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Samtgemeinde Boldecker Land
Ausgabe 4/2024
Aus der Samtgemeinde
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Gleichstellungsbeauftragte

Mit näselndem französischen Akzent als „Julie Malaise“ nahm der Rückblick durch 100 Jahre Frauengeschichte seinen Anfang

Auch im Petticoat und mit Hula-Hoop-Reifen machte Jutta Seifert die perfekte Figut

Astrid Wonde (links) präsentierte die wandelbare Jutta Seifert in der Mensa der OBS

Einziger Mann im Publikum war Samtgemeindebürgermeister Dennis Ehrhoff, der sich angeregt mit der Bhighqensdorfer Bürgermeisterin Jennifer Georg (rechts im Bild) und ihrer Stellvertreterin Sandra Wagner austauschte

Wir haben in diesem Jahr im Boldecker Land aus organisatorischen Gründenschon einen Tag früher den Internationalen Frauentag gefeiert – und trotzdem noch zu spät für den Redaktionsschluss des letzten Mitteilungsblattes...

Am Donnerstag, den 7. März, einen Tag vor dem historischen Datum, kamen rund 150 Frauen aus der Samtgemeinde auf Einladung unserer Gleichstellungsbeauftragten Astrid Wonde in der Mensa der OBS in Weyhausen zusammen. Sehr unterhaltsam führte dabei die Schauspielerin und Sängerin Jutta Seifert musikalisch und mit darstellerischer Virtuosität in einer Ein-Personen-Revue durch 100 Jahre Frauengeschichte.

Zuvor verlieh Astrid Wonde in einer kurzen Ansprache ihrer Freude Ausdruck, dass es nach drei Jahren erzwungener Corona-Pause nun endlich weitergehe, mit den Frauentagsfeiern im Boldecker Land. Samtgemeindebürgermeister Dennis Ehrhoff, der als einziger Mann mitfeierte, zitierte zudem das diesjährige Motto, des offiziell am 8. März 1921 in Moskau eingeführten, internationalen Gedenktags: „Invest in Women“. Es betone die noch immer anhaltende Notwendigkeit, auch in finanzieller Hinsicht „Gleichberechtigung für alle zu schaffen“, so Ehrhoff.

Historisch etwa zur selben Zeit, „als sich unsere Großmütter vor hundert Jahren aus der engen Verschnürung ihrer Korsetts befreiten“, nahm Jutta Seiferts frauengeschichtlicher Reigen seinen Anfang. Diese Befreiung, so verriet Seiferts Alter Ego auf der Bühne, sei nicht nur geschehen, „weil man ohne (Korsett) besser Charleston tanzen konnte“.

In den wilden 20ern hätten Frauen kurz zuvor das Wahlrecht errungen, und als „Julie Malaise“, die zwischen dem Genuss von Hafergrütze und Cocktails schwankte, sang sie mit französischem Akzent vom Sinn des Lebens und zitierte einen Text von Kurt Tucholsky. Seifert beherrschte dabei jede Diven-Pose perfekt, senkte die Stimme ins Rauchige und spielte den Vamp.

Mit wenigen kleinen Mitteln verstand die versierte Darstellerin Jutta Seifert es, über rund 70 Minuten lang (mit einer kleinen „Sektpause“) in die verschiedensten Charaktere zu schlüpfen. Kurz streifte sie, eine Spezialistin des literarischen Theaters, dabei auch die Tatsache, dass die Nazis „den Frauentag zum Muttertag“ gemacht hätten. Aber dann: „Eine Generation später wuschen sich die Frauen den Trümmerstaub aus den Kleidern, zogen den Petticoat an – und tanzten alle Rock’n Roll.“ Mit Hula-Hoop-Reifen, Petticoat-Verkleidung und Musik zum Mitklatschen beschwor Seifert den Geist der 50er Jahre herauf.

Mit Witz und Tiefgang nahm Jutta Seifert ihr Publikum mit, auf eine Zeitreise durch die Stationen der Frauenbewegung, wobei auch Zitate von Alice Schwarzer nicht fehlen durften. So erfuhren die Zuschauerinnen bei einer Revue durch die vergangenen Jahrzehnte „Pikantes und Unbekanntes über williges Fleisch und schwaches Gemüse, über Brautsträuße und Frauen, die Rot tragen.“ Mit Texten von Djuna Barnes bis Lisa Fitz oder Katja Kullmann ging Seifert diesen und anderen Themen spielend, lesend und singend auf den Grund und so mancher kleine „Tipp“, den sie dabei gab, blieb sicherlich hängen, zum Beispiel zum Thema „schöner altern“: „Fangen Sie rechtzeitig damit an! Mitte zwanzig wäre ein guter Zeitpunkt. Je früher Sie anfangen, desto mehr Zeit haben Sie dafür!“ Oder: „Schauen Sie im Kühlschrank nach: Da finden Sie immer etwas Schönes …“

Das Publikum goutierte ihre Vorstellung, ihr Spiel mit Klischees, ihren Sarkasmus aber vor allem ihre enorme Bühnenpersönlichkeit mit großem Applaus und viel Erheiterung. „Es war ein facettenreicher Abend, der mich gut unterhalten hat“, lobte auch Dennis Ehrhoff.