.
4. Sofern geplant ist, die bestehende Verkehrsbeschilderung im außerörtlichen Bereich anzupassen oder zu ändern, ist dies bei der KV Mayen-Koblenz als zuständige Straßenverkehrsbehörde rechtzeitig vorher zu beantragen. Zudem wird darauf hingewiesen, dass die straßenverkehrsrechtliche Zuständigkeit bei Wirtschaftswegen (nichtklassifziertes Straßenverkehrsnetz) bei der VG Rhein-Mosel liegt.
5. Im südwestlichen Zipfel des Plangebietes liegt die Haupttransport Leitung 500 GGG. Die im Betrieb befindliche Wasserleitung sowie die Steuerleitung in diesem Bereich sind grundlegend für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung im Versorgungsbereich des Zweckverbandes RheinHunsrück Wasser.
Der Standort der FF-PVA in den Ortsgemeinden Dieblich und Waldesch ist dem Standortplan im Maßstab 1: 25 000 zu entnehmen (Anlage 1 - siehe u. g. Download-Links).
Dieser ROE stellt ein sonstiges Erfordernis der Raumordnung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ROG dar. Er hat gegenüber dem Träger der Planung oder Maßnahme und gegenüber Einzelnen keine unmittelbare Rechtswirkung und ersetzt nicht die Genehmigungen, Planfeststellungen und sonstigen behördlichen Entscheidungen nach anderen Rechtsvorschriften (siehe § 17 Abs. 11 LPlG).
Das ROV für die Errichtung der FF-PVA in den Ortsgemeinden Dieblich und Waldesch ist damit abgeschlossen.
Das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens wird gemäß § 17 Abs. 7 Satz 2 LPlG hiermit ortsüblich bekannt gemacht und kann über nachfolgende Links eingesehen werden:
https://lmy.de/lRcvt
oder
https://sgdnord-safe.rlp.de/s/bRmWr57pYg3ES3P