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Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünfelden
Ausgabe 38/2025
Sonstige Mitteilungen
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Einweihung der Kläranlage Niederbrechen am 29.08.2025

© FOTO-EHRLICH.de

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Die Bodenplatte des neuen Belebungsbeckens wird bewehrt.

vorne: neues Belebungsbecken im Bau, rechts oben liegt das damals in Betrieb befindliche alte Belebungsbecken

Bau der beiden neuen Nachklärbecken

In den vergangenen fünf Jahren erfolgte die größte Umbaumaßnahme auf der Kläranlage Niederbrechen seit ihrem Bau vor annähernd 45 Jahren.

Warum war der Umbau erforderlich?

  • Höhere Anforderungen an die Reinigungsleistung für den Parameter Phosphat
  • Einhaltung der Anforderungen an die Klärschlammstabilisierung
  • Erweiterung der Kapazität der Kläranlage
  • Energieeinsparung
  • Die alten Betonbauwerke mussten saniert werden
  • Die alte maschinelle und elektrotechnische Ausrüstung musste erneuert werden
  • Sicherstellung des nachhaltigen Betriebs - u.a. zweistraßige Anlage

Planungsphase

Erste Überlegungen zur Umgestaltung der Kläranlage Niederbrechen gab es bereits im Jahr 2008, als eine Diplomarbeit zum Thema „energetische Sanierung der Kläranlage“ veranlasst wurde. Im Jahr 2011 lag uns eine Beton-Schadensdiagnose vor und 2012 wurde die erste Machbarkeitsstudie beauftragt. Bei diesen Voruntersuchungen wurde auch die Idee einer Zusammenlegung von insgesamt drei Kläranlagen in der Umgebung ins Gespräch gebracht, aber leider verworfen, weil einer der Partner ablehnte. Vor acht Jahren wurden die ersten konkreten Planungsleistungen an eine Planungsgemeinschaft vergeben. Der Baubeginn fand 2020 statt (Pressetermin am 09.09.2020).

Selbstverständlich mussten Abwasserreinigung und Schlammbehandlung während der gesamten Bauphase aufrechterhalten werden; die Reinigungsanforderungen galten auch in der Zeit des Umbaus. Das ist einer der Gründe dafür, dass die Umbauten schrittweise, nach und nach umgesetzt werden mussten. Diese Umsetzung und die Komplexität der Baumaßnahmen bedurften mehrerer Jahre intensiver planerischer Vorbereitung und mehr als 25 verschiedener europaweiter und nationale Ausschreibungen.

Was genau wurde gebaut?

Im ersten Bauabschnitt wurden die Bauwerke Zulaufpumpwerk, Sandfang und Eindicker saniert und mit neuer Maschinentechnik ausgerüstet. Außerdem wurden die Rechenanlage und die Schlammentwässerung vollständig neu gebaut. Die zugehörigen Elektro- und Schaltanlagen wurden ebenfalls komplett erneuert. Zur Aufrechterhaltung der Funktionen dieser Behandlungsschritte mussten während der Umbauarbeiten aufwendige Provisorien eingerichtet werden.

Der größere zweite Bauabschnitt umfasste den Neubau der kompletten biologischen Reinigungsstufe mit zwei Belebungsbecken, einem Vorklärbecken, dem Neubau eines Faulbehälters, eines Gasbehälters, eines Technikgebäudes zur Aufnahme von Pumpen, Gebläsen, Vorentwässerung, Gasverwertung, Heizung und Dosiervorrichtung für die Phosphorelimination.

Außerdem wurden auf dem gesamten Kläranlagengelände nahezu alle verbindenden Rohrleitungen und Elektro- und Steuerkabel neu verlegt werden.

Das größte neue Bauwerk ist das zweigeteilte Belebungsbecken. Das Becken ist insgesamt rund 31 m breit, 46 m lang und annähernd 8 m tief. Der Beckeninhalt beträgt 8.200 m³ - das ist etwa das 1,6-fache des täglichen Zuflusses bei Trockenwetter. Die Bodenplatte des neuen Belebungsbeckens ist rund 60 cm dick und besteht aus rund 900 m³ Beton (rund 120 Betonfahrzeuge) und 200 t Stahl (siehe Bilder 1). Vor der Errichtung dieses Beckens mussten zunächst der Weg östlich der Kläranlage und ein großer Kanal aus dem Baufeld verlegt werden.

Anschließend wurde die Baugrube für Belebungsbecken, Vorklärbecken und den Keller des Technikgebäudes direkt neben dem noch in Betrieb befindlichen alten Belebungsbecken ausgehoben (siehe Bild 2).

Erst nach der Fertigstellung und der Inbetriebnahme der Belebungsbecken am 31.01.2023 konnte das alte Belebungsbecken entleert, gereinigt und abgerissen werden. Anschließend wurden im letzten Bauabschnitt die beiden neuen Nachklärbecken an der Stelle des abgerissenen Belebungsbeckens errichtet (siehe Bild 3). Nach der Inbetriebnahme der neuen Nachklärung am 11.06.2025 konnte das alte Nachklärbecken abgerissen werden.

