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Amtliches Mitteilungsblatt der Samtgemeinde Freden (Leine)
Ausgabe 4/2025
C) Mitteilungen und Berichte
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C) Mitteilungen und Berichte

Rainer Gerking, Ortsheimatpfleger Freden (Leine)

Die in Kratzputztechnik (Sgraffito) erstellte graphische Darstellung lässt eine vielfältige Deutung zu. Es kommt dazu auf den Standpunkt des Betrachters an.

Was wollten die Mitglieder des Gemeinderates der Gemeinde Freden mit der Entscheidung, am Ostgiebel der Karl-Nolte-Schule eine künstlerisch gestaltete, sich selbsterklärende „Deutschlandkarte" anbringen zu lassen, dem Betrachter vermitteln?

Das übergeordnete Ziel war es, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen einheimischen Einwohnern und den durch das Kriegsgeschehen heimatlos gewordenen Vertriebenen und Flüchtlingen, den Neu-Fredenern, zu entwickeln und zu stärken. Das dass nicht innerhalb kurzer Zeit, oder innerhalb eines Jahres möglich sein würde, war den Befürwortern unmissverständlich klar und deshalb hat der seit 1949 amtierende Gemeinderat sich für das Sgraffito entschieden, um zu dokumentieren, das ein einvernehmliches und friedliches Zusammenleben zur Zusammengehörigkeit führt.

Dazu muss man einen kleinen Exkurs in die deutsche Geschichte der Jahre 1945 und folgende machen. Mit dem Ende des zweiten Weltkriegs im Mai1945 begann für sehr viele Menschen in den damaligen Bereichen des östlich gelegenen Staatsgebietes eine Odyssee. Sie mussten ihre angestammten, über Jahrzehnte genutzten Wohngebiete verlassen und strömten nun zu Fuß, nur mit dem Notwendigsten bepackt, mit dem Handwagen oder dem Pferdefuhrwerk in Richtung Westen. Genau diesen Sachverhalt kann man dem graffito entnehmen.

Der Ort Freden ist als Zielpunkt, zentral gelegen, eingezeichnet.

Schaut man sich die Einwohnerzahlen der Jahre ab Mitte 1945 an, so wird man feststellen, dass in Freden ein Zuwachs an Menschen in Höhe von ca. 40 Prozent zu verzeichnen war. Hier beginnt der tiefere Sinn dieses Sgraffitos.

Es ist eine Dokumentation, die beitragen soll, die Erinnerung an die Geschichte des Ortes Freden und seiner Einwohner lebendig zu halten, Verständnis für die Gegenwart und die Zukunft zu entwickeln.

Hier die Einwohnerzahlen der Gemeinde Freden (der Zentralort Freden) aus dem Jahr 1954:

Einheimische:

3397

62,72%

Flüchtlinge A:

1584

29,25%

Evakuierte:

414

7,64%

Ostflüchtlinge

21

0,39%

Summe:

5416

100,00%

Aus heutiger Sicht ist das Sgraffito in seiner Bedeutung viel wertiger einzustufen, zeigt es doch unmissverständlich auf, welche Folgen Kriegshand-lungen, egal wo auf dieser Welt auch immer Kriege geführt werden, haben.

Zerstörung auf breiter Front, Todesopfer aller Altersgruppen und Vertreibung aus den angestammten Siedlungs- und/oder Wohngebieten. Es ist also ein Antikriegsmahnmal.