Bild aus Wikipedia von Carsten Ratzke
Für die Kinder aus Oberlibbach begann das Lernen in einer Schule schon etwas früher als in anderen Hünstetter Ortsteilen, allerdings nicht im Dorf sondern in Wehen.
Im Jahre 1596 wurde durch die Grafen von Nassau in Wehen eine Winterschule gegründet. Die Winterschulen in kirchlicher Trägerschaft waren überall in der Grafschaft der Anfang schulischen Lernens. Im Sommer mussten die Kinder ganz selbstverständlich in der Landwirtschaft mithelfen, wie das heute noch in manchen Entwicklungsländern der Fall ist.
Aber wie schafften es die Kinder aus Oberlibbach nach Wehen (Entfernung etwa 8km)? Das Problem wurde so gelöst: Die Kinder wurden bei Wehener Bauern untergebracht und kamen nur zum Wochenende nach Hause. Die Eltern zahlten den Gastgebern vermutlich mit Nahrungsmitteln, Geld hatten die Bauern damals noch selten. Einen vergleichbaren Fall gibt es in Hünstetten nicht. 1599 begann für Oberlibbach diese Form der Schule, nachdem durch gräfliche Initiative die Schule in Wehen erweitert worden war. In der Zeit des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) ruhte der Unterricht. Unklar ist auch, warum die Kinder nicht in die viel näher gelegene seit 1562 bestehende Schule nach Strinz-Trinitatis gegangen sind.
Nach dem großen Krieg wurde die Beschulung in Wehen nicht wieder aufgenommen. Statt dessen gingen die Kinder ab 1650 in die näher gelegene Schule nach Strinz-Margarethä.
1697 bildeten die drei Gemeinden Oberlibbach, Niederlibbach und Hambach eine Schulgemeinschaft und bauten eine erste Schule. Das war aber nur ein Bretterstall, den man in Görsroth erworben, in Niederlibbach wieder aufgestellt und ausgebaut hatte. Der Lehrer wurde teils mit Geld der Gemeinden, teils mit Schulgeld der Eltern und teils mit Sachleistung (z. B. drei Laib Brot pro Monat) vergütet.
Um 1750 einigten sich die drei Gemeinden auf einen Schulneubau mit Lehrerwohnung in Niederlibbach, der 1751 bezogen wurde. Einzelheiten sind nicht bekannt. Im Zuge der Nassauer Reformen zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Sachleistung in der Lehrerbesoldung abgeschafft. Ab 1819 erhielt der Lehrer ein Gehalt, freie Wohnung und das Recht zur Nutzung des Schulgutes (wahrscheinlich Stall, Scheune, Land). Hinzu kam die Vergütung als Küster.
Als 1892 wegen der stark gewachsenen Schülerzahl und der Baufälligkeit der Schule ein Neubau erforderlich wurde, entschlossen sich die drei Gemeinden, den Schulverband aufzulösen und das Schulvermögen anteilmäßig zu verteilen. Schule mit Grundstück und die Äcker wurden verkauft, der Verband im Oktober 1893 offiziell aufgelöst.
44 Schülerinnen und Schüler kamen 1875 aus Oberlibbach, 1893 waren es vielleicht noch ein paar mehr. Für die musste man nun allein sorgen. Ein Schulbau oder ein geeignetes Gebäude gab es noch nicht. Was tun? Zunächst wurde die Gaststube des Gasthauses Seel zur Schule umgewidmet. Das Provisorium dauerte aber nur ein Jahr, denn schon im Oktober 1894 wurde das neue Schulhaus eingeweiht.
Der zweigeschossige Fachwerkbau, der inzwischen unter Denkmalsschutz steht, ist als Schulbau ungewöhnlich, für unsere Region einmalig und gilt als Kulturdenkmal. Er ist vollständig mit Schiefer verkleidet.
Als Schule wurde das Haus bis 1969 genutzt und ist heute Wohnhaus im Privatbesitz. Die Kinder aus Oberlibbach besuchen in der Grundstufe die Panoramaschule in Görsroth und verteilen sich ab dem 5. Schuljahr auf verschiedene Schulen der Region.
P. S.: Fakten und Informationen wurden der Festschrift „Oberlibbach und seine Geschichte 1184 – 1984“ sowie dem ersten Teil der Schulchronik (bis 1894) entnommen. Der zweite Teil der Schulchronik fehlt leider.