Wie in anderen Orten begann auch für die Görsrother Kinder im Jahre 1610 die Schule als Kirchspielschule in Auroff, gehalten durch den örtlichen Pfarrer, wahrscheinlich mit Hilfe des Glöckners, aber nur im Winter. Im Sommer mussten damals die Kinder noch in der Landwirtschaft helfen. Man stelle sich das heute einmal vor: Die Kinder liefen im Winter bei Wind und Wetter, Schnee und Eis täglich zur Schule nach Auroff. Ab 1682 verordnete der Idsteiner Superintendent Elbert die ganzjährige Schulzeit. Ausgenommen war nur noch die Erntezeit, Vorläufer der heutigen Sommerferien.
Unterrichtet wurde aber schon früher in Görsroth und das war außergewöhnlich! Die Schule fand nämlich, beginnend 1622, im privaten Wohnhaus des Lehrers statt, was der Pfarrer in Auroff ausdrücklich mit den Worten festhielt: „Zu Girßrod ist kein Schulhaus sondern der itzige Schulmeister muss in seinem eignen Haus Schul halten, […].“
Während des 30-jährigen-Krieges (1618 – 1648) und danach noch bis 1660 fand wohl kein oder wenig Unterricht statt. 1660 ist im Idsteiner Amtsprotokoll festgehalten, dass der Lehrer Philips Christmann zum Unterricht nach Görsroth beordert wurde. Er hatte dort einen Bauplatz, aber kein Geld um zu bauen. Deshalb vereinbarte er mit dem Amt in Idstein, dass er den Bauplatz abgibt und dafür ein kleines älteres leerstehendes Haus bekommt, in dem dann auch wieder Schule stattfand.
Ein Schulhaus mit Lehrerwohnung wurde für Görsroth und Kesselbach nach langem Hin und Her erst im Jahre 1730 neben der Kirche gebaut. Schon seit etwa 1700 hatten die beiden Gemeinden die Herrschaft in Idstein auf den unmöglichen Zustand des Schul- und Lehrerhauses hingewiesen und um finanzielle Unterstützung für den Bau eines Schulhauses gebeten. Der Neubau hatte dann aber eine lange Lebensdauer: Er diente zunächst als Schul- und Lehrerwohnhaus, später nur als Lehrerwohnhaus, wurde 1970 von der Gemeinde an Rudolf Richter verkauft und zugunsten eines Neubaus abgerissen.
Die nächste Änderung für die Schule kam im Jahre 1874. Damals entschlossen sich die beiden Gemeinden Görsroth und Kesselbach, den Klassenraum aus dem vorhandenen Schulgebäude in den Versammlungsraum des gegenüber gelegenen, 1822 erbauten Gemeindehauses (mit Backhaus) zu verlegen. Die Maßnahme wurde wohl wegen der gewachsenen Schülerzahl nötig. Im Gemeindehaus entstand durch einen Umbau ein Schulraum von 49 m2 Größe, was für damalige Verhältnisse ansehnlich war.
Im Jahr 1911 diskutierten Görsroth und Kesselbach über die Frage eines Schulneubaus bzw. der Sanierung der alten Schule. Einigung war nicht herzustellen. Folge: Kesselbach trat aus dem Schulverband aus und entschloss sich, eine eigene Schule in Kesselbach zu bauen und finanzierte sie zum Teil aus der Entschädigung, die Görsroth für die Ablösung des Kesselbacher Besitzanteils zahlen musste. Görsroth, das nun für weniger Kinder zu sorgen hatte, sanierte seine Schule allein.
Erst nach dem 2. Weltkrieg, in den Jahren 1950 bis 1952 unter Bürgermeiste Karl Jung entstand ein neues Schulgebäude am damaligen Ortsrand, das zwei Klassenräume (mit Nebenräumen), zwei Lehrerwohnungen und im Dachgeschoss eine Hausmeisterwohnung beinhaltete. Schon vorher hatte die Schule wegen der stark gestiegenen Schülerzahl eine 2. Lehrerstelle erhalten. Das neue Gebäude (siehe Bild unten) war sicher das modernste in den Dörfern des späteren Hünstettens. Für Görsroth war das in der Nachkriegszeit mit vielen anderen Problemen sicher ein gewaltiger Kraftakt.
Einen langen Bestand hatte die neue Schule allerdings nicht, denn mit der Landschulreform in den 1960er Jahren zeichnete sich das Ende der kleinen Dorfschulen ab. 1972 wurde auch die Schule in Görsroth aufgelöst, die Kinder gingen in die neue Mittelpunktschule nach Wallrabenstein, die Ende 1965 die Arbeit aufgenommen hatte. Das Schulgebäude wurde in Privatbesitz verkauft und zum Wohnhaus umgebaut.
Görsroth blieb aber nicht lange ohne Schule! Wegen des Bevölkerungs- und Schülerzahlwachtums, auch durch das große Neubaugebiet an der Hühnerstraße, entschloss sich der Kreis als neuer Schulträger 1995 zum Bau einer zweiten Grundschule in Hünstetten für die Orte Kesselbach, Görsroth und Oberlibbach, zeitweise auch Strinz Trinitatis. und Limbach. Die „Panoramaschule“ ist ein Schmuckstück für Hünstetten, erbaut von dem Breithardter Architekten Armin Bielak, und Teil des Gemeindezentrums mit Sporthalle, Kindergarten und Feuerwehr.
Manfried Weber
P. S.: Die wesentlichen Fakten und Informationen zu diesem Beitrag wurden der Ortschronik von Rudolf Wuschek („650 Jahre Görsroth“, 2014) entnommen. Diese Dorfchronik bietet weitere Informationen zur Schule Görsroth, insbesondere ein ausführliches Lehrerverzeichnis von 1630 bis 1972). Sie ist, ebenso wie die Görsrother Schulchronik, im Gemeindearchiv einsehbar.