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Hünstetter Nachrichten - Mitteilungsblatt für die Gemeinde Hünstetten
Ausgabe 48/2025
Kirchliche Nachrichten
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An(ge)dacht - Wochenandacht

„Mir geschehe, wie du gesagt hast.“ (Lukas 1, 38)

Am Sonntag feiern wir den 1. Advent. „Advent“ wie „Ankunft“. Dann dauert es nur noch knapp vier Wochen, bis wir Weihnachten feiern, das Fest der Menschwerdung Gottes. Wir singen wieder die Lieder, die uns das Herz aufgehen lassen. Wir hören die alten Geschichten von Matthäus und Lukas, die versuchen, den Gedanken, dass Gott in die Welt kommt, ein bisschen kleiner, ein bisschen fassbarer, ein bisschen verständlicher für uns zu machen. Und gleichzeitig das Besondere dieses Ereignisses herauszustellen.

Man könnte sagen: Das Projekt „Menschwerdung Gottes“ nimmt seinen Anfang spätestens in dem Moment, wo der Engel Gabriel bei der jungen, noch ledigen Maria erscheint und ihr erzählt, dass sie den Sohn Gottes zur Welt bringen soll: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden…“ Zuerst erschrickt Maria, dann wundert sie sich: „Wie soll das gehen?“ Aber am Ende antwortet sie: „Siehe, ich bin des Herrn Magd. Mir geschehe, wie du gesagt hast.“

Ich mag diesen Satz, denn irgendwie hält er die Möglichkeit offen, dass Maria sich auch anders hätte entscheiden können, nein hätte sagen können: „Das will ich nicht! Das ist mir zu viel! Das ist mir zu groß!“ Ich bin fest davon überzeugt: Gott hätte sie nicht gezwungen. Das tut er nicht. Er lädt ein. Er lockt. Ein überzeugt. Er unterstützt. Aber er zwingt nicht. Auch Maria nicht. Vielleicht gerade sie nicht, denn es ist eine große Aufgabe, die ihr Gabriel bringt.

Und dann überlege ich mir: Was wäre eigentlich passiert, wenn Maria „Nein“ gesagt hätte? Vielleicht hätte sie ein Leben gelebt wie so viele Frauen ihrer Zeit in Israel. Wahrscheinlich hätte sie Josef geheiratet. Kinder mit ihm bekommen. Und hin und wieder wären ihre Gedanken zurückgegangen zu diesem Moment, in dem der Engel Gabriel zu ihr trat. „Was wäre wohl geworden, wenn ich damals „Ja“ gesagt hätte?“

Und die Menschwerdung Gottes? Was wäre aus ihr geworden? Plötzlich entsteht ein Bild vor meinem inneren Auge: Maria steht vor der Tür ihres Hauses, Jahre später. Ein Mann geht vorbei. Sie hat schon von ihm gehört. Er predigt von einem neuen Reich, von Umkehr, von einem Gott, der Mitten unter den Menschen wohnt. Maria sieht ihn kurz – von der Tür aus. Und in seinen Augen sieht sie einen stillen Ernst, so wie es bei Menschen ist, die zu viel wissen…

Das ist ein ermutigendes Bild: Auch wenn wir Menschen „Nein“ sagen, Gott hat seinen Plan mit uns und unserer Welt. Mit all unserem Kleinmut, unserem Eigensinn, unseren Zweifeln können wir ihn nicht aufhalten. Er findet seinen Weg in unsere Welt, zu uns.

Und noch etwas geht mir durch den Kopf: Meine Bewunderung für Marias „Ja“ steigt, und wenigstens jetzt, in diesem Moment, will ich auch „Ja“ sagen zu der Aufgabe, die sein Engel mir bringt. Was genau das ist, darüber muss ich noch ein Weilchen nachdenken. Aber die Adventstage liegen ja vor mir, in denen ich das tun kann.

Mit den besten Wünschen für eine gesegnete erste Adventswoche

Ihre Manuela König
Pfarrerin im Evangelischen Nachbarschaftsraum Mittlerer Untertaunus