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Samtgemeinde Boldecker Land
Ausgabe 3/2024
Aus der Samtgemeinde
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Nie wieder ist jetzt! Gesicht zeigen gegen Rechtsextremismus

Gab den Anstoß zum Mahnfeuer in Weyhausen: der 86-jährige Lorenzo Annese aus Bokensdorf

Lorenzo Annese (Mitte) mit Axel Passeier (links) und Rouven Wessel vor dem Mahnfeuer

Anke Tesch (links) vom Kirchenvorstand Weyhausen und Pastorin Verena Koch aus Jembke

„Die Welt ist bunt - Gott sei dank!“ Mitglieder unserer Kirchengemeinden waren zahlreich vertreten

Die Organisatoren und Organisatorinnen des Mahnfeuers, vereint als „Zusammenschluss Boldecker Demhighqraten“

Rund 150 Menschen nahmen an der Aktion teil, die binnen einer Woche geplant worden war

Lorenzo Annese ist Jahrgang 1937. Er wird in einem halben Jahr 87 Jahre alt. Fast 66 Jahre davon lebt der Wahl-Bokensdorfer nun schon in Deutschland. Der italienische Auswanderer zählte zu den ersten Gastarbeitern in Deutschland. Er war außerdem der erste italienische Mitarbeiter von Volkswagen und wurde 1965 als „IG-Metaller“ zum ersten nicht deutschen Betriebsrat der Bundesrepublik gewählt. Seitdem setzt sich Lorenzo Annese unermüdlich für die Integration nicht nur der großen italienischen Gemeinde in Wolfsburg ein.

Und so wundert es nicht, dass Annese der führende Kopf hinter dem Mahnfeuer am 3. März auf dem Edeka-Parkplatz in Weyhausen war, bei dem mehr als 150 Bürgerinnen und Bürger aus dem Boldecker Land recht kurzfristig zusammenkamen, unter dem Motto „Gesicht zeigen, gegen Rechtsextremismus“. Lorenzo Annese hatte den Osloßer Bürgermeister Axel Passeier, auch Wohnbezirksleiter der IG Metall im Boldecker Land, dafür gewinnen können, ihn bei der Organisation zu unterstützen. Weitere Unterstützende in dem Zusammenschluss Boldecker Demokraten waren u.a. Bürgermeister und Bürgermeisterinnen der Mitgliedsgemeinden des Boldecker Landes sowie Vertreter/innen der Kirchenvorstände aus Jembke und Weyhausen.

Hass und Gewalt nicht der richtige Weg

„Ich habe als Kind den Krieg erlebt, konnte nicht zur Schule gehen. Seit 1958 bin ich in Deutschland, habe mitgeholfen, das Land wiederaufzubauen. Als ich hier ankam, lag noch alles in Trümmern. Ich will nicht zusehen, wie dieses Land wieder zerstört wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass nicht Hass und Gewalt der richtige Weg sind, sondern dass wir miteinander reden müssen“, erklärte Lorenzo Annese seine Beweggründe. Stets habe er sich für Integration, Menschlichkeit und Freiheit eingesetzt. „Das ist es, was zählt.“

„Solche Aktionen fanden bisher nur in benachbarten Städten und Orten statt. Wir wollen zeigen, dass auch das Boldecker Land für die Demokratie einsteht sowie Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus ablehnt“, erklärte Axel Passeier, „Wir wollen heute Gesicht zeigen, und ich spreche hier nicht als Politiker, sondern als Mensch.“ Die Notwendigkeit, gegen Rechtsextremismus aufzustehen, habe die vergangene Woche deutlich gezeigt, durch Angriffe auf Parteibüros und Politiker wie beispielsweise den SPD-Mann Michael Müller im Landkreis Gotha, auf dessen Haus ein Brandanschlag verübt worden war. Passeier zufolge gebe es aktuell täglich durchschnittlich 58 rechte Straftaten im Land. „Und diese Straftaten haben sich verdoppelt! So etwas dürfen wir nicht zulassen.“

„Unser Kreuz hat keine Haken“

Er übergab das Wort an seinen Tappenbecker Bürgermeisterkollegen und Samtgemeinderatsherren Rouven Wessel, der bekräftigte: „Es geht uns alle an, was derzeit in Deutschland passiert.“ Der „gesunde Menschenverstand“ gebiete es, sich damit auseinanderzusetzen. Wessel verwies zudem auf unser Grundgesetz und warnte: „Rechtsextremismus bestreitet den Anspruch aller Menschen auf soziale und rechtliche Gleichheit. Deswegen: Nie wieder ist jetzt!“

Zu Wort kam auch die Jembker Pastorin Verena Koch. Sie fand, es sei ein guter Grundsatz, „mehr für etwas als gegen etwas zu sein.“ Koch sagte: „Ich bin für die Vielfalt, für die Liebe zu allen Menschen.“ Sie sehe Gottes Abbild in allen Menschen, gleich welcher Hautfarbe, Herkunft, Religion oder Sexualität.

Die beiden evangelischen Kirchengemeinden des Boldeckers Landes waren zahlreich vertreten. Ihre Mitglieder waren gut erkennbar an lilafarbenen Schals und Tüchern sowie an ihren Fahnen, auf denen unter anderem stand: „Unser Kreuz hat keine Haken“.

Text und Fotos (5): Pressestelle der Samtgemeinde