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Blickpunkt Katlenburg Lindau
Ausgabe 1/2024
Berichte von und aus der Gemeinde
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Berichte von und aus der Gemeinde

Das Weihnachtsfest 2023 werden viele Einwohnerinnen und Einwohner, Feuerwehreinsatzkräfte sowie Bedienstete der Gemeinde Katlenburg-Lindau sicherlich so schnell nicht vergessen. Ein schweres Hochwasser nahezu im gesamten Gemeindegebiet sorgte statt unbeschwerter und geruhsamer Festtage im Kreise der Lieben für das Auspumpen von Kellern sowie für umfangreiche, mitunter über die Kräfte hinausgehende Einsätze an vielen besonders kritischen Punkten sowie auf dem gemeindlichen Bauhof als zentraler Koordinierungsstelle der Bekämpfung dieses Naturereignisses. Das Engagement, die Unterstützung und die Hilfsbereitschaft, welche dabei von der Bevölkerung, den unzähligen Einsatzkräften und den Bediensteten des Bauhofs an den Tag gelegt wurde, war überwältigend, grandios, faszinierend und zugleich bewegend. Einen derart großartigen Zusammenhalt in schweren Stunden erleben zu dürfen zählte zweifelsohne zum schönsten Geschenk dieses ganz besonderen Weihnachtsfestes.

Nachstehend eine Chronologie der Ereignisse:

Donnerstag, 21.12.2023

Die Freiwillige Feuerwehr Katlenburg-Lindau erhält am frühen Abend eine Nachricht seitens der Einsatzleitstelle des Landkreises Northeim, wonach über Nacht mit einer größeren Wasserwelle auf der Rhume zu rechnen ist. Gleichzeitig wird die Stationierung einer von zwei Sandsackfüllmaschinen der Kreisfeuerwehrbereitschaft in Katlenburg angeboten. Gemeindebrandmeister Sven Helmold und Ortsbrandmeister Martin Niehoff überlegen nicht lange und nehmen das Angebot spontan an, fordern zudem weitere Sandsackbestände aus der entsprechenden Reserve des Landkreises Northeim an. Dass damit bereits ein entscheidender Schritt für die Bekämpfung des Hochwassers über die Weihnachtstage gemacht wurde, konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand erahnen.

Die im Rahmen einer internen Weihnachtsfeier zufällig anwesenden Bediensteten des Bauhofs werden über das baldige Eintreffen der Sandsackfüllmaschine informiert und unterbrechen ihre Zusammenkunft, um den Platz für deren Platzierung herzurichten. Gemeinsam mit der Ortsfeuerwehr Katlenburg wird die Kreisfeuerwehrbereitschaft anschließend beim Entladen und Aufstellen der Maschine unterstützt, verbunden mit dem guten Gefühl, Vorsorge gegen die angesagten Turbulenzen über die Weihnachtstage getroffen zu haben.

Freitag, 22.12.2023

Die angekündigte verstärkte Wasserwelle ist ausgeblieben. Relativ ruhiges und trockenes Wetter sowie keine weiteren besonderen Vorkommnisse erwecken bei vielen die Hoffnung auf ungestörte Festtage und die Zuversicht, dass die prognostizierte Hochwassergefahr doch nicht eintritt. Ein Trugschluss, wie sich in den kommenden Tagen zeigen sollte. Die Lage wird bereits an diesem Tag regelmäßig kontrolliert und beobachtet, zwingt aber noch nicht zum Eingreifen. Am Abend tritt erstmals ein Kreisstab mit der Landrätin, der Kreisfeuerwehr sowie unter Beteiligung der Gemeinde sowie der Städte Northeim und Einbeck zusammen, um die Gesamtlage im Kreisgebiet auch vor dem Hintergrund der sich zunehmend füllenden Talsperren im Harz zu bewerten.

