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Domstadt - Heimat- und Bürgerzeitung für die Stadt Limburg
Ausgabe 35/2022
Stadt Limburg
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Fast alles wie bei den Großen in der Kinderspielstadt

Leon (rechts) dreht am Glücksrad, das ist Bestandteil des Freizeitsparks, der seine Aktivitäten und sein Angebot auch einmal unter dem Dach anbieten musste. Der Freizeitpark gehört zu den verschiedenen Betrieben in der Kinderspielstadt, die Arbeitsplätze bieten.

Josie (links) kauft Spritzen für das Kunstatelier der Kinderspielstadt. Was sie braucht, bekommt sie von Smilla und Helena im Kaufladen. Gezahlt wird mit Lahntalern.

Auf den Beauty Salon hat es einen Angriff mit Wasserbomben gegeben. Die Polizei versucht den Fall aufzuklären. Josia, Emilia und Tom haben die Ermittlungen aufgenommen und verfolgen schon eine heiße Spur, denn der oder die Täter haben sichtbare Wassertropfen hinterlassen. Den Tätern droht eine Geldstrafe, die in Lahntalern gezahlt werden muss. Oder, was vielleicht noch abschreckender wirkt: Sie müssen im Beauty Salon arbeiten.

Die Polizei, der Beauty-Salon und auch die Wasserbomben-Werfer waren Bestandteil der Kinderspielstadt im Nachbarschaftszentrum Nord in Limburg. Das Gebäude und ein Teil des Umfeldes verwandelten sich für zwei Wochen in „Unsere kleine Stadt Limburg“. 50 Kinder im Alter zwischen acht und 13 Jahren lebten dort täglich von 8.30 bis 15 Uhr nach festen Regeln, doch in einem sehr dynamischen Verbund. Fast alles ist wie bei den Großen, aber doch ganz anders, eben eine Kinderspielstadt.

Natürlich gab es Geld in dieser besonderen Stadt. Das wurde gebraucht zum Einkaufen und wurde verdient durch tägliche Arbeit. Wenn Smilla und Helene in ihrem Laden arbeiteten, dann gingt Ware gegen Geld über den Verkaufstisch. Josi kaufte zum Beispiel Spritzen ein, die in der Kunstwerkstadt benötigt wurden, um Farbe auf die Leinwand zu spritzen. „Wenn wir etwas nicht haben, dann nehmen wir Bestellungen auf, unsere Betreuer besorgen es dann und am nächsten Tag händigen wir es an unsere Kunden aus“, erzählte Smilla.

Eigene Stadt entwickeln

ne„Die Kinder entwickeln hier ihre eigene Stadt, wir als Betreuungsteam halten uns ziemlich im Hintergrund“, sagte Vanessa Soukup, Mitarbeiterin der städtischen Jugendarbeit. Dennoch stand den Kindern ein recht umfangreiches Team aus hauptamtlichen Kräften der Stadt, ehrenamtlichen Betreuern, Kooperationspartnern wie der Dombibliothek oder der Kreissparkasse und der Volksbank sowie Praktikantinnen der Adolf-Reichwein-Schule zur Seite.

Die kleine Stadt bestand aus Betrieben wie dem Kaufhaus oder dem Beauty-Salon, es gab auch eine Bäckerei mit Café, einen Freizeitpark oder ein Tanzstudio, das Kunstlabor oder die Bibliothek und das Redaktionsteam einer Zeitung. Und natürlich gab es die Polizei und mit Jakob auch einen Bürgermeister, der ein Dienstzimmer hat und am dritten Tag der Freizeit gewählt worden ist. Ein Bürgerbüro und das Arbeitsamt runden das Angebot an Institutionen ab. Wer in der Kinderspielstadt dabei sein will, der benötigt einen Bürgerausweis.

Mehr Bewohner als Jobs

Morgens zwischen 8.30 und 9 Uhr standen die Jobs und Arbeitsplätze zur Verfügung und wurden vom Arbeitsamt für einen Tag vergeben. Wer früh da war, hatte die größte Auswahl. Wer spät kam, musste nehmen, was noch vorhanden war oder ging sogar leer aus, denn die Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner der Kinderspielstadt war größer als die Zahl der zu vergebenden Arbeitsplätze. „Es kommt dann auch schon mal vor, dass sich die Teilnehmenden als Bettler ihre Lahntaler verdienen“, sagte Christian Spiegelberg als Leiter des Amts für soziale Betreuung. Vorgesehen war das nicht, aber es war möglich. Genauso wie auch andere unvorhergesehene Arbeiten der Kreativität der jungen Teilnehmenden entspringen konnten.

Nach Spiegelbergs Angaben galt es, spielerisch Zusammenhänge zu erkennen und zu erfahren. Für was die Kinder anschließend ihr verdientes Geld ausgaben, das war ganz unterschiedlich. Viele besuchten den Freizeitpark, andere kauften Kuchen. Das haben ganz viele gemacht, so dass das Stück Kuchen auch preislich erheblich anstieg: Von einem auf vier Lahntaler. Was begehrt ist, wird eben teuer - wie im richtigen Leben oder im Leben der Großen.

Die Idee einer Kinderspielstadt, in anderen Kommunen gibt es ähnliche Angebote durchaus schon etwas länger, kam nach Angaben von Spiegelberg auch deshalb auf, um die Zahl der Kinder, die an der Ferienfreizeit der Stadt teilnehmen können, zu erhöhen. „Bei unseren Angeboten in den vergangenen Jahren gab es immer Wartelisten und wir konnten nicht alle berücksichtigen, die teilnehmen wollten“, macht er deutlich. Konnten in der Vergangenheit 20 bis 25 Kinder pro Veranstaltung teilnehmen, konnten nun bis zu 80 Kinder die über zwei Wochen laufende Kinderspielstadt besuchen. 50 Kinder waren es und nicht alle aus Limburg, sondern aufgrund von freien Kapazitäten auch einige aus den Nachbarkommunen.

Neues Angebot

„Ziel ist es, mit der Kinderspielstadt ein dynamisches Angebot zu machen, dass die Kinder selbst gestalten können. Dabei gibt es keine festen Strukturen, jedoch klare Regeln, die einzuhalten sind“, macht Spielberg deutlich. Das neue Angebot der städtischen Jugendarbeit wurde nach seinen Angaben nur möglich, da Anke Stöver als Honorarkraft erhebliche Vorarbeit geleistet und zusammen mit einem Kernteam die Kinderspielstadt auf die Beine gestellt habe.

Die Kinder wurden mit einem Mittagessen versorgt, das jeden Tag frisch zubereitet wurde. Nach der Mittagspause ging es dann auch schon mal in die Disco, in der sich normalerweise das Tanzstudio befand. Und jeder Tag in der Kinderspielstadt schloss mit einer Bürgerversammlung, die vom Bürgermeister geleitet wurde und auf der alles besprochen wurde, was anlag.

Zwei Wochen diente das Nachbarschaftszentrum in der Nordstadt als Kinderspielstadt. In diesen Tagen hielten sich die Regieeingriffe des Betreuerteams sehr in Grenzen. Nur einmal war dies notwendig. „Der Verkauf von Süßigkeiten im Kaufladen mussten wir beenden, indem wir den Nachschub unterbrochen haben“, erzählte Vanessa Soukup. Da ging doch zu viel Ware über den Tisch, zumal es durchaus eine Grundversorgung auch mit Süßigkeiten in der Kinderspielstadt gab.