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Hünstetter Nachrichten - Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünstetten
Ausgabe 37/2025
Kirchliche Nachrichten
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An(ge)dacht

Liebe Leserinnen und Leser,

ich möchte Ihnen eine kurze Geschichte aus meinem Alltag erzählen.

Dienstag 6:00 Uhr: Schon beim Aufwachen war uns allen bewusst, dass dies ein besonderer Tag für uns alle war. Ein Tag, der das Ende der Kindergartenzeit meiner ältesten Tochter und den Beginn eines neuen, noch unbekannten Kapitels einläutete. Seit Wochen hatten wir uns auf diesen Moment vorbereitet. Der Schulranzen war besorgt, die Schultüte war bei der Patentante „bestellt“ und wir hatten unzählige Male darüber gesprochen, was sie in der Schule alles lernen würde und mit wem sie in eine Klasse geht. Aber erst an diesem Morgen, als wir zusammen in der Kirche saßen, wurde mir die wahre Bedeutung dieses Tages bewusst. Es war mehr als nur der Start in die Schule. Es war ein Lebensübergang.

Wir erleben solche Übergänge unser ganzes Leben lang. Manchmal sind sie groß und offensichtlich, wie die Einschulung, der Abschluss einer Ausbildung, der Einzug in eine erste eigene Wohnung oder der Beginn einer neuen Arbeitsstelle. Sie sind klar definierte Meilensteine, die wir oft mit einem Fest oder einer besonderen Zeremonie feiern.

Doch es gibt auch die kleineren, stilleren Übergänge. Das Abschiednehmen von einer guten Freundin, die wegzieht. Das Ende einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die uns über Jahre hinweg viel bedeutet hat. Oder der Moment, in dem wir feststellen, dass ein Hobby, das uns lange Zeit begleitet hat, plötzlich nicht mehr zu uns passt. Diese Übergänge sind oft weniger dramatisch, aber sie können genauso schmerzhaft oder bedeutsam sein. Sie fordern uns auf, uns neu zu orientieren und Altes loszulassen.

An diesem Morgen wurde ich von einer Welle von Gefühlen überrascht. Es war nicht nur die Freude und der Stolz auf meine Tochter, die nun so groß war. Es war auch eine leise Wehmut. Die Zeit, in der sie noch ganz klein war, lag nun endgültig hinter uns. Ein Teil von mir sehnte sich nach den Tagen, an denen ich sie noch an der Hand in den Kindergarten bringen konnte, ohne dass sie sich plötzlich so erwachsen fühlte.

Aber genau darum geht es bei Übergängen: Es geht um Vertrauen. Vertrauen in die Zukunft. Vertrauen, dass wir die Herausforderungen, die vor uns liegen, meistern werden. Und vor allem Vertrauen in Gott und dass er unsere Wege lenkt.

An diesem Tag ging es für mich darum, auch besonders, meiner Tochter zu vertrauen, dass sie ihren Weg finden wird, auch ohne meine ständige Hand an ihrer. Und es ging für sie darum, zu vertrauen, dass die Lehrer und die neuen Freunde gut für sie sorgen werden.

In der Kirche sprechen wir oft vom Glauben als einem Weg, den wir gehen. Und dieser Weg ist voller Übergänge, im kirchlichen deutlich durch unsere Sakramente geprägt: Die Taufe ist ein Übergang in die Gemeinschaft der Gläubigen. Die Firmung ist ein Übergang in die Selbstverantwortung im Glauben. Die Ehe ein Übergang in ein gemeinsames Leben.

Jeder dieser Übergänge lehrt uns etwas Wichtiges. Sie lehren uns, dass das Leben ein ständiger Fluss ist und dass nichts so bleibt, wie es ist. Sie lehren uns, loszulassen und neu anzufangen. Aber wir als Christen stehen in unseren Ängsten und Bedenken, die uns in solchen Momenten begegnen, nicht alleine da. Unser Gott ist ein Gott, der aktiv in unser Leben tritt und uns mitten in unserem Alltag begleitet.

Als meine Tochter an diesem Morgen in ihre neue Klasse ging, gab ich ihr einen Kuss und zeichnete ihr noch ein schnelles Kreuzzeichen auf die Stirn. In dem Moment, in dem ich mein Kind diesen Weg gehen ließ, bat ich Gott um seine konkrete Begleitung, seine schützende Hand.

Für mich war es ein Moment des Loslassens, der mir das Herz schwer, aber auch weit machte. Es war die stille Anerkennung, dass auch ich mich verändern und weiterentwickeln muss, um sie auf ihrem Weg zu begleiten.

Die Übergänge in unserem Leben sind keine Hindernisse, sondern Gelegenheiten. Sie sind Einladungen, innezuhalten, zu reflektieren und mit neuem Mut voranzuschreiten. Und sie sind Gelegenheiten, uns immer wieder Gott bewusst an unsere Seite zu stellen und seine Begleitung bewusst zu registrieren und anzunehmen.

So wünsche ich Ihnen, dass Sie den liebenden Gott immer an Ihrer Seite spüren können, wenn es kleine oder größere Übergänge zu meistern gilt.

Ihre Janine Witter (Katholische Pfarrei St. Martin Idsteiner Land)