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Adenauer Nachrichten
Ausgabe 33/2025
100 Jahre Nürburgring
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100 Jahre Nürburgring

Alexander Matthias Kraß

Vor 100 Jahren im Kreis Adenau - die Entstehung des Nürburgrings

Teil 3: Einsprüche, Genehmigungen und Hilfe für die Ärmsten der Armen

von Alexander Matthias Kraß, Nürburgring-Historiker

Reisen wir erneut 100 Jahre zurück in die Entstehungszeit des weltberühmten Nürburgrings. Im letzten Teil dieser Kolumne ging es um den einstimmigen Beschluss des Kreistags in Adenau zum Bau der Rennstrecke am 18. Mai 1925. Wichtige politische und organisatorische Weichen waren also gestellt, auch der grundsätzliche Streckenverlauf war gefunden und so konnte es schon bald mit den eigentlichen Arbeiten losgehen. Im Juni 1925 wurde die Bauleitung an Architekt Gustav Eichler übertragen und Anfang Juli begannen die Arbeiten als große Notstandsarbeit – dazu gleich mehr.

Doch auch wenn ein Großteil der Bevölkerung das Projekt begrüßte und befürwortete, stieß das Vorhaben, in die zum großen Teil unberührte Eifelnatur des Landkreises Adenau eine fast 30 Kilometer lange Rennstrecke zu bauen, gerade bei Wandervereinen und Naturschutzverbänden auf so manchen Widerstand. In der Folge kam es am 10. Juli 1925, kurz nachdem schon erste größere Arbeiten begonnen hatten, in Nürburg zu einer öffentlichen Einspruchsversammlung mit mehr als 100 Teilnehmern. Nach fast drei Stunden wurden die Einsprüche gegen den Bau der Strecke jedoch abgewiesen, womit auch diese Hürde genommen war.

Am 13. August 1925 erfolgte schließlich die Genehmigung des Rennstreckenbaus als große Notstandsarbeit seitens des Ministeriums und am Tag darauf konnten die Verträge mit den vier Firmen, welche die über 28 Kilometer lange Strecke in ihren jeweiligen Baulosen realisieren würden, abgeschlossen werden. Hier kommen wir zu einem wichtigen Punkt, den ich bereits in Teil 1 dieser Kolumne kurz angesprochen hatte: Der Bau wurde als „große Notstandsarbeit im Rahmen der produktiven Erwerbslosenfürsorge" deklariert, vereinfacht gesagt als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und damit zu einem guten Teil durch staatliche Hilfen finanziert.

Das bedeutete, dass für den Bau Erwerbslose aus den umliegenden Regierungsbezirken herangezogen wurden, von denen viele als Ärmste der Armen ein teils elendiges Dasein fristeten. Am Nürburgring wurden sie für die jeweiligen Arbeiten angelernt, sie verdienten für sich selbst und für ihre Familien dringend benötigtes Geld, sie hatten ein weltweit bekanntes Bauprojekt im Lebenslauf und vor allem: Sie bauten etwas, was auch noch Jahre und Jahrzehnte später wirtschaftliche Kraft in die Eifel bringen würde. Möglich wurden diese Überlegungen unter anderem durch die Kontakte von Otto Creutz, seit März 1925 dann auch hauptamtlicher Landrat des Kreises Adenau, zur Reichsregierung nach Berlin - und auch dadurch, dass Erich Klausener, Ministerialdirektor im Preußischen Wohlfahrtsministerium, einige Jahre zuvor selbst Landrat in Adenau gewesen war und die desaströse Lage des Kreises kannte.

Der Ansturm an Arbeitern half nicht nur diesen selbst, sondern auch der Region rund um die Nürburg: Mit dem Start der Bauarbeiten kamen auch erste wirtschaftliche Impulse in die Region - ein Vorgeschmack auf den wirtschaftlichen Segen, den der Nürburgring bis heute in die Region bringt. So wurden mehrere Hundert der etwa 2300 Arbeiter, die zu Spitzenzeiten gleichzeitig rund um die entstehende Strecke beschäftigt waren, in Baracken nahe der Baustelle untergebracht, wiederum andere wohnten während der Bauzeit in privaten Unterkünften in der Gegend. Dadurch ließen die Arbeiter bereits ab dem Baubeginn – und damit lange vor der Eröffnung – wichtige wirtschaftliche Kraft in der Region und die Menschen im Gebiet rund um die Nürburg bekamen bereits ab Sommer 1925 einen Ausblick auf das, was die Strecke wirtschaftlich bewirken würde. Zudem fanden auch Menschen aus dem direkten Umfeld ein Zubrot im Rahmen der Bauarbeiten, was die Vorfreude auf das, was nach Juni 1927 noch kommen sollte, natürlich noch steigerte.

Die wichtigen Hürden waren also genommen, die Arbeiten waren in vollem Gange und die entstehende Strecke brachte bereits erste wirtschaftliche Impulse in die Region. Die Menschen im Kreis Adenau, geplagt von Armut und Entbehrungen, freuten sich auf das, was in ihrem Landkreis entstand. Doch um das Jahr 1925 und alle notwendigen Schritte abzuschließen, fehlten noch zwei wichtige Elemente. Auf das erste dieser Elemente, den Grundstein des Nürburgrings, werde ich im nächsten Teil dieser Kolumne genauer eingehen – den zweiten wichtigen Aspekt heben wir uns für Oktober auf. Genießen Sie bis dahin den Sommer in der Eifel, also genau dort, wo vor 100 Jahren Geschichtsträchtiges entstand!