Samstag, 23.12.2023

Der angesagte Dauerregen mit ergiebigen Wassermengen ist da. Der Regen fällt auf die durch die Niederschläge der letzten Tage und Wochen bereits extrem aufgeweichten Böden und lässt nach zögerlichem Beginn auch die Pegel der heimischen Flüsse schnell anschwellen. Die Rhume im Flecken Lindau steigt von 2,40 m morgens um 0,85 cm auf 3,25 m abends an; bis zum nächsten Morgen sollten 3,75 m erreicht werden. An allen Messstellen klettern die Pegelstände über die Meldestufe 2. Noch besteht kein aktueller Handlungsbedarf. Doch die Einsatzleitung in Katlenburg-Lindau um Martin Niehoff und Sven Helmold reagiert prompt.

Für mehrere Ortsfeuerwehren der Gemeinde Katlenburg-Lindau wird Vollalarm ausgelöst. Unzählige Feuerwehrkameradinnen und -kameraden füllen darauf gemeinsam im Schichtbetrieb auf dem Bauhof bis 23 Uhr Tausende von Sandsäcken ab, unterstützt vom nahezu gesamten Team des Bauhofs, welches mit dem dortigen Fahrzeugpark für schier endlosen Sandnachschub zur Befüllung der Maschine sorgt. Bis zum zweiten Weihnachtstag sollten es mehr als 13.000 Sandsäcke und 30 sogenannte „Big Bags“ werden. Örtliche Unternehmen wie die Firmen Demuth und Mönnig stellen Paletten für das Verpacken und die Ablagerung der gefüllten Sandsäcke zur Verfügung. Zugleich wird aus allen Himmelsrichtungen zusätzlicher Sand geordert und fast ohne Unterbrechung angeliefert - vom THW, aber auch von vielen Unternehmen wie den Firmen Pielmann, Bode und Oppermann. Zeitgleich erfolgt auf dem Bauhofgelände die Einrichtung der Technischen Einsatzleitung um die Feuerwehrkameraden Hubert Wolter und Jörg Spoelstra, welche in den kommenden Tagen das Einsatzgeschehen in umsichtiger Weise koordiniert und zugleich die veranlassten Maßnahmen an die örtlichen Einsatzkräfte zwecks Umsetzung weitergibt. Zudem sorgt ein Verpflegungsteam - allen voran das rührige Ehepaar Siglinde und Rolf Dieter Heere - von Beginn an allen Einsatztagen für beste und abwechslungsreiche Versorgung aller eingesetzten Feuerwehrhelferinnen und -helfer - zu jeder Stunde, zu jeder Zeit. Dieses Team wird über die Weihnachtstage in überwältigender und großartiger Weise unterstützt durch Essen-, Kuchen-, Süßigkeiten- und Getränkespenden aus der Bevölkerung in allen Ortschaften, aber auch durch die Großzügigkeit örtlicher Unternehmen und Betriebe wie der Pizzeria Zia Maria, dem Rewe -Markt Adolph oder der Fleischerei Neidhardt. Erschöpft, aber auch zufrieden endet für viele Kräfte gegen 23 Uhr der erste Einsatztag. Es sollte der zweite wichtige Schritt für die letztlich erfolgreiche Bekämpfung des Hochwassers sein.

Flussnahe Rad-, Wander- und Wirtschaftswege werden bereits gesperrt. Auch die Kreisstraße von Lindau nach Gillersheim ist zwischenzeitlich davon betroffen - dort wird an einigen Stellen die Fahrbahn durch überlaufendes Wasser aus den angrenzenden Straßengräben überflutet.

Sonntag (Heiligabend), 24.12.2023

Das Hochwasser ist da - und es kommt mit Wucht. In relativ kurzer Zeit überschreiten die Pegelstände die kritische Meldestufe 3. Katlenburg-Lindau bleibt in der Folgezeit die einzige Kommune im gesamten Landkreis Northeim, in welcher die Wassermassen der Flüsse während der Weihnachtstage über dieser gefährlichen Marke bleiben.