Highlights

Beim Umbau der Kläranlage Niederbrechen wurde besonders großer Wert auf die energetische Optimierung der Anlage gelegt. Hierfür wurde eine neue Behandlungsstufe - die so genannte anaerobe Stabilisierung oder Faulung - mit Gasverwertung eingerichtet. Bei dieser Behandlungsstufe wird der anfallende Klärschlamm in einem separaten Behälter weitergehend stabilisiert (anaerobe Stabilisierung). Der so genannte Faulbehälter ist mit einer Höhe von annähernd 15 m und einem Volumen von rund 1.250 m³ der höchste Behälter auf der Kläranlage und nicht zu übersehen. Während dieser Stabilisierung wird bei rund 38°C aus Biomasse (Klärschlamm) Faulgas erzeugt. Dieses Faulgas wird in einem oberirdischen Behälter zwischengespeichert und zu einem Blockheizkraftwerk geleitet, in dem Strom und Wärme aus dem Faulgas gewonnen werden. Somit können durch die Nutzung dieser regenerativen Energie rund 50 bis 60 % des auf der Kläranlage benötigten Strombedarfs und der gesamte Wärmebedarf der Anlage gedeckt werden. Gegenüber dem früheren Zustand werden somit rund 178 t CO2 pro Jahr durch die Umstellung auf Faulung reduziert - das entspricht einer CO2-Einsparung von 5.335 t in den nächsten 30 Betriebsjahren.

Einer der größten Energieverbraucher auf der Kläranlage ist die Belüftung der Bakterienmasse in den Belebungsbecken. In diesen Becken werden die gelösten Abwasserinhaltsstoffe durch spezielle Bakterien abgebaut - ein ganz wesentlicher Behandlungsschritt auf Kläranlagen. Bei der Belüftung in den neu gebauten Belebungsbecken wird eine Technik eingesetzt, die besonders energieeffizient arbeitet und somit vergleichsweise wenig Energie verbraucht. Außerdem werden weitere große Antriebe mit speziellen, energiesparenden Motoren ausgerüstet, um insgesamt den Energieverbrauch der Kläranlage und damit auch Treibhausgasemissionen so gering wie möglich zu halten (CO -Einsparung ca. 108 t pro Jahr).

Kosten

Die Kosten der gesamten Baumaßnahme sind mit 30 Mio. € geplant. Es sind noch abschließende Arbeiten auszuführen, außerdem liegen noch nicht alle geprüften Schlussrechnungen vor. Aus heutiger Sicht wird die veranschlagte Bausumme nicht vollständig benötigt.

Förderung durch Bund und Land

Das Land Hessen fördert die Modernisierung und technische Optimierung der Kläranlage Niederbrechen mit rund 2,1 Millionen Euro. Diese Mittel wurden insbesondere für die Reduktion der Phosphatemissionen gewährt.

Für die Einrichtung der anaeroben Stabilisierung (Faulung) mit Nebeneinrichtungen erhält der Abwasserverband Goldener Grund eine Förderung des Bundes: Im Rahmen des Klimaschutzplans 2050 der Bundesregierung „Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld“ wurde eine Fördersumme in Höhe von 500.000,- € ausgezahlt.

Auch für die Maßnahmen zum effizienten Energieeinsatz (siehe oben) bekam der Abwasserverband Goldener Grund eine Förderung des Bundes aus dem Klimaschutzplan 2050 in Höhe von rund 260.000,- €

Erläuterung zur Förderung aus Bundesmitteln:

Die beiden letztgenannten Zuwendungen gehören zur „Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundes“: Mit der Nationalen Klimaschutzinitiative initiiert und fördert das Bundesumweltministerium seit 2008 zahlreiche Projekte, die einen Beitrag zur Senkung der Treibhausgasemissionen leisten. Ihre Programme und Projekte decken ein breites Spektrum an Klimaschutzaktivitäten ab: Von der Entwicklung langfristiger Strategien bis•hin zu konkreten Hilfestellungen und investiven Fördermaßnahmen. Diese Vielfalt ist Garant für gute Ideen. Die Nationale Klimaschutzinitiative trägt zu einer Verankerung des Klimaschutzes vor Ort bei. Von ihr profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher ebenso wie Unternehmen, Kommunen oder Bildungseinrichtungen.

Bad Camberg, 27.08.2025
gez. Fink, Verbandsgeschäftsführer

Kläranlagenbetriebsverband Ems- und Wörsbachtal

Abwasserverband Goldener Grund

In der Gänsau, 65611 Brechen

(Fink) Tel.: 06434 / 90785-0

www.kbv-badcamberg.de

Stationen der Besichtigung

  1. Rechengebäude, Sandfang, Schlammentwässerung
  2. Vorklärbecken und Belebungsbecken
  3. Nachklärung
  4. Faulbehälter, Gasbehälter, Fällmitteltanks
  5. Maschinelle Überschussschlammeindickung, Gebläse
  6. Pumpenkeller

Daten zum Abwasserverband Goldener Grund:

Verbandsgründung:

18.04.1973

Kläranlage:

Niederbrechen

Bemessungsgröße

Kläranlage:

38.000 Einwohnergleichwerte

Abwasserzufluss

zur Kläranlage:

3 Mio. m³ Abwasser pro Jahr

Länge Hauptkanäle:

43 km

Anzahl Entlastungsanlagen:

27

Angeschlossene Kommunen:

Brechen, Hünfelden, Villmar mit dem Ortsteil Weyer, Selters mit dem Ortsteil Münster und Weilmünster mit dem Ortsteil Wolfenhausen

Verbandsvorsteherin:

Bürgermeisterin S. Scheu-Menzer

Stellv. Verbandsvorsteher:

Bürgermeister F. Groos

Fotos aus der Bauphase: