Wallbach (1881), Oberlibbach (1892) und Kesselbach (1911) sind die Ortsteile, in denen zuletzt eine eigene Dorfschule entstand, weil diese Orte lange die Kinder in Gemeinschaftsschulen mit Nachbarn geschickt hatten. Den Wallbacher Kindern, die mit Limbach zunächst in die Kirchspielschule in Strinz Tr. gingen, stand aber bereits sehr früh eine Schulbildung bereit, weil dort schon 1562 die erste Dorfschule der Grafschaft Idstein gegründet worden war. In einem ersten Zwischenschritt trennten sich 1781 Limbach und Wallbach von Strinz und gründeten in Limbach eine gemeinsame Schule. Erst weitere 100 Jahre später, im Jahr 1881, schaffte es dann Wallbach, eine eigene Schule zu eröffnen.
Schon 1871 hatte Wallbach versucht, seine Kinder in den Ort zu holen, doch scheiterte die Initiative am Lehrermangel, es fand sich kein Lehrer für Wallbach. Als 1880 der Limbacher Lehrer starb, versuchte man es in Wallbach erneut und war erfolgreich. Die Regierung in Wiesbaden stimmte zu und als erster Lehrer wurde Karl Kopp aus Niederlibbach im Mai 1881 eingestellt, aber es fehlte noch das Schulhaus.
Für die Übergangszeit mietete die Gemeinde ein Gebäude mit zwei Räumen, einen als (sehr kleinen) Lehrsaal und einen für den Lehrer zum Wohnen. Das Provisorium sollte zwei Jahre dauern. Noch 1881 wurde aber der Bauplatz für die neue Schule am damals östlichen Ortsrand festgelegt und das Grundstück gekauft. Die Baumaßnahme begann mit den Erdarbeiten im zeitigen Frühjahr 1883, es folgte die Grundsteinlegung im April und schon Ende August konnte die Einweihung gebührend gefeiert werden. Das ganze Dorf war geschmückt und ein großer Festzug zog von der provisorischen Schule zum neuen Haus, das neben dem Schulsaal auch eine (kleine) Lehrerwohnung beherbergte und von Schulhof und Schulgarten umgeben war. Der Schulbau war eine große Leistung für das kleine Dorf, das damals nur etwa 200 Einwohner hatte.
In den folgenden Jahrzehnten tat sich nicht viel. Die Schülerzahl schwankte um die 40, was unter damaligen Verhältnissen nicht viel war, wenn man z. B. mit Beuerbach und Wallrabenstein vergleicht. In den 90er Jahren kämpfte der Lehrer um den Vollausbau der Lehrerwohnung, was schließlich mit Küche und drei Zimmern gelang. Turnen wurde in den Lehrplan aufgenommen und dazu Geräte angeschafft. 1910 gründete die Gemeinde eine ländliche Fortbildungsschule für die Jugend, in der zweimal wöchentlich abends je zwei Stunden unterrichtet wurde, was für den Lehrer einen Nebenverdienst brachte. 1927 wird in der Schulchronik erstmals von einem Schulausflug ins Kannebäcker Land berichtet. Und heute undenkbar: Bis 1899 wurde das Schulgebäude nach einem umschichtigen Plan von den Mädchen!! gereinigt, erst 1900 stellte die Gemeinde eine Putzfrau ein.
Viehzählung im Jahr 1900 in Wallbach lt. Schulchronik:
16 Pferde
185 Stück Rindvieh
157 Schweine
40 Ziegen
353 Stück Federvieh
11 Bienenstöcke
außerdem gab es in der Flur 1276 Obstbäume
Auffällig im Vergleich zu heutigen Schulprogrammen ist: Immer wieder fanden in den Schulen Gedenktage zu historischen Ereignissen oder Persönlichkeiten an deren runden Geburts/-Todestagen statt: Goethe, Schiller, Melachton, die Kaiser, die Schlacht bei Sedan 1870, u. a. m.. Eine solche Erinnerungskultur, z. B. für die demokratische Entwicklung unseres Landes, wäre auch heute nicht schlecht in den Schulen.
