In unserer Region haben wir das große Glück, jedes Jahr im Herbst Zeugen eines wunderbaren Naturschauspiels zu werden, dem Winterzug der Kraniche.
Es gibt nur zwei Hauptrouten in Deutschland und eine davon führt durch Hessen und den Taunus und so können wir an manchen Tagen Tausende dieser faszinierenden Tiere sehen und hören.
Die Vögel aus dem Norden und Osten kommen zu den Rastplätzen in Deutschland und von dort wird die Reise nach Frankreich, Spanien oder Nordafrika fortgesetzt.
Hauptreisezeit ist Oktober/November und Auslöser für das Zugverhalten sind niedrige Temperaturen, Frost und Schlechtwetterlagen in den Habitaten und dadurch ein Mangel an Nahrung.
An bestimmten Sammelplätzen, vor allem in Nord- oder Ostdeutschland beginnen die Vorbereitungen für den Zug schon im Spätsommer. Erst kommen die Unvermählten, später Elternvögel mit Jungtieren und schließlich die Verwandten aus dem Ausland. Diese Sammel- und Rastgebiete müssen nicht nur Nahrung, sondern vor allem auch seichte Wasserstellen bieten, die die Kraniche als Schlafplätze (sie schlafen im Stehen) nutzen. Etwa 90% der westeuropäischen Zugpopulation rastet in Deutschland, dies entspricht etwa 350.000 Tieren.
Kraniche fliegen in sogenannten Ketten, die meist V-förmig sind, aber immer etwas schiefwinklig aussehen. Diese Form hilft dem einzelnen Vogel im Windschatten des Vordermanns zu fliegen und dadurch Energie zu sparen. Die Plätze werden immer gewechselt, so dass jedes Tier mal ausruhen kann. Es gibt auch keinen Leitvogel, sondern erwachsene und erfahrene Tiere wechseln sich an der Spitze ab. Innerhalb der Kette verständigt man sich durch das sogenannte Trompeten.
In Europa brüten insgesamt etwa 130.000 Kranichpaare. In Deutschland sind es etwa 12.000, die meisten in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg. Durch Ausweisung von Schutzgebieten hat sich der Bestand einigermaßen stabilisiert.
Europäische Kraniche sind grau gefärbt und werden deshalb auch als Graukraniche bezeichnet. Sie sind 120 bis 130 cm groß und haben eine Flügelspannweite von bis zu 200 cm. Damit sind sie deutlich größer als ein Storch und etwa genauso groß wie ein Seeadler.
Im Flug kann man Kraniche gut an dem gestreckten Hals und den nach hinten über den Schwanz hinausragenden Beinen erkennen.
Hahn und Henne (!) lernen sich meist im 1. oder 2. Lebensjahr kennen, nach einer „Verlobungszeit“, in der man gemeinsam ein geeignetes Brutrevier sucht und schon mal den Nestbau übt, wird dann ab dem 3. oder 4. Lebensjahr die Paarung bei einem sehr schönen Hochzeitstanz vollzogen. Das Kranichpaar bleibt dann ein Leben lang zusammen.
Kraniche ernähren sich von sehr unterschiedlichen Dingen. Tierische Nahrung wie Insekten, Kleinsäuger, kleine Fische, Schnecken, Würmer oder Frösche gehören dazu, aber ebenso Getreide-, Mais- und Sonnenblumenkerne, Eicheln, Kartoffeln, Hülsenfrüchte und Oliven.
Ein ausgewachsener Kranich braucht davon 200 - 300 Gramm täglich.
Der Klimawandel trifft leider auch die Kranichpopulationen. Zwar sind sie als Nahrungsopportunisten noch nicht von Hunger bedroht, doch ihre Brut-und Überwinterungsgebiete mit großen Wasserflächen und Feuchtgebieten werden durch Regenmangel und Dürren immer kleiner oder trocknen sogar ganz aus. Dies konnte man vor zwei Jahren in der Doñana, Europas größtem Feuchtgebiet im Süden Spaniens, beobachten. Dort wo man sonst nur auf Dämmen oder mit dem Boot fahren konnte, gab es nur vertrocknetes Gras und weit und breit kein Wasser.