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Das Alte Amt
Ausgabe 3/2024
Gemeinde Schwienau
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Mystisch-Prosaisches aus Wittenwater

Feuer hatte schon immer etwas mystisch-geheimnisvolles an sich. Menschen bedienen sich gern dieser rätselhaften Wirkung, wenn sie einem Ereignis eine besondere Bedeutung zumessen möchten. Davon machen auch die Hellenen gerne Gebrauch, wenn sie beispielsweise mit großem Brimborium alle vier Jahre das olympische Feuer mittels eines Brennglases entzünden, wobei weiß gekleideten jungen Damen die Ehre zukommt, diesen kultischen Vorgang in Szene zu setzen.

In Wittenwater geht es hingegen deutlich prosaischer zu, auch wenn die Besucher des dortigen Osterfeuers zweifelsohne nichts dagegen einzuwenden hätten, wenn hier ebenfalls nach griechischem Vorbild gezündelt würde. Nur leider mangelt es vor Ort ein wenig an den dafür zwingend notwendigen jugendlichen und hell gekleideten sowie möglichst nicht zu sehr betuchten weiblichen Wesen. Und auch die Sonne – obwohl ja durchaus femininen Geschlechts – will nicht recht mitspielen, denn wenn das Osterfeuer entzündet werden soll, hat sie sich zumeist schon schlafen gelegt. Ergo behilft man sich in Wittenwater mit einem männlichen Wesen, einem „Fachmann des Feuers.“ Dieser wurde in Person von Hauptfeuerwehrmann Henning gefunden, welcher nicht nur Feuer wirksam bekämpfen, sondern auch „legen“ kann, natürlich nur höchst „legal“! Er nutzt auch kein Glas, sondern Gas um die Flammen zu entfachen, und so dauert es nur wenige Minuten, bis das Osterfeuer prasselt.

In Wittenwater hatten sich in diesem Jahr so zwischen 50 und 60 Personen am Brennplatz eingefunden. Pauschal sind das in etwa 75% der Einwohner. Kommt aber nicht so ganz hin, weil etliche ehemalige Wittenwaterer ebenfalls gern wieder nach hier zum Osterfeuer pilgern, das übrigens laut Auskunft eines Alteingesessenen und „immer dabei gewesenen“ namens Hermann heuer zum 14. Male entzündet wurde. Andererseits ist aber Wittenwater auch eine der wenigen Ortschaften, in der sogar zwei Osterfeuer brennen, das zweite allerdings etwas abseits vom Ortsmittelpunkt nahe dem Westerholz bei der dortigen kleinen Siedlung.

Das Feuer, von dem hier die Rede ist, befindet sich jedoch nicht weit vom Ortszentrum in einer Wiese. Der Platz bietet die Gewähr, dass kein leicht entzündliches Material herumliegt – ausgenommen natürlich das am selben Tag speziell hierfür angefahrene und geschichtete Busch- und Brennholz. Der Waldweg dorthin kann bei feuchtem Wetter leicht matschig sein, ist auch teils ausgefahren (Schlepperspuren) und gegen Ende recht abschüssig, weshalb er tunlichst nicht mit einem Auto oder Zweirad befahren werden sollte. Man muss also schon so Stücker 150 bis 200 m laufen, um den Ort des Geschehens mit Osterfeuer, Würstchen- und Steakgrill sowie Getränkebude zu erreichen. Auch ist es zweckmäßig, eine Taschenlampe einzustecken, denn wenn die Schar der Unentwegten sich zu mitternächtlicher Stunde kleckerweise auf den Heimweg macht, kann es bei fehlendem Mondlicht im Wald doch mächtig duster sein. Manch ein Einzelkämpfer oder Pärchen macht dann vielleicht unfreiwillig einen gehörigen Umweg. Bisher haben aber alle letztendlich immer wieder nach Hause gefunden…

Text: W. Rieckmann