Lieber das Mikro in die Hand als am Rednerpult: Heiko Senking bei der Vorstellung seines Buches.
Nach der Buchvorstellung gab es eine lange Schlange derer, die sich eine Widmung des Autors für ihr Buch wünschten – auch Mitglieder des MC Brenner 83.
Der Saal im Unteren Krug in Ebstorf war gut gefüllt. 85 Karten, zu zahlen für einen guten Zweck, hatte die Buchhandlung Nohdurft verkauft. Nur 85? Gefühlt waren da mehr Gäste. Alle waren neugierig, von Autor Heiko Senking mehr über sein Buch „STASI alias Heiko Senking - Rockerpräsident, Bürgermeister und Staatsdiener“ zu erfahren. Und sie wurden nicht enttäuscht. Die „vielen aufregenden Momente“, die Stephan Oesterley von der Buchhandlung in seinen Eröffnungsworten versprach, wurden serviert. Und das ganz locker, wie es die Art von Heiko Senking ist. Der Autor ist schließlich kein Unbekannter, sondern hat viele Funktionen, unter anderem auch als Bürgermeister des Klosterfleckens.
Es gab auch 15 Jahre, während der er Rockerpräsident des MC Brenner 83 war. Und da er kein Hehl daraus gemacht hatte, dass er seine Brötchen im öffentlichen Dienst bei der Staatsanwaltschaft verdiente, erhielt er den Namen Stasi. Heiko Senking las einige Passagen seines Buches, aber garnierte sie mit vielen Anekdoten, auch einigen, die nicht im Buch zu finden sind. Er zeigte sich für Fragen offen, und die kamen nachher auch. Dass er das Buch geschrieben hat, führte er auch darauf zurück, dass er nach dem Tod seiner Mutter viele von ihr ausgeschnittene Zeitungsberichte über die Biker fand.
Da gab es wohl einiges Futter, denn wie Heiko Senking zurückschaute: „Wir hatten ein Privileg seinerzeit. Wir haben nicht gefragt, ob wird etwas durften, wie haben einfach gemacht. Viele Dinge sind heutzutage nicht mehr möglich.“ Als das Buch erschien, habe er sich viel Kritik anhören müssen, wie man so etwas als Bürgermeister sagen und schreiben könne; auch sein Dienstherr war nicht durchweg erfreut und in der Familie gab es einige kritische Stimmen. Aber es ab auch viel Zustimmung und Lob. Mit einigen Menschen, die das Buch gelesen hatten, habe er gesprochen, und sie hätten ihm erzählt, sie seien beim Lesen in eine andere Welt eingetaucht.
„Wir waren immer hilfsbereit“, erzählte er, „aber hinter unserm Rücken hat man uns belächelt.“ Im Unteren Krug wurden früher Clubsitzungen gemacht, dazu ein scharfes Spezialgetränk. „Das gibt es immer noch und die Flagge des MC hängt noch heute bei Marquardt.“ An diesem Abend allerdings verhüllte die Vereinsflagge das Rednerpult, das Heiko Senking gar nicht benötigte. Er bewegte sich lieber locker mit dem Mikro in der Hand. In Vinstedt wurden tolle Partys gefeiert, zu Feuerengel hat er immer noch besten Kontakt, nun für Feiern in Ebstorf. Und die Vinstedter? „Die hatten nichts dagegen, dass wir da waren.“
„Wir haben uns als moderne Ritter gesehen, fürs Kinderhospiz Geld gesammelt zum Beispiel. Das ist die moderne Art der Ritterlichkeit, wie ich sie empfinde.“ Er schaute auf eine „Skala“ zurück: „Zwischen hier tut‘s weh und da tut‘s weh, in der Mitte konnten wir alles machen.“ Wenn es mit anderen Clubs mal Probleme gab „mussten wir oft schlichten, vermitteln und einordnen.“ Als MC Brenner war man immer offen für alle, egal mit welchen Maschinen sie ankamen, hat dann gemeinsam am Lagerfeuer gesessen.
Die Gäste der Lesung erfuhren viel über die Bonkasse bei Festivitäten, die Leiche im Müllcontainer, über sein Aufwachsen in der Familie. „Ich habe mit dem Buch zugelassen, dass die Menschen sich ein eigenes Bild von mir machen können.“ Das Buch sei dicker geworden als ursprünglich geplant, „aber nachher ist mir aufgefallen: Ich habe so viel vergessen!“ Es gebe viel mehr zu erzählen. „Wir waren für jeden Schabernack zu haben, wir wollten einfach Spaß haben.“ Inzwischen sei es schwierig bei Veranstaltungen mit vielen Vorgaben. „Heute muss man so viel absichern, dadurch wird es statisch.“ Ein Anliegen seines Buches sei auch gewesen, die Biker aus dem Schatten zu holen.
Viele Fragen und Statements kamen aus dem Publikum, unter anderem auch, dass man oft hinter der Scheune in Vinstedt gestanden und heimlich zugeschaut habe. Hätte man gewusst, was für ein netter Haufen der MC war, wäre man dazu gekommen. „Für mich persönlich war es eine der bewegendsten Zeiten meines Lebens mit dem Club“, schloss Heiko Senking. Dass das Buch auf großes Interesse stieß, zeigte die lange Schlange derer, die sich ihr Buch gerne vom Autor signieren lassen wollten, unter anderem auch Mitglieder des MC Brenner 83, die ebenfalls Gäste des Abends waren. Wer noch mehr über diese bewegende Zeit lesen möchte, wird in dem Buch reichlich fündig.
Text: Gunda Ströbele