In Berka ist mit dem Abpumpen des in Hochwassersituationen neuralgischen Schachts am Ortsausgang der „Langen Reihe“ Richtung Feldmark begonnen worden - ohne besondere Vorkommnisse. Die freie Landschaft an Söse und Rhume zwischen Berka und Elvershausen gleicht einer einzigen Seenplatte. Auf dem Rhumedeich sind etliche Schaulustige, darunter auch Familien mit Kleinkindern, mit ungeeignetem Schuhwerk auf rutschigem Untergrund unterwegs, um sich aus unmittelbarer Nähe ein Bild vom reißenden Flussstrom zu machen, der auch bereits die angrenzende Flutmulde in vollem Umfang eingenommen hat. Unverantwortlich, lebensgefährlich. Auf Bitte der Gemeindeverwaltung erklären sich einige Berkaer Einwohner um Ortsbürgermeister Eckhard Steinmetz spontan bereit, den weitläufigen Bereich mit „Flatterband“ abzusperren, um den dortigen „Tourismus“ einzudämmen. Das hilft.

Die Kreisstraße von Katlenburg nach Elvershausen und der Sportplatz werden überflutet; das Sporthaus wird durch die Wassermassen glücklicherweise nicht erreicht. Für den neu angeschafften Unimog des Bauhofs reicht der Spielraum noch aus, um weitere Sandsäcke in das durch die Rhume gefährdete Unterdorf und weitere angrenzende Straßen zu transportieren. Der Mühlengraben wird heruntergefahren, die Ortsfeuerwehr Elvershausen um Ortsbrandmeister Matthias Brandt hat die Lage im Griff. Auch das Klärwerk befindet sich in erhöhter Alarmbereitschaft. Verbandstechniker Hans-Ulrich Wiese veranlasst erste Schutzmaßnahmen. Diese greifen.

In Gillersheim und Suterode bleibt die Lage ruhig, auch in Wachenhausen ist das zunächst der Fall. Doch auch die dortigen Ortsfeuerwehren sind mit unglaublich hoher Mannschaftsstärke angetreten, um im Hochwassereinsatz in den betroffenen Teilen des Gemeindegebiets mit anzupacken. „Alle für einen und einer für alle“ - so geht Dorf. Danke!

In Katlenburg spitzt sich die Situation im Laufe des Tages teilweise dramatisch zu. Während Anwohner und Feuerwehr im Friedlandweg den Wasserstand der dort in die Rhume fließenden „Oder“ unermüdlich und sorgenvoll im Auge behalten, läuft das Auffangbecken eines Altarms der Rhume entlang der „Steinbreite“ in Windeseile voll und droht über die Straße in die angrenzenden Wohnhäuser einzudringen. Sandsäcke werden ohne Pause angeliefert und zu einem Deich verbaut; unzählige Einsatzkräfte sind im Einsatz und werden von der Bevölkerung tatkräftig unterstützt. Obwohl selbst betroffen, stellen die Unternehmer Lutz Meyer und Rafael Stolz ihre Fahrzeuge und Anhänger für alle unentgeltlich zur Verfügung, fahren diese teilweise sogar noch selbst und packen darüber hinaus an, wo es notwendig ist - unglaublich. Dann kommt das Grundwasser, drückt nicht nur in der „Steinbreite“ in die Keller der Häuser. Die Einsatzkräfte helfen den betroffenen Anliegern wo möglich. In fast allen Ortsteilen sind mittlerweile Pumpen in Privatwohnungen in Betrieb. Trotzdem kann nicht verhindert werden, dass einige Keller zumindest teilweise volllaufen. Auch die Gemeindeverwaltung ist davon betroffen, muss im Laufe der Festtage gleich dreimal leer gepumpt werden. Höher als maximal 30 cm steigt das Wasser gottlob aber wohl nirgendwo an. Trotzdem bleiben verständlicherweise unglückliche Gesichter zurück.

Das im dortigen Bereich eindringende Wasser versucht auch durch den Fußgängertunnel unter der Bahnlinie in die Straßen „Im Büh“ und „Buschgarten“ voranzukommen. Der Kreuzungsbereich wird abgesperrt, die betroffene Zone mit einer Fülle von Sandsäcken so gut wie möglich abgedichtet.

