Kommenden Sonntag ist Ewigkeitssonntag. Oder auch Totensonntag.
Wieder einer von den Tagen, die uns den November so schwer und düster und traurig machen.
An diesem Tag gehen viele auf die Friedhöfe, schmücken die Gräber derer, die gestorben sind, denken daran, was sie mit ihnen verloren haben.
Erinnerungen werden wach, manchmal werden auch der Schmerz oder die Wut oder die Liebe wieder ganz lebendig. Weil da noch so viel ist, was sie mit den Menschen verbindet, die da auf den Friedhöfen liegen.
Vielleicht ist die Wunde in der Seele noch ganz frisch, wenn der Tod noch nicht lange her ist. Vielleicht hat der Schmerz schon ein bisschen nachgelassen, weil sie gelernt haben, dieses Leben ohne diesen einen ganz besonderen Menschen anzunehmen.
Totensonntag: Eigentlich gefällt mir der andere Name viel besser: Ewigkeitssonntag.
Warum? Ewigkeitssonntag- der Name erinnert an das, was über die Zeit hinausgeht, die wir leben und begreifen können.
Ich will nicht bei den Toten stehen bleiben und bei der Tatsache, dass wir alle irgendwann auf dem Friedhof liegen.
Ich will glauben und hoffen, dass es noch etwas gibt - jenseits der Gräber, jenseits der Trauer und des Schmerzes: Hoffnung, Frieden, ein Wiedersehn, eine Ewigkeit Zeit - mit Gott, mit den Menschen, die ich liebe und hergeben musste.
Was nach dem Tod sein wird? Ich weiß es nicht.
Vorstellungen mache ich mir schon. Und in der Bibel gibt es schöne Bilder, von dem, was uns erwartet: „Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein.“
Und vielleicht ist es so, wie die folgende Geschichte erzählt:
Zwei Mönche teilen sich eine Zelle im Kloster. Sie sprechen viel über das, was nach dem Tod sein wird. Manchmal stellen sie sich die Ewigkeit sehr konkret vor. In allen Einzelheiten. Ein andermal zweifeln sie wieder. Dann haben sie eine Idee: Derjenige, der zuerst stirbt, soll dem anderen im Traum erscheinen und nur eins von zwei lateinischen Wörtern sagen. „Taliter“ - Das heißt: Es ist so. Oder: „Aliter“ - Das heißt: es ist anders.
Bald stirbt einer der Mönche und in der folgenden Nacht erscheint er seinem Freund. „Und?“ fragt dieser. „Taliter?“. Der Verstorbene schüttelt den Kopf. „Aliter? Anders?“ Wieder ein Kopfschütteln. Und mit einem leichten Lächeln flüstert er: „Totaliter aliter - Es ist völlig anders.“
Es ist eine schöne Vorstellung unsere Verstorbenen bei Gott aufgehoben zu wissen.
In der Ewigkeit. Wenn auch ganz und gar anders, als wir es denken können.
Denn Gott ist so viel größer als alles, was ich denken und mir vorstellen kann.
Wenn ich versuche, die Hoffnung und das Vertrauen groß zu machen, dann ist der Totensonntag gar nicht mehr so schwer und düster und traurig. Weil er eben auch ein Ewigkeitssonntag ist.
Herzlich grüßt Ihr Jürgen Schweitzer| Pfarrer im Nachbarschaftsraum Mittlerer Untertaunus und Referent für geistliche Bildung im Evangelischen Dekanat Rheingau-Taunus