Es gibt Bilder, die kennt jeder.
Vincent van Goghs Lilien oder das Foto „Arbeiter auf dem Wolkenkratzer“.
Sie sitzen auf einem Stahlträger in luftiger Höhe beim Frühstück.
Vielleicht kennen Sie auch das berühmte Poster von Einstein an der Wand.
Einstein in Schwarz-Weiß, wie er die Zunge rausstreckt.
Nachdem Poster - Läden und Möbelhäuser den Trend zum Großbild entdeckt haben, werden wir bundesweit damit eingedeckt.
In 70 mal 100 oder 60 mal 90 gibt es tausendfach denselben Anblick.
Fertiggerahmt fürs Wohnzimmer. Gleich zum Mitnehmen das Instantbild, der Soforteindruck. Genormte Welt oder besser gesagt: Genormtes Weltbild.
Denn die Welt ist ja nicht so. Die Arbeiter haben den Wolkenkratzer vor 70 Jahren fertiggestellt und sind längst in Rente oder leben nicht mehr. Mirós und van Goghs Bilder sind Einzelstücke, keine Massenware. Und Einstein?
Der hatte seine Zunge meistens im Zaum.
Wir glauben nicht wirklich, dass er immer so herumgelaufen ist.
Momente werden zu Bildern. Momente frieren ein und werden statisch.
Sie bleiben und da sie bleiben, prägen sie. Sie wirken nach.
Ich denke an van Gogh und sehe die Lilien.
Ich denke an Miró und sehe lustige Männchen.
Ich denke an Einstein – und sehe seine Zunge.
Ich denke an Gott – was sehe ich da? Wen sehe ich da?
Michelangelos Gottvater, der den Zeigefinger ausstreckt hin zu Adam?
Rembrandts sanftmütigen Jesus?
Moses auf dem Sinai?
Welches Bild haben Sie von Gott? Eins von früher, als Sie Kind waren?
Gott, ein alter und gütiger Mann, schaut vom Himmel herab?
Oder später, als Sie 17 waren?
Gott auf der Seite der Unterdrückten, derer, die meine Hilfe brauchen?
Und jetzt, wo ich erwachsen bin?
Mein Bild von Gott hat sich geändert, ändert sich immer wieder.
Ich brauche einen lebendigen, dynamischen Gott.
Einen, der mitgeht und sich wandelt.
Einen, dem ich nicht gleichgültig bin.
Einen, der an mir und meinem Leben interessiert ist.
Einen, der mich auffängt, wenn ich falle.
Einen, der mich tröstet, wenn ich traurig bin.
Einen, der mir Mut macht, wenn ich ängstlich bin.
Die Bibel hat ganz unterschiedliche Bilder von Gott.
Hirte, Licht, Fels, Burg, Zuflucht, Mutter, Vater, um nur einige zu nennen.
Wenn ich wissen will, wer und wie Gott ist, dann schaue ich mir gerne Jesus, den Mann aus Nazaret an. In seiner Person, in seinem Reden und Handeln wird für mich sichtbar, wer und wie Gott für mich ist.
Jesus sagt im Johannesevangelium: „Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen.“ Er ist Gottes Liebe in Person.
Herzlich grüßt Ihr Jürgen Schweitzer | Pfarrer im Nachbarschaftsraum Mittlerer Untertaunus und Referent für geistliche Bildung im Evangelischen Dekanat Rheingau-Taunus