Im Flecken Lindau hat die dortige Ortsfeuerwehr längst mit dem Abpumpen des steigenden Wassers im Vorbecken der Rhume zurück in den Fluss begonnen. Es handelt sich um eine Aufgabe, die keine Unterbrechung duldet. Ortsbrandmeister Ralf Engelhardt und sein Stellvertreter Jan Römermann lassen einen Bauwagen zur Unterbringung der Einsatzkräfte aufstellen, organisieren einen Schichtbetrieb. Im Laufe der Weihnachtstage schauen viele Lindauerinnen und Lindauer vorbei, bedanken sich für den Einsatz, klopfen den Einsatzkräften auf die Schulter, bringen Süßigkeiten und Kuchen in den Bauwagen. Auf dem Freizeitgelände droht überlaufendes Wasser aus den angrenzenden Wiesen in die Vereinsheime einzudringen. Feuerwehrkamerad Werner Riedel fährt mit Trecker und Anhänger auf den Bauhof, um die Gemeinde beim erforderlichen Transport der Sandsäcke nach Lindau zu unterstützen. Der Berkaer Einwohner Holger Schlüter tut es ihm für seine Ortschaft bestimmte Sandsäcke gleich. Neben den Vereinsheimen werden später auch noch die Mehrzweckhalle und das Schützenhaus in Lindau vorsichtshalber abgedichtet, da auch die „Steinlake“ mittlerweile zu einem reißenden Strom angeschwollen ist.

Auf dem Bauhof sind alle verfügbaren Gemeindearbeiter um Torben Ricke und Dennis Brandt unermüdlich im Einsatz, um die Sandsackfüllmaschine mit dem erforderlichen Material zu versorgen. Fleißige Feuerwehrhände sorgen dafür, dass ein voller Sandsack nach dem anderen auf die bereitgestellten Paletten wandert - pausenlos, ohne Unterbrechung. Der Bestand schwillt auf mehrere tausend Stück an. Ein Großteil der Säcke wird gleich an die kritischen Einsatzpunkte verbracht und von den dort eingesetzten Kräften verbaut. Auch viele Einwohnerinnen und Einwohner kommen vorbei und holen sich einige Exemplare zum Schutz ihrer Grundstücke ab. Am Nachmittag werden die erschöpften Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Katlenburg-Lindau von Einsatzkräften der Freiwilligen Feuerwehren Moringen und Nörten-Hardenberg abgelöst, um zumindest etwas Zeit an Heiligabend bei ihren Familien zu verbringen. Viele von ihnen sind wenige Stunden später wieder erneut im Einsatz. Bis zu 180 Kräfte kämpfen an Heiligabend gegen das Hochwasser an.

Die Presse taucht auf dem Bauhof auf und wird mit einem konkreten Lagebericht vor Ort versorgt. Der anschließend erstellte Bericht gibt die Situation korrekt wieder und lässt sich schnell im Internet nachlesen. Es bleibt der einzige Besuch eines Pressevertreters in Katlenburg-Lindau. Anschließend ist in der Zeitung für unsere Gemeinde nur noch von überfluteten Feldern und Äckern die Rede - sehr seltsam. Hingegen suchen etliche örtliche Kommunalpolitiker den Bauhof auf und informieren sich aus erster Hand über die Lage, sind beeindruckt von Organisation und Ablauf des Einsatzes und können teilweise auch Unterstützung durch zusätzliche Bereitstellung von Gerätschaften und Material anbieten, welche dankend angenommen wird.

Eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft setzt ein. Viele Menschen bieten ihre Hilfe an, wollen die Einsatzkräfte an den kritischen Orten unterstützen, beim Abfüllen der Sandsäcke helfen oder bringen Verpflegung oder kleine Snacks vorbei. Die Bierzeltgarnituren im Verpflegungsraum auf dem Bauhof werden festlich geschmückt, um wenigstens einen Hauch von Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen. Die Katlenburger Einwohnerin Anne Bohne steht gleich einen ganzen Morgen in ihrer Küche, um alle Einsatzkräfte anschließend auf dem Bauhof mit frisch gebackenem Kuchen zu versorgen. Unglaublich. Die Einbecker Brauhaus kommt mit einem Pritschenwagen vorbei und spendet die darauf abgestellten Getränke zwecks Ausgabe an die Einsatzkräfte.

