Beobachtungen auf dem Alten Friedhof
Storchenpaar auf dem Hünerdorfer Tor
Storch auf dem Putinnenturm
Auch die Kanarienvögel in der Langen Straße waren interessant für die Kinder.
Im Sommer ist es nicht selten der Fall, dass die Tangermünder Störche den Stadtführerkindern bei ihren Führungen die Show stehlen. Beim Ertönen ihres markanten Klapperns ist die Aufmerksamkeit der Gäste schnell auf Familie Adebar gerichtet. Deshalb lassen die Stadtführerkinder das Leben der Störche in ihre Führungen einfließen und verteilen Forschungsaufträge, bei denen die Gäste Störche und ihre Nester entdecken müssen. Dafür erhalten sie die begehrten Ritterpunkte. Natürlich sollte die Stadtführerjugend auch in der Lage sein, über das Leben der Störche zu berichten und Fragen der Gäste zu beantworten. Um dieses Wissen zu erwerben, begeben sie sich von Zeit zu Zeit mit dem NABU auf eine besondere Vogelkunde-Führung. Ende April dieses Jahres war es wieder soweit.
Dr. Peter Neuhäuser empfing die Gruppe auf dem Alten Friedhof und stattete jeden sofort mit einem modernen Fernglas aus. Mit im Gepäck war ein riesiges Teleskop, durch das man jedes Detail genau erkennen kann. Bereits auf dem Alten Friedhof gab es für die Stadtführerkinder viel zu entdecken. Da das Laub an den Bäumen noch nicht dicht war, ließen sich die zahlreichen Krähennester leicht ausfindig machen. Nachdem etliche Platanen am Bahnhof gefällt wurden, fanden die schwarzen Vögel hier ein neues Zuhause. Einige Krähen sind am Bahnhof geblieben. Allein in einer einzigen Platane befinden sich dort nun 35 Krähennester.
Vom Alten Friedhof aus lässt sich die Vogelwelt rund um den Kirchturm der Stephanskirche beobachten. In einigen Fensternischen der Turmfront wurden Nistkästen befestigt. So konnten die Kinder nicht nur Tauben und Dohlen, sondern auch Turmfalken durch ihre Ferngläser sichten.
Ebenfalls vom Alten Friedhof aus ist das Storchennest auf dem Hünerdorfer Torturm gut zu sehen. Dieses Nest wurde vor einigen Jahren in die Mitte der Turmplattform versetzt, da zuvor die neben dem Turm parkenden Autos vom Kot der Störche massiv beschmutzt wurden. Störchen halten ihr Nest stets sauber und verrichten ihr Geschäft stets außerhalb des Nestes. Dächer unter Storchennestern sind deshalb großflächig weiß besprenkelt.
Die Störche auf dem Hünerdorfer Torturm waren als letzte Tangermünder Störche erst im April aus ihrem Winterquartier zurückgekehrt. Die ersten Tangermünder Störche wurden in diesem Jahr bereits im Februar auf dem ehemaligen Bäckerei-Schornstein in der Kirchstraße gesichtet. Dr. Neuhäuser erzählte uns, dass zuerst das Männchen ankommt und das Nest in Ordnung bringt. Etwa zwei Wochen später kommt dann das Weibchen aus Afrika zurück. Auf ihrer bis zu 10.000 km weiten Reise überqueren unsere Störche den afrikanischen Kontinent und erreichen über die Türkei, den Bosporus und den Balkan den Norden Deutschlands. Dabei fliegen sie am liebsten über Land, um sich dort vom warmen Aufwind tragen zu lassen. So können sie stundenlang ohne mit den Flügeln zu schlagen dahinsegeln und sparen somit Kraft. Auf diese Weise können sie bis zu 350 km am Tag zurücklegen. Bei uns an Elbe und Tanger finden die Störche optimale Lebensbedingungen mit ausreichend Nahrung – Regenwürmer, Käfer, Mäuse, Schlangen. Sie im hohen Gras auf den Wiesen aufzuspüren, ist nicht ganz leicht. Deshalb laufen die Störche gern hinter Mähmaschinen hinterher, von denen die kleinen Tierchen aufgescheucht werden. Ein erwachsener Storch benötigt am Tag 500 g Nahrung. Für jedes ihrer Küken müssen sie außerdem pro Tag 1 kg Nahrung heranschaffen.
Normalerweise legen die Storchenweibchen 3 – 5 Eier, aus denen nach knapp einem Monat die Jungen schlüpfen. Zu schwache Küken werden besonders bei Nahrungsknappheit aus dem Nest geworfen, um das Überleben der kräftigeren Küken zu sichern. Als Frühlingsboten stehen die Störche symbolisch für Fruchtbarkeit und Glück. Deshalb wurde früher den Kindern erzählt, die Störche würden die Babys bringen.
Störche werden in der Regel 7 – 8 Jahre alt. Es wurden aber auch ältere Störche gesichtet. Da zahlreiche Störche einen Ring am Bein tragen, lässt sich davon sowohl der Geburtsort als auch das Alter ablesen.
Ende Juli/Anfang August werden die Jungstörchen flügge und wir können sie bei ihren ersten Flugversuchen über den Dächern unserer Stadt beobachten. Das ist auch die Zeit, zu der wir sie auf fast jeder Zinne unserer Türme und auf dem langen First des Daches unserer Stephanskirche beobachten können.
Obwohl es unseren Störchen hier gut geht, heißt es im Spätsommer für sie „Ab in den Süden!“. Im Winter ist es ihnen bei uns zu kalt und sie würde zu wenig Nahrung finden. Wenn im Frühjahr in Afrika die Trockenzeit einsetzt, kehren sie zu uns zurück.
Auf ihrer interessanten Tour durch die Altstadt entdeckten die Stadtführerkinder insgesamt sechs Storchennester. Mit den Storchennestern außerhalb der Altstadt kamen sie beim Durchzählen auf eine stattliche Anzahl von neun Storchennestern in Tangermünde.
Die ornithologische Führung war ein ganz besonderes Erlebnis für die Stadtführerjugend. Sie möchten sich recht herzlich bei Dr. Peter Neuhäuser bedanken.