Der Personenverkehr auf der Eisenbahnlinie
Duderstadt – Wulften wurde vor 50 Jahren eingestellt
Von Alois Grobecker
Die Zeitzeugen Karl Hohlfeld mit Dienstmütze seines Vaters, Herbert Nolte, Werner Grobecker und Ortsheimatpfleger Alois Grobecker haben am ehemaligen Standort des Bahnhofes zum 50. Jahrestag der Einstellung des Personenbahnverkehrs (25. Mai 1974) persönliche Erinnerungen ausgetauscht.
Ortsheimatpfleger Alois Grobecker hatte aus dem Archiv der Geschichtswerkstatt Gieboldehausen zum Zeitzeugengespräch die Bauzeichnung des Bahnhofsgebäudes aus dem Jahre 1888 mitgebracht, woraus die Räumlichkeiten des Gebäudes mit Diensträumen, Warteraum, Schalterhalle und Stellwerk ersichtlich waren. Anhand von Archivunterlagen berichtete er, dass nach jahrelangen Bemühungen am 31. Oktober 1889 die Eisenbahnlinie Wulften – Duderstadt mit einem von der Eisenbahndirektion Hannover festlich geschmückten Sonderzug – bestehend aus einer Dampflokomotive mit sechs Personen- und einem Packwagen – feierlich eröffnet wurde. Erst 8 Jahre später wurde im Jahre 1897 die Bahnstrecke nach Süden bis Leinefelde erweitert. Im Jahre 1974 fuhr am 25. Mai der letzte Personenzug von Duderstadt nach Wulften. Ein weiteres Stück örtlicher Geschichte ist in den Mittagsstunden des 04. Dezember 1984 zu Ende gegangen. Nach 27 Jahren (1957 – 1984) maschineller Rübenverladung wurde die Verladung und der Zuckerrübentransport auf der Schiene von Duderstadt bis Wulften für immer eingestellt.
Ältere Bürgerinnen und Bürger werden sich mit nostalgischen Gefühlen noch an die schnaufenden Dampflokomotiven und später an die Diesellokomotiven mit Personen- und Güterwagen sowie an den roten Schienenbus, die zwischen Wulften und Duderstadt verkehrten und am Bahnhof Gieboldehausen hielten, erinnern. So ließen Herbert Nolte, Karl Hohlfeld und Werner Grobecker als Zeitzeugen diese Zeit im Gespräch wieder lebendig werden.
Zeitzeuge Herbert Nolte ist unweit vom Bahnhofsgelände aufgewachsen und fuhr täglich mit der Bahn zur Schule und später zur beruflichen Ausbildung bei der Kreisverwaltung Duderstadt. Die Schülerrückfahrkarte kostete früher nach Duderstadt und zurück eine Mark. Aus seinen persönlichen Erinnerungen war damals das Bahnhofsgelände ein idealer Spielplatz für die Kinder des Bahnhofsviertels. Man kletterte auf abgestellte Waggonwagen herum, die sich auf dem Abstellgleis befanden. Auch konnte er sich gut erinnern, dass die Wallfahrer, die mit dem Sonderzug nach Vierzehnheiligen fuhren, in einer Prozession singend und betend von der Kirche zum Bahnhof gebracht und nach der Wallfahrt auch wieder mit Prozession abgeholt wurden.
Auch transportierte der Circus Busch seine gesamte Ausrüstung mit Tieren, Wagen und Materialien für ein Gastspiel auf dem örtlichen Schützenplatz per Bahn. Für uns Kinder, so Nolte und Grobecker übereinstimmend, war es eine Attraktion zum ersten Mal Elefanten zusehen.
Werner Grobecker berichtete, dass früher alle Arten von Rohstoffen und Gegenständen mit der Bahn transportiert wurden. Von Getreide, Saatgut und Düngemittel in Säcken, Brennstoffe wie Kohle, Briketts und Koks bis hin zu Möbeln. Er erinnerte sich, dass er mit seinen Eltern – die ein Möbelgeschäft mit Tischlerei in Nähe des Bahnhofes in der Neue Straße betrieben – die mit der Bahn angelieferten Möbel abgeholt haben. Ferner wusste er zu berichten, dass außer Personen und landwirtschaftliche Produkte auch die Skulpturen der 14 Heiligen Nothelfer für die Wallfahrtskapelle Höherberg mit dem Zug aus St. Ulrich in Gröden (Südtirol) zum Bahnhof Gieboldehausen transportiert wurden.
Luftbild vom Bahnhof Gieboldehausen am 13.10.1956
Karl Hohlfeld, Sohn des letzten Bahnvorstehers Karl-Heinz Hohlfeld, hat bereits in jungen Jahren sein Herz für die Eisenbahn entdeckt. Wie er sich erinnerte, hat sein Vater ihn des Öfteren mit zum Bahnhof genommen. Ferner berichtete er, dass sein Vater die Ära Bahnhof Gieboldehausen mit dem Verschließen des Bahnhofsgebäudes beendet hat. Den Originalschlüssel und die Dienstmütze blieben ihm zur Erinnerung.
Karl Hohlfeld berichtete, dass er die Ausbildung zum Maschinenschlosser bei der Bahn absolviert und später eine Umschulung zum Streckenlokomotivführer für Diesel- und Elektrolokomotiven gemacht hat. Auf vielen Streckennetzen der Bahn war er unterwegs und transportierte u.a. auch verschiedene Güter auf der Eisenbahnlinie von Wulften nach Duderstadt.
Zum 100. Geburtstag im September 1989 fuhr auf der Strecke der „Eichsfeldbahn“ nach der Stilllegung im Jahre 1974 ein Jubiläumsdampfzug der Braunschweiger Verkehrsfreunde. Ein Ereignis, das die Eichsfelder auf den Bahnhöfen feierten, so Ortsheimatpfleger Alois Grobecker, indem sie dem Jubiläumsdampfzug mit seinen historischen Wagen zuwinkten.
Weitere Informationen unter: http://www.hvv-gieboldehausen.de/Geschichtswerkstatt/index.php/de/