Mit der Hoffnung, möglichst alles Notwendige veranlasst und getan zu haben, werden diese dann gegen 21 Uhr nach und nach in die Weihnachtsnacht entlassen. Bei kritischer Lage verbleibt man in Alarmbereitschaft. Gottlob bleibt die Lage über Nacht stabil.

Montag, 25.12.2023 (1. Weihnachtstag)

Die ersten Feuerwehrkameradinnen und -kameraden sind seit 4 Uhr morgens auf den Beinen. Spätestens ab 6 Uhr geht es im Vollbetrieb weiter. Die Lage bleibt überall angespannt und kritisch, verschärft sich im Laufe des Tages sogar. Der Pegelstand der Rhume in Berka steigt über die 5 m-Marke und erreicht bei sehr kritischen 5,14 m den Spitzenstand der Festtage. Sportplatz und der Parkplatz am Sportheim laufen langsam mit Wasser voll. Erneut ist Holger Schlüter zur Stelle und sichert den Eingang des Sportheims mir Sandsäcken ab. Auf Dauer reicht das nicht aus; die Ortsfeuerwehr Berka pumpt später das auflaufende Wasser in diesem Bereich wieder in die Rhume zurück.

Da die Einsatzlage unverändert ist, geht es vor Ort unvermindert mit den gleichen Tätigkeiten wie Heiligabend weiter. Unermüdlich werden bei Schmuddelwetter weiter Sandsäcke befüllt, unermüdlich ist man an den kritischen Stellen in den einzelnen Ortschaften unterwegs und aktiv. Auf die Einsatzkräfte, die an der Sandsackfüllmaschine abgelöst werden oder die nach einem Einsatz vor Ort auf den Bauhof zurückkehren, wartet eine frisch zubereitete Rindersuppe - herrlich und bei diesem Wetter genau das Richtige.

Der NDR erkundigt sich über die Lage vor Ort und will ein Kamerateam vorbeischicken, welches sich dann aber doch an anderer Stelle im Landkreis vorrangig zu Aufnahmen aufhält.

Am späten Nachmittag gehen die Pegelstände an der Rhume ganz langsam zurück, verbleiben aber im kritischen Bereich und pendeln sich in Berka knapp unter der 5 m-Marke ein. Mit einem etwas ruhigeren Gefühl als an Heiligabend geht man in die nächste Nacht.

Dienstag, 26.12.2023 (2. Weihnachtstag)

Einige an einer Hand abzuzählende Einwohnerinnen und Einwohner haben sich bei den Ortsfeuerwehren über den nächtlichen Betrieb von Pumpen und Aggregaten beschwert und fühlten sich dadurch in ihrer Nachtruhe gestört. Man freut sich, dass diese Menschen offensichtlich in sicheren Gefilden leben und vom Hochwasser verschont blieben. Ansonsten Verwunderung, Kopfschütteln und Achselzucken. Alle Pumpen und Aggregate bleiben selbstverständlich dauerhaft im Betrieb. Noch mindestens eine Nacht müssen sich viele Einwohnerinnen und Einwohner gedulden, bis die meisten Gerätschaften wieder außer Betrieb genommen werden können.

In Northeim findet eine zentrale Lagebesprechung mit dem Ministerpräsidenten und dem Landesbranddirektor statt, in der landesweit der Status Quo in den einzelnen Regionen über die Regierungsbrandmeister abgefragt wird. An dieser nehmen wiederum die Bürgermeister der Gemeinde und der Stadt Northeim teil. Anschließend machen die Polit- und Feuerwehrspitzen aus Land, Kreis und Kommunen einen Ortstermin an dem am Northeimer Kiessee durchbrochenen Damm sowie über die dortige Hochwassersituation.

