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Adenauer Nachrichten
Ausgabe 33/2023
Aktuelles
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Schadensbild in Slowenien ist dem im Ahrtal gleich

Die Ähnlichkeiten zum Ahrtal sind groß, sagen viele THW-Helfer in Slowenien, nachdem sie beide Katastrophengebiete sahen.

THW-Helfer Patrick Pietzsch sieht Gemeinsamkeiten und eine neue Art von Naturkatastrophen

REČICA OB SAVINJI/AHRTAL. TW. Ist die aktuelle Naturkatastrophe in Slowenien mit der Flutkatastrophe im Ahrtal vor gut zwei Jahren vergleichbar? „Ja“ sagen Helfer, die sowohl an der Ahr, wir auch jetzt in Slowenien im Einsatz waren und sind. Immer wieder sind die Vergleiche des aktuellen Katastrophengebiets mit dem Ahrtal zu hören. Aber die betroffenen Bereiche sind wesentlich größer. Große Teile des südlichen Nachbarlandes von Österreich wurden jüngst von einer Naturkatastrophe getroffen und überflutet. Die Rede ist von zwei Dritteln der gesamten Landesfläche, die gut 20.000 Quadratkilometer beträgt. Vor allem im Norden und in der Mitte des Landes wüteten die Unwetter. Bäche wurden zu reißenden Flüssen, die über die Ufer traten und alles mitrissen, was sich ihnen in den Weg stellte: Autos, Bäume, Häuser oder Brücken. Die Zerstörungen sind groß. Unter den zahlreichen Helfern aus vielen Teilen Europas sind auch Einheiten des Technischen Hilfswerk (THW) aus Deutschland.

Einer der THW’ler ist Patrick Pietzsch vom Ortsverein Frankfurt am Main. Er war vor zwei Jahren auch zweimal im Ahrtal, um dort nach der Flutkatastrophe mit anzupacken. „Es gibt große Parallelen“, sagt Pietzsch im Gespräch mit den Linus Wittich Medien. Und auch das: „Ich war schon bei vielen Hochwassereinsätzen dabei, im Inland zum Beispiel bei den schweren Fluten an Elbe und Oder. Aber Szenarien wie im Ahrtal oder jetzt in Slowenien habe ich zuvor noch nicht erlebt.“ Eine neue Gattung von Naturkatastrophen hat sich aufgetan. Die Schuld trägt nach übereinstimmender Expertenmeinung der Klimawandel. Szenarien, wie sie sich jetzt in Slowenien auftun, dürfte es in Zukunft häufiger geben, so die Befürchtungen von Meteorologen.

Seit Dienstag vergangener Woche läuft für Patrick Pietzsch der Hilfseinsatz. Er ist mit der mittlerweile dritten Gruppe des THW nach Slowenien gereist. Seine Aufgabe bei Auslandseinsätzen besteht in der Mithilfe bei Bergungseinsätzen. Geht es zu Einsätzen in Deutschland, ist Pietzsch in administrativer Tätigkeit eingesetzt und mit der Koordination von Helfenden beschäftigt. Aktuell ist seine Gruppe in Rečica ob Savinji, einer aus zwölf Dörfern bestehenden Großgemeinde mit rund 2.300 Einwohnern in der Provinz Savinjska, eingesetzt. Die Orte liegen in einem Tal, etwas weitläufiger als das Ahrtal. Rečica ob Savinji liegt am Rečicafluss, von dem auch der Name der Siedlung abgeleitet wurde. Wobei der Rečicafluss eher ein Bach ist, vergleichbar mit dem Sahrbach. Vergleichbar sind aber auch die Zerstörungen, die der Sahrbach im Juli 2021 und der Rečicafluss jetzt anrichteten. Der Bach fließt nach wenigen Kilometern in den Savinja-Fluss, der mit der Ahr vergleichbar ist. Hier ist das Schadensbild ungleich größer.

Patrick Pietzsch ist vor Ort mit schwerem Gerät unterwegs. Seine aktuelle Aufgabe: Straßen, Wege und noch vorhandene Brücken von Schlamm und Treibgut befreien, um die Ortschaften im Tal wieder erreichbar zu machen und Zugänglichkeiten herzustellen. Obwohl sein Einsatz erst eine kurze Zeit andauert, sieht er klare Parallelen zu dem, was er vor zwei Jahren an der Ahr vorfand. Das beginnt schon bei der Entstehung der Katastrophe: Regenfälle dauerten über Tage an, Tiefdruckgebiete verharrten auf ihren Positionen und brachten große Mengen an Niederschlägen mit. Das führte dazu, dass die Böden gesättigt waren, kein Wasser mehr aufnehmen konnten und Flüsse und Bäche schnell anstiegen und zu reißenden Gewässern wurden. „Es sieht hier ähnlich aus, wie damals an der Ahr. Autos und Bäume wurden fortgespült, ganze Häuser zerstört oder beschädigt. Und auch Brücken sind beschädigt oder ganz zerstört. Was hier in Slowenien allerdings dazu kommt, ist eine Vielzahl von Erdrutschen. Die gab es im Ahrtal nicht“, berichtet Pietzsch. Die Menschen in den jetzt betroffenen Regionen scheinen auch besser vor den Unwettern und ihren Folgen gewarnt. Im Gegensatz zum Ahrtal, wo 135 Menschen den Tod fanden und mehr als 700 verletzt wurden, beklagte Slowenien bis zum Mittwoch sechs Menschenleben.

Was sich ebenfalls von den Zuständen an der Ahr nach der Flutkatastrophe unterscheidet, fiel dem Frankfurter Helfer schnell auf: „Es geht hier vor Ort wesentlich geordneter zu.“ Dabei würden auch in Slowenien große Mengen freiwilliger und unorganisierter Menschen mit anpacken und den betroffenen Menschen beim Aufräumen ihrer Häuser helfen. Pietzsch sieht eine ähnlich große Solidarität, wie sie vor zwei Jahren im Ahrtal zu erleben war.

An der Ahr war der Frankfurter zu zwei Einsätzen nach der Flut. Insgesamt drei Wochen führte er dabei in der Nähe des Schulzentrums in Altenburg eine Logistikeinheit des THW, die die umliegenden Hilfseinheiten mit Material, Treibstoff oder Mahlzeiten versorgte.