Was in der Wallbacher Schulchronik, aber auch in anderen Schulchroniken, besonders häufig zu lesen ist, sind Berichte über Ereignisse aus dem dörflichen Leben (Wetter, Ernte, Vereine, Wahlen, Lehrervergütung, besondere Ereignisse). Hier einige Beispiele aus der Wallbacher Chronik:
1901 wurde auf dem Hühnerberg eine Aussichtsplattform in 10 m Höhe errichtet. Wo ist er geblieben??
1905 fand das Kaisermanöver im Taunus statt und der Kaiser durchfuhr mit seinem Anhang auch Wallbach, dessen Bevölkerung am Straßenrand stand und dem Kaiser zujubelte.
1921 bekam Wallbach elektrisches Licht ins Dorf (Anschluss durch die MKW)
1923: Flurbereinigung und Auswirkungen der Inflation im Dorf
1926: Das Postauto befördert auch Personen von und nach Idstein, der Weg von der Saubrücke zum Henriettenthaler Hof wir ausgebaut (Anschluss an den Bahnhof Wörsdorf)
Im Januar 1929 sank das Thermometer auf -28°, gewaltige Frostschäden
1941 werden die Schulen Wallbach und Limbach kriegsbedingt zusammengelegt
Die wohl längste Dienstzeit eines Lehrers in den Hünstetter Dörfern erreichte der Wallbacher Lehrer Karl Lohr. Er lebte und unterrichtete in Wallbach von 1910 bis 1951. In diese lange Zeit fallen die beiden Weltkriege, die Weimarer Republik, die NS-Zeit und der Anfang der Bundesrepublik. Da er immer auch das Zeitgeschehen mit den Folgen für das kleine Dorf beleuchtete, ist die Chronik ein unschätzbares Zeitdokument. Was besonders auffällt: Lehrer Lohr stand den Nationalsozialisten und dem Angriffskrieg 1939 kritisch gegenüber und lässt das auch in der Chronik durchblicken. So setzt er in seinem Bericht über eine Jubelfeier das Wort „Errungenschaften“ (für die Leistungen Hitlers) in Anführungszeichen!
Nach dem 2. Weltkrieg sprang die Schülerzahl durch die Flüchtlinge kurzzeitig nach oben (um 50), pendelte sich aber schon wenige Jahre später wieder durch Wegzug unter 40 ein. Anfang der 50er Jahre entschloss sich die Gemeinde durch die Initiative des neuen Lehrers Paul Jacobs (Lehrer 1951 - 1955) zum Um- und Ausbau der Schule, nachdem zunächst über einen Neubau nachgedacht worden war. Der Klassenraum wurde vergrößert, ein Gruppenraum neu eingerichtet, die Toilette ins Gebäude gelegt und die Lehrerwohnung vergrößert und mit Bad ausgestattet. Die Schulchronik zeigt das Gebäude im Grundriss vor und nach dem Ausbau sowie von außen mit einigen Fotos.
Lang sollte das modernisierte Gebäude aber nicht mehr als Schule dienen, denn Mitte der sechziger Jahre (1965) wechselte der letzte Lehrer Otto Engler mit den Wallbacher Kindern in die neu erbaute Mittelpunktschule nach Wallrabenstein, wo Engler die Aufgaben des stellv. Schulleiters übernahm. 1966 verließ Engler auch die Lehrerwohnung und zog nach Wallrabenstein. In diese zog 1966 die Familie Paul (Busunternehmen), allerdings nur kurzzeitig, denn ab 1972 diente das Schulhaus der neu entstandenen Großgemeinde Hünstetten als erstes Verwaltungsgebäude. Erst nachdem die Gemeinde 1976 in den Flachbau „Auf der Langwies“ gezogen war, wurde das ganze Schulhaus mit der zugehörigen Fläche von dem Busunternehmen Paul gekauft. Wallbach blieb also sein altes Schulhaus erhalten.
Grundlage des Textes ist die Wallbacher Schulchronik