Die Oder- und die Söse-Talsperre erreichen Füllstände bis zu 98 %, die Unterwasserabgaben werden stark erhöht.

In Katlenburg-Lindau bekämpfen Einsatzleitung und Einsatzkräfte weiterhin bei Meldestufe 3 unaufgeregt und umsichtig die Lage.

Im Flecken Lindau steigt der Pegel an der Rhumebrücke am Ortseingang Gillersheim plötzlich und zu diesem Zeitpunkt unerwartet auf den Höchststand von 4,15 m an. Jetzt droht das Wasser auch über andere Wege das Freizeitgelände komplett zu überfluten. Vollalarm für die Ortsfeuerwehren Gillersheim und Lindau wird ausgelöst, ein Deich von in Windeseile zusätzlich herangeschafften Sandsäcken um die dortigen Gebäude verbaut. Zeitgleich wird auch das angrenzende Wohnhaus entsprechend geschützt.

Weiter flussabwärts schaut man auch in Wachenhausen zunehmend angespannter auf den Wasserstand der Rhume. Erste Sandsäcke am Flusslauf werden aufgebracht; der Gemeindeverbindungsweg nach Lindau ist bereits wegen Überflutung gesperrt worden, bei herrlichem Sonnenschein kommt man sich an der dortigen Wasserfläche fast wie an der Nordsee vor. Gottseidank steigt die Rhume dann aber nicht weiter an. In Lindau muss die Feuerwehr zwar noch einmal zum Pumpen am neuralgischen Schacht am Hotel Rosenhof ausrücken. Mehr passiert aber glücklicherweise nicht.

Auch bei der Einsatzleitung auf dem Bauhof tritt zunehmend Entspannung ein. Die Lage entwickelt sich konstant und stabil; man beginnt sich über den Zeitpunkt der Auflösung der eingesetzten Kräfte Gedanken zu machen. Dann der Schock: Binnen kürzester Zeit ist der Pegelstand der Rhume in Berka um 26 cm gestiegen und erneut über die 5 m-Marke geklettert. Erneutes Aufstocken des Personals, vorsorglich werden weitere Sandsäcke abgefüllt, und ansonsten abwarten. Gegen Abend dann leichte Entwarnung; die Pegelstände fallen wieder. Zwischen 18 und 19 Uhr können die meisten dann nach Haus, um zumindest noch einen kleinen Rest der Weihnachtstage zu genießen, falls sie nicht ermattet gleich ins Bett gefallen sind.

Mittwoch, 27.12.2023

Über Nacht sind die Pegelstände deutlich gesunken. Aktuell droht keine Gefahr mehr. Das Wasser im Altarmbecken der Rhume entlang der Steinbreite in Katlenburg ist so schnell verschwunden wie es gekommen ist. Aufräumarbeiten und Trocknungsmaßnahmen beginnen allerorts; gesperrte Straßenabschnitte können wieder freigegeben werden. Auch in Berka und Lindau findet das Abpumpen endlich ein Ende.

Gleichwohl verbleiben die im Gemeindegebiet verbrachten Sandsäcke zunächst vor Ort, sind doch zum Jahresübergang neue größere Regenfälle angesagt. Die kommen dann auch, aber nicht in dem befürchteten Umfang. Die Pegelstände der Flüsse steigen zwar wieder, kommen aber bereits knapp nach Erreichen der Meldestufe 2 wieder zum Stehen. Keine Gefahr mehr! Aufgrund der günstigen Wetterprognose für die nächsten Tage kann vielmehr endlich endgültig vollständige Entwarnung gegeben werden.

