Die 2005 abgebrochene Beuerbacher Schule, rechts das Lehrerwohnhaus aus dem Jahr 1820, links der Schulbau aus dem Jahr 1912
Alte Schulscheune vor Abbruch 1960
Die alten Beuerbacher hatten es mit der Gründung einer Schule nicht so eilig. In dem Bericht der Synode der Grafschaft Naussau-Idstein heißt es 1593 nach einer sogenannten „Visitation“: „In Beuerbach war auch keine Schule eingerichtet, dort war schwer zu helfen.“
Erst im Jahr 1612 war es dann soweit: Für die Beuerbacher Kinder begann die Schule in Bechtheim! Denn dort wurde unter Leitung des örtlichen Pfarrers Schönbach eine Schule für das Kirchspiel Bechtheim, Ketternschwalbach und Beuerbach eingerichtet. Die Schule stand unterhalb der Kirche - symbolisch für die Trägerschaft. Bild und mehr dazu können Sie in den folgenden Beitrag über Bechtheim lesen. Unterbrochen wurde dieses Schulangebot schon bald durch die Wirren des 30-jährigen Krieges (1618 -1648). Über 20 Jahre, von 1635 bis 1656 mussten die wenigen Schüler, die es im Krieg noch gab, nach Wallrabenstein in die Schule gehen, soweit im Krieg überhaupt Unterricht stattfand.
Erst 100 Jahre später (1715) entschlossen sich die Beuerbacher, eine eigene Schule zu errichten. Dazu wurde das Backhaus unterhalb der Kirche aufgestockt. Das muss allerdings eine sehr primitive Lösung gewesen sein, denn 1782 schrieb der Bechtheimer Pfarrer Becker zur Situation in Beuerbach in der Pfarrchonik: Er (der Lehrer Wilhelm Hofmann) lebt nun schon seit „… über 27 Jahren in der armseligsten Beuerbacher Schule, in der kläglichsten Wohnung auf dem Backhaus, wo er auch schob Feuersgefahr ausgesetzt war.“ Es kam, wie es kommen musste: Im April 1818 brannte die Scheune des Nachbarn Andreas Fischer (heute Wörsbachstr. 24) ab und mit ihr auch Backhaus und Schule. Heute gehört die Fläche zum Straßenbereich bzw. zum Hang unterhalb der Kirche.
Mit dem Neubau der Schule am damaligen Ortsrand (heute Ortsmitte) im Jahre 1819/20 setzte sich Beuerbach an die Spitze der Entwicklung. Schulhaus, Lehrerwohnung, Scheune, Schulgarten, Schulhof, alles entstand auf einer großzügig bemessenen Fläche und begeisterte den damaligen Lehrer Alberti zu folgender Eintragung in die Schulchronik: „Im Jahre 1820 den 24. Oktober bezog ich die neu erbaute Schule mit großem Vergnügen …“. Wegen der Raumhöhe des Schulraumes musste die Gemeinde sogar das Holzkontingent für die Heizung deutlich erhöhen. Motor dieser Entwicklung war der umtriebige Schultheiß Peter Brand (heute Kanalstr. 7), der die Gemeinde auch in anderen Bereichen voranbrachte und modernisierte.
Schon 50 Jahre später war der stolze Neubau zu klein geworden: 1871 zählte die Schule in unverändert einer Klasse mit einem Lehrer 107 Kinder. Es wurde schwierig, Lehrer zu finden, die diese Aufgabe übernahmen. Die Folge war häufiger Lehrerwechsel. Auch das Drängen der Regierung in Wiesbaden konnte die Gemeindevertretung nicht bewegen, einen weiteren Lehrer anzustellen. Sogar die Reichsregierung in Berlin wurde auf den Fall aufmerksam und setzte Beuerbach auf die deutschlandweite Liste der einklassigen Schulen mit mehr als 80 Kindern.
Erst im Jahre 1912 entstand endlich der zweiklassige Neubau der Schule auf der vorhandenen Fläche des alten Schulsaales neben dem Lehrerwohnhaus. Die Gemeinde hatte die Beteiligung an den Baukosten seitens des Kreises Untertaunus und des Staates Preußen nach vielem Hin und Her durchgesetzt. Mit der Einweihung stellte die Gemeinde endlich auch einen zweiten Lehrer ein. Der Schulneubau erhielt im Dachgeschoss auch eine kleine Wohnung für den 2. Lehrer. Etwa 50 Kinder pro Klasse war damals normal, wäre aber heute undenkbar.
Wieder etwa 100 Jahre später kam das Ende für die 1912 gebaute Schule und das noch von 1820 stammende Lehrerwohnhaus. Nach dem Umzug der Schule in die neue Mittelpunktschule Wallrabenstein im November 1965 bzw. im Sommer 1969 (Grundschule) diente das Gebäude im oberen Stockwerk noch als Gemeinschaftsraum für die Vereine und im unteren Stockwerk als Bürgermeisteramt mit Sitzungszimmer, letzteres aber nur bis zur Gründung von Hünstetten. Im Lehrerwohnhaus hatte der Jugendclub für einige Jahre seine Bleibe. Der Verkauf der Fläche mit Berechtigung zum Abbruch der Schulgebäude an eine Baufima trug einen erheblichen Teil zur Finanzierung des neuen Gemeindezentrums im Wiesengrund bei. 2005 wurden die Gebäude durch den neuen Besitzer abgebrochen. Das gleiche Schicksal hatte die alte Schulscheune bereits 1960 ereilt, allerdings wegen Baufälligkeit.
Fakt ist: In Beuerbach erinnert kein Gebäude mehr an die Zeit der Dorfschulen. Sicher kann man darüber streiten, ob der Verkauf und der Abbruch der alten Schule ein wenig sensibler Vorgang war und ob man die Gebäude als Teil der örtlichen Erinnerungskultur hätte erhalten sollen. Für letzteres liefert Bechtheim ein gutes Beispiel. Aber Beuerbach hat an anderer Stelle Zeichen gesetzt: Die Rückholung der mehr als 350 Jahre alten Kathrinenglocke (auch Katharinenglocke) im Jahre 1964 und ihre Installation als Totenglocke neben der Trauerhalle.
Manfried Weber
P. S.: Der Beitrag basiert auf dem Kapitel „Schule“ in der Ortschronik des Verfassers aus dem Jahr 2012