Donnerstag, 04.01.2024

Gegen 19:30 Uhr erhält die Freiwillige Feuerwehr Katlenburg-Lindau einen Anruf, ob die auf dem Bauhof gelagerten und zur weiteren Verwendung kurzfristig zum Transport in ein anderes niedersächsisches Hochwassergebiet verladen werden könnten. Und wieder zeigt Katlenburg-Lindau, zu welchen Leistungen die Gemeinde fähig ist. Es war reiner Zufall, dass der Bauhof erneut zusammensaß, diesmal in einem Restaurant zum Essen. Nach entsprechender Information bricht das gesamte Team unverzüglich auf, um die Kommunalfahrzeuge für den Einsatz betriebsbereit zu machen. Die Ortsfeuerwehr Katlenburg leuchtet das gesamte Bauhofgelände aus. Von 20:30 Uhr bis 23:00 Uhr werden dann insgesamt 8 Sattelzüge von THW und Kreisfeuerwehr mit insgesamt 105 Paletten Sandsäcken - mehr als 5.000 Stück - beladen, um anschließend von dort in die Samtgemeinde Ahlten im Heidekreis bei Walsrode transportiert zu werden - eine Region, die deutlich stärker als Katlenburg-Lindau vom Hochwasser betroffen ist und diese Art von Hilfe und Unterstützung dankend annimmt. Mit dem Gefühl, hier etwas richtig Gutes vollbracht zu haben, gehen schließlich kurz nach 23 Uhr alle eingesetzten Kräfte in die wohlverdiente Nachtruhe.

Fazit:

Außer zwei kleinen Unfällen mit nur leichten Verletzungen ist es während der gesamten Einsatztage gottlob zu keinen Personenschäden gekommen. Jeder teilüberflutete Keller ist natürlich bedauerlich und einer zuviel, aber angesichts der Dimensionen, welche die Hochwasserschäden in anderen niedersächsischen Regionen einnehmen, ist die Gemeinde Katlenburg-Lindau auch bei den Sachschäden gleich „mit zwei blauen Augen davongekommen“. Die vorausschauende und umsichtige Einsatzplanung, -führung und -leitung hat sicherlich entscheidend zu diesem erfreulichen Ergebnis beigetragen. Jetzt gilt es neben den noch erforderlichen Aufräumarbeiten im Gemeindegebiet auch das Hochwasser auszuwerten und zu analysieren, um vorhandene Schwachstellen ausfindig zu machen, zu verbessern und zu beseitigen und für künftige, hoffentlich sobald nicht wieder eintretende Ereignisse noch besser gewappnet zu sein.

Was bleibt,

ist der Dank an alle, die sich egal in welcher Form und in welchem Umfang unermüdlich in den Dienst für die Allgemeinheit gestellt und gemeinsam mit vielen anderen sich gegen dieses Naturereignis gestemmt haben. Was bleibt, ist der Dank für eine überwältigende Unterstützung, Hilfs- und Spendenbereitschaft aus der Bevölkerung und den örtlichen Wirtschaftsbetrieben. Und was bleibt, ist der Dank an die Angehörigen der Einsatzkräfte, an die Familien, an die Kinder, die über die Weihnachtstage auf Ihre Lieben, Ihre Partner, Ihre Mamas und Papas größtenteils verzichten mussten, anstatt mit ihnen vielleicht lang herbeigesehnte unbeschwerte Stunden in froher Runde am Weihnachtsbaum zu verbringen. Danke, dass diese Entbehrungen in solch überwältigender Form in Kauf genommen wurden.

Weihnachten ist das Fest der Liebe, das Fest der Nächstenliebe! Die Gemeinde Katlenburg-Lindau hat diesen Leitsatz an Weihnachten 2023 ganz besonders verinnerlicht. Es war beeindruckend, bewegend und berührend, mitzuerleben, wie viele Menschen in dieser angespannten Situation zusammengerückt sind und zusammengestanden haben, mit angepackt haben, füreinander da waren und vielfach über sich selbst hinausgewachsen sind. „Immer mehr als 112 Prozent für die Mitmenschen“ oder „So geht Dorf!“ - Leitsätze, die in Katlenburg-Lindau keine leeren Floskeln sind, sondern wenn es darauf ankommt, in überwältigender Form mit Leben erfüllt werden. Die Gemeinde Katlenburg-Lindau sagt danke, danke und nochmals danke.

Uwe Ahrens
